Arglist: Roman (German Edition)
aus heiterem Himmel eine Weihnachtskarte... was er so macht. Und ich schrieb ihm zurück, was ich so machte. Seit fünf Jahren schreiben wir uns jetzt Karten, mehr aber auch nicht. Ich war froh, dass er seinen Weg gefunden hatte, und er schien froh darüber, dass ich meinen gefunden hatte. Ich hatte tatsächlich nicht mehr mit ihm gesprochen, bis er mich letzte Woche anrief und mir von der Unterhaltung mit Ihnen erzählte.« Er sah Marge an. »Da hat er mir auch erzählt, dass er zum Clearwater Park gefahren war, um Leroy aufzugabeln. Und dass Leroy ein totales Nervenbündel gewesen war und Jervis wusste, irgendwas musste schrecklich schiefgelaufen sein. Bei der Gelegenheit erzählte ich ihm von meinem Telefonat mit Leroy sechs Monate nach Dr. Bens Tod. Dass Leroy sagte, er wäre dagewesen, aber nie zugab, irgendwas getan zu haben.«
Arlington starrte aus dem Fenster.
»Vielleicht hat Leroy ihn kaltgemacht, vielleicht hatte er einen Helfer. Wir werden’s nie erfahren, denn Leroy ist tot.«
»Und Sie sind sich sicher, dass Leroy niemals Rudy Banks im Zusammenhang mit dem Mord erwähnt hat?«, hakte Oliver nach.
»Leroy nannte überhaupt keine Namen. Ich weiß, dass die Polizei nach Dr. Bens Mord mit Leroy gesprochen hat. Wenn die die Wahrheit nicht aus Leroy rausbekommen haben, sah ich keine Veranlassung, deren Job zu machen.« Er drehte sich zu den Polizisten um. »Vermutlich ist es Ihnen egal, was ich sage. Wenn Sie mich festnehmen wollen, tun Sie das so oder so.«
»Wir werden Sie nicht festnehmen«, sagte Marge. »Aber wir sind auch noch gar nicht an dem Punkt, wo wir uns mit Verfahrensfragen beschäftigen. Wir wollen nur ein altes Verbrechen aufklären. Wir versuchen, die Stimme für Ben Little zu erheben, der das für sich selbst nicht mehr tun kann. Nochmals vielen Dank, dass Sie mit uns geredet haben. Sicherlich kommen da ein paar weitere Fragen, falls es Ihnen nichts ausmacht.«
Arlington öffnete seine Bürotür und pfiff auf seiner Pfeife. »Zurück in eine Reihe. Ich will euch sehen, wie ihr die Bahnen trainiert. Schön langsam angehen.« Er wandte sich wieder an Marge und Oliver. »Sie können mir ruhig noch Fragen stellen. Und ich werde sie beantworten. Aber tun Sie mir bitte einen Gefallen: Wenn Sie das nächste Mal mit mir sprechen wollen, benutzen Sie das Telefon.«
39
Decker lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und betrachtete seine beiden Kollegen. Engagiert, wie die beiden waren, hatten sie sich direkt vom Flughafen zur Arbeit begeben. »Leroy Josephson erzählte also Darnell Arlington, er sei dabeigewesen, als Bennett Little erschossen wurde?«
»Leroy ›war dabei, als es losging‹, lautete das Zitat«, antwortete Marge. »Leroy legte Wert darauf, Darnell zu sagen, dass er Ben nicht umgebracht hat, dass die Sache einfach aus dem Ruder lief und Little getötet wurde.«
»Und das ist auch schon alles an Details«, fügte Oliver hinzu.
»Tja, es scheint, als sei jeder, mit dem wir reden, irgendwie beteiligt und darin verwickelt, aber keiner hat Little umgebracht«, stellte Marge fest. »Und genauso praktisch ist, dass die vermutlich Schuldigen entweder tot oder verschwunden sind.«
»Und ihr beide haltet Darnell für glaubwürdig?«, fragte Decker.
Oliver rieb sich die Augen. Marge und er waren seit vier Uhr morgens auf den Beinen, um mit dem 6-Uhr-30-Flug aus Ohio gegen zehn Uhr im Büro zu sein. Quer durchs Land Richtung Westen zu fliegen war immer kräftezehrend. Sicher, man gewann drei Stunden, aber die innere Uhr war so verstellt, dass das kaum eine Rolle spielte. Sogar extrastarker Kaffee brachte nichts mehr. »Hier und jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Als wir ihn verließen, hatte ich das Gefühl, er sagt die Wahrheit.«
»So ging’s mir auch.« Marge trug Hosen mit einem Kordelzugbund, ein locker sitzendes T-Shirt und eine weit geschnittene Jacke – bequeme Reiseklamotten eben, die alles mitmachten. »Wenn du es für nötig hältst, können wir einen Lügendetektortest anberaumen, um Wenderhole und Arlington auszuschließen. Aber selbst wenn sie als Betrüger entlarvt würden, hätten wir nichts, was sie mit dem Verbrechen verknüpft – keine Zeugen, keine objektiven Beweise, nur jede Menge Gerüchte.«
Oliver gähnte. »Ich stimme Marge zu.«
»Du siehst müde aus, Scott«, bemerkte Decker.
»Ich wache schon noch auf, ich muss, denn ich habe heute Nachmittag einen Gerichtstermin.«
»Lester Hollis?«
»Genau.«
»Und du?«, fragte Decker Marge.
»Außer
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