Argemí, Raúl
eine Alarmglocke, die schrillt, wenn jemand Fremdes sich zu dem seltsamen Paar gesellt, das wir abgeben. Das wäre nicht ungewöhnlich. Man braucht besondere Fähigkeiten, um in den Gewässern zu überleben, in denen das Chamäleon schwimmt; was sich dort bewegt, ist schlimmer als jeder Haifisch. Außer – und ich hoffe inständig, dass das nicht passiert – er stirbt vielleicht. In dem Fall bin ich am Ende, und zwar völlig.
Schon seltsam, aber manchmal, wenn mich eine solche Müdigkeit überkommt, dass ich am liebsten mit Atmen aufhören möchte, wirft mir der Wahnsinn des Chamäleons ein Seil zu, damit ich wieder aus dem Brunnen klettern kann. Es ist, als hinge mein Leben davon ab zu begreifen, zu erfahren, was in diesem kranken Hirn vor sich geht. Vielleicht ist das die Bestimmung des Jägers: Selbst wenn er sein Leben lässt, muss er das Wild erlegen.
Na ja, auch ohne Laienphilosophie musste ich ihn noch ein bisschen ausquetschen, um einen Beweis für das zu bekommen, was mich meine Spürnase bereits ahnen ließ: dass die anderen diesen Cacho mit den tausend Kriegsnamen, denselben, den die Polizei bei Quebrada Luán sucht, für Márquez halten. Es macht mich verrückt, mir nicht erklären zu können, wann die beiden vertauscht wurden und warum er so zugerichtet ist, eingewickelt und verpackt in gelbliches Verbandsmaterial.
Als ich erwachte, vernahm ich drei Stimmen.
Am Bettende des Chamäleons standen der Arzt, eine der beiden Krankenschwestern und ein Mann, der mir irgendwie bekannt vorkam, bestimmt wegen seines völlig unscheinbaren Äußeren. Mittelgroß, nicht dick, beinahe kahl; vielleicht war er sogar groß. Vom Bett aus sehen alle groß aus. Sein Mund, den er wahrscheinlich zu einem schmalen Strich zusammenpresste, wurde von einem grauen struppigen Schnurrbart bedeckt.
Der Polizist – trotz seines unscheinbaren Äußeren konnte er nicht verbergen, dass er Polizist war, und zwar bei der Bundespolizei – hatte sich die Sonnenbrille in die Brusttasche des Jacketts gesteckt und seine Hände in den Hosentaschen vergraben. Ich wusste sofort, dass er zu den Leuten gehörte, deren Hände weniger lügen als ihre Worte, weswegen sie sie auch verstecken. Es gab ihm eine lächerliche Note, weil sie sich in den Hosentaschen bewegten und es so aussah, als fasse er sich die ganze Zeit an die Eier.
Sein Job verriet sich sogar in seinem neutralen Tonfall. »Weshalb hat man ihn nicht nach Neuquén gebracht?«
»Weil unser Krankenhaus durchaus dazu in der Lage ist, ihn zu versorgen«, erwiderte der Arzt.
»In Neuquén …«
»In diesem Krankenhaus versorgen wir jeden, egal, ob es sich um einen Mapuche oder einen Polizisten handelt. Glauben Sie das etwa nicht?«
Der Mann zuckte mit den Schultern und hob kaum den Kopf, um dem wütenden Arzt zu erwidern: »Ich wollte damit sagen, dass wir in Neuquén bessere Möglichkeiten haben, ihn zu identifizieren.«
Eine endlose Minute lang scharrte die Krankenschwester in der Stille mit den Füßen und zwang den Arzt so, zwei Schritte zurück zu machen.
»Ich wusste nicht, dass Sie an der Identität von Márquez Zweifel haben.«
»Sind Sie denn sicher, dass Ihr Patient Márquez ist? Wenn dem so ist, habe ich ein Problem weniger.«
Der Arzt drehte sich zur Krankenschwester um, und die beiden sahen sich einen Moment lang an, um sich gegenseitig einer Sache zu versichern, die sie gar nicht wussten. Dann versuchte er, ehrlich zu sein und sich hilfsbereit zu zeigen.
»Nein, er ist noch immer bewusstlos und wir haben keine Beweise. Es passt nur alles; der Ort, der Unfall, alles … Aber der Kollege von der Einheit hier konnte keine Fingerabdrücke nehmen, und eine andere Technik haben wir nicht.«
»Ja, das dachte ich mir schon …«, sagte der Polizist und blickte ihn kurz an, wie um ihm die Schuld zu geben, dass er nicht verlegt worden war.
»Wer soll das denn sonst sein, wenn nicht Márquez?«, ging die Krankenschwester zum Gegenangriff über, bereit, sich schützend vor den Patienten zu stellen.
Der Mann von der Bundespolizei verzog sein Gesicht zu einem leichten Grinsen.
»Sie ahnen ja gar nicht, wie sehr ich es begrüßen würde, wenn das Márquez wäre. Und wenn er wach wäre, um ihn zu einer bestimmten Person zu befragen, nach der wir suchen.«
»Hat das etwas mit der Anzeige von den Mormonen zu tun?«
»Wie ich sehe, sind Sie im Bilde«, sagte er mit leicht gelangweiltem Missfallen.
»Ich verstehe nur nicht, was die Bundespolizei mit dieser Sache zu tun hat;
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