Arglist: Roman (German Edition)
Kunde wünscht, und ich wette, in der Punkszene wünschten die sich ganz schön schräge Sachen.«
37
Die Frau sah aus, als käme sie gerade von einem Ausflug auf einer Jacht. Und tatsächlich war Melinda Little Warren gerade auf dem Weg dorthin. Sie hatte ein blau-weiß gestreiftes Top an, eine weiße Caprihose und weiße Sandalen mit Keilabsatz. Goldene Armreifen zusammen mit einer diamantbesetzten Uhr schmückten ihr Handgelenk, und an ihren Ohrläppchen baumelten Perlenohrringe. Ihre blonde Mähne trug sie ungebändigt offen.
Sie blickte demonstrativ auf ihre Uhr. »Ich habe dafür keine Zeit. In einer Stunde muss ich am Jachthafen sein, sonst halte ich alle anderen auf. Was wollen Sie schon wieder von mir?«
»Ich will herausfinden, warum Sie gelogen haben«, sagte Decker schlicht.
Sie zwinkerte ein paar Mal mit den Augen. »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Wegen Phil Shriner, weil mir mein Spielproblem peinlich war. Ich sah keine Notwendigkeit, Details aus meiner Vergangenheit auszubreiten, wenn diese heute nicht mehr relevant sind.«
»Nicht diese Lüge«, sagte Decker, »ich rede von der Lüge, Primo Ekerling nicht zu kennen. Der Musikproduzent, der auf ähnliche Weise wie Ihr Mann ermordet wurde. Ich habe Sie gefragt, ob Sie ihn kennen. Sie meinten, der Name käme Ihnen überhaupt nicht bekannt vor.«
Melinda schwieg.
»Mrs. Warren, Sie sind doch eine kluge Frau. Sie wussten, wir waren damit beauftragt worden, zu ermitteln, und wir würden ermitteln. Sie hätten wissen müssen, dass diese Lüge Sie wieder einholen würde...«
»Shriner, der Mistkerl!« Ihr Gesicht war vor Wut knallrot. »Er hat mein Vertrauen missbraucht! Ich werde ihn verklagen...«
»Es war nicht Shriner, sondern Liam O’Dell.« Melindas Mund ging auf und wieder zu. »Sie hätten auch wissen müssen, dass wir mit all den Leuten reden würden, da Ekerlings Ermordung der von Ben so ähnlich war. Haben Sie denn nicht geglaubt, es könnte eine Verbindung geben?«
»Als ich davon in der Zeitung las, fand ich es merkwürdig, aber...« Sie brachte den Satz nicht zu Ende, und Tränen sammelten sich in ihren dunklen Augen. »Brauche ich einen Anwalt?«
»Warum stellen wir Ihnen nicht erst einmal ein paar Fragen, und dann entscheiden Sie das selbst?«, schlug Oliver vor.
»Ich sollte keinen Anwalt brauchen.« Ihre Wangen wurden noch mal rot vor Ärger. »Ich habe nichts Unrechtes getan.«
»Wir versuchen nur, die Wahrheit herauszufinden«, sagte Decker. »Vielleicht sollten wir uns setzen und ganz von vorne anfangen.«
Melinda sah auf die Uhr, dann seufzte sie dramatisch. »Ich vermute mal, einen entspannten Tag auf dem Meer wird es für mich heute nicht geben.« Sie funkelte sie wütend an. »Ich muss meinen Mann anrufen und allen sagen, sie sollen ohne mich losfahren. Sie müssen mir einen Moment Zeit lassen, mich wieder zu beruhigen. Wenn ich angespannt klinge, wird er nach Hause kommen, und ich will nicht, dass er irgendetwas von all dem hier erfährt.«
»Na schön.«
Nach einigen tiefen Atemzügen erledigte sie den Anruf. Ihre Stimme klang samtig weich, und ihre Lügen waren geschmeidig. Eine alte Freundin, die nur für einen Tag in Los Angeles war. Als sie auflegte, waren ihre Augen feucht. »Zufrieden?«
»Ihr Unglück stellt uns nicht zufrieden, Mrs. Warren«, sagte Decker.
»Fast hätten Sie mich getäuscht.«
Sie wechselte von ihrem Seemanns-Outfit in Jeans und T-Shirt. Die Armreifen verschwanden genauso wie die diamantene Uhr. Sie hatte sich abgeschminkt, und ohne das ganze Make-up sah sie aus wie die über Fünfzigjährige, die sie war. Sie kochte eine Kanne Kaffee und servierte ihn mit Nüssen und Süßigkeiten. Dann sank sie in einen überdimensionierten Sessel, schlug die Beine unter, nippte an ihrem Kaffee und ließ den heißen Dampf in ihr Gesicht steigen.
Oliver stellte seinen Becher auf dem Couchtisch ab und zog einen kleinen Notizblock hervor. »Was haben Sie gedacht, als Sie von dem Mord an Primo Ekerling erfuhren – und von den Parallelen zu dem Mord an Ihrem Mann?«
Sie befeuchtete ihre Lippen. »Es erschien mir merkwürdig, aber ich dachte nicht, dass er irgendwie in Zusammenhang mit dem Mord an Bennett steht. Fünfzehn Jahre später. Warum sollte es eine Verbindung zu Bens Tod geben?«
»Aber warum nicht?«, fragte Oliver. »Die Parallelen lagen direkt vor Ihnen. Und mal ganz unverblümt, Primo war einer Ihrer früheren Liebhaber.«
Ihr Lachen klang hämisch. »Als mein Mann ermordet
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