Argeneau Vampir 13 - Vampir zu verschenken
hätte sie dies ohnehin gerade tun wollen, und nicht, weil Lucian in einem Befehlston mit ihr gesprochen hatte, der keinen Widerspruch duldete. Dementsprechend schlenderte sie gemächlich zur Tür, anstatt ein zackiges Tempo an den Tag zu legen, wie es in dieser Situation wohl die meisten Unsterblichen gemacht hätten. Als sie an ihm vorbei aus dem Zimmer ging, bewunderte er nicht nur ihren fantastischen Po, sondern auch ihren Mumm. Er war im Begriff, ihren schwingenden Hüften nach draußen zu folgen, als wie aus dem Nichts Lucian vor ihm auftauchte und eine Hand auf seine Brust legte, um ihn zurückzuhalten.
»Du musst uns nicht nach draußen begleiten. Sie ist gleich wieder zurück, warte du hier.«
Einen Moment lang spielte Armand mit dem Gedanken, den Befehl zu ignorieren, wie es wohl Eshe getan hätte, aber dann zuckte er nur mit den Schultern und setzte sich auf die Couch. Eshe würde gleich wieder ins Haus kommen und ihm für die nächsten zwei Wochen Gesellschaft leisten. Ein paar Minuten konnte er da ruhig warten, fand er. Als er den Kopf zur Seite drehte, bemerkte er, dass der Platz noch ihre Körperwärme ausstrahlte. In der Luft hing ein Hauch ihres Parfüms, ein angenehmer, würziger Duft, der perfekt zu ihr passte. Er atmete tief durch die Nase ein, um das Aroma in sich aufzunehmen.
»Ich kann ihn nicht lesen«, gestand Eshe ihm leise, nachdem die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war und sie wusste, dass Armand sie nicht hören konnte. Dass sie den Mann nicht hatte lesen können, raubte ihr fast den Verstand. Als er von der Scheune zurückkam und das Wohnzimmer betreten hatte, war ihr erster Anlauf gescheitert, und das Gleiche war auch passiert, als er vor wenigen Minuten gemeinsam mit Lucian aus der Küche zurückkehrte. Beide Male hatte sie einfach nicht in seine Gedanken vordringen können.
Beim zweiten Versuch war ihr nicht entgangen, dass Armand sie ebenfalls lesen wollte, vermutlich auf Lucians Befehl hin. Sie hatte ihre Barrieren für ihn geöffnet, um es ihm leichter zu machen, doch als er auf Lucians forderndes »Und?« hin nur den Kopf schüttelte, war klar gewesen, dass es ihm nicht gelungen war.
Was ihr aber größere Sorge bereitete, war die Erkenntnis, dass sie ihn nicht lesen konnte. Sie war die Ältere, und allein schon deshalb hätte sie dazu in der Lage sein müssen. Sie war in ihrem Leben nur einmal jemandem begegnet, den sie nicht hatte lesen können: Orion. Er war nur zehn Jahre jünger als sie gewesen – und ihr erster und bislang einziger Lebensgefährte. Wie es schien, war sie nun wohl ihrem zweiten Lebensgefährten begegnet.
Zu jeder anderen Zeit wäre sie außer sich vor Freude darüber gewesen, doch bei diesem Mann, der für mehrere Morde als Täter infrage kam, war das nicht der Fall. Ganz im Gegenteil: Die Erkenntnis löste bei ihr einen Anflug von Panik aus.
»Ich kann ihn nicht lesen«, wiederholte sie düster, als sie mit Lucian über die Veranda zu dessen Van ging.
»Ich weiß. Ich konnte es deinem Gesichtsausdruck ansehen«, antwortete er ernst. »Es muss nichts bedeuten. Ich kann ihn auch nicht lesen. Vielleicht hat bei ihm jeder Schwierigkeiten.«
»Und wenn es etwas bedeutet?«, fragte sie betreten, während sie beide neben dem Van stehen blieben. Sie verzog den Mund, als sie Lucians konzentriertem Blick anmerkte, dass er sie in diesem Moment las – so wie er es den Abend über immer wieder mal gemacht hatte. »Mir ist klar, dass du weißt, dass ich ihn attraktiv finde.«
»Solange du nicht auf einmal anfängst zu essen, würde ich mir an deiner Stelle noch keine Gedanken machen«, antwortete er ruhig. »Und selbst wenn …« Er presste die Lippen zusammen. »Dadurch ändert sich nichts, Eshe. Du bist hier, um einen Auftrag zu erledigen, und ich erwarte von dir, dass du deine Aufgabe erfüllst, ohne Rücksicht darauf, ob er dein Lebensgefährte ist oder nicht.«
»Ja, natürlich«, murmelte sie und zwang sich, wenigstens nach außen hin ruhig und gelassen zu wirken. Sie räusperte sich und hielt ihm die Wagentür auf, während er einstieg. »Noch irgendwelche letzten Anweisungen?«
Lucian nahm auf dem Fahrersitz Platz, dann sah er sie ernst an. »Pass gut auf dich auf.«
Als sie ihn wortlos anstarrte, fügte er hinzu: »Seine letzte Lebensgefährtin hat kein gutes Ende genommen, und das trifft auch auf seine Ehefrauen zu. Bleib einfach nur wachsam und versuch, möglichst schnell die Antworten zu finden, die wir benötigen.«
Eshe nickte
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