Arglist: Roman (German Edition)
ja schon ausgetrunken hatte.
»Möchtest du noch einen?«, bot Cindy an.
»Da ich tatsächlich nicht vorhabe zu schlafen, immer her damit.«
»Komm mit rein, dann gebe ich dir auch gleich die Akte. Und du kannst mir dabei zusehen, wie ich meine neue superschicke Espressomaschine bediene.«
Er folgte ihr in die kleine Küche, die mit einem steinernen tiefen Farmhaus-Spülbecken und einem auf alt gemachten Herd eingerichtet war. »Wahnsinn, das sieht richtig gut aus.«
»Das sagst du jedes Mal.«
»Immerhin bin ich konsequent. Weil es stimmt. Die Küche ist einfach bezaubernd geworden. Pech für mich, denn Rina kommt schon auf dumme Gedanken.«
»Uh-oh.« Cindy füllte das Pulver in die Maschine.
»Obwohl sie ja recht hat. Unsere Küche ist ein bisschen veraltet.«
»Viel wäre ja nicht zu tun.«
»Für dich nicht.«
Cindy grinste. »Sag ihr einfach, dass es nicht auf die Küche ankommt, sondern auf den Koch, und was das angeht, steckt sie mich allemal in die Tasche.«
»Du bist eine gute Köchin.«
»Niemand kocht so gut wie Rina.«
Decker fiel dazu nichts ein. »Hättet ihr Lust, am Freitagabend zum Schabbes zu kommen?«
»Welcher Tag ist heute? Dienstag?«
»Jupp.«
»Ich glaube, bei mir würde es gehen. Ich frag aber erst noch Koby und gebe dir dann Bescheid.« Der Brühvorgang des Kaffees begann mit lautem Getöse, als sich der Dampf seinen Weg durch das gemahlene Pulver bahnte. »Hast du das schon mit Rina besprochen?«
»Ihr seid immer eingeladen, aber ich frage sie noch mal.«
Cindy reichte ihrem Vater den frischen Espresso. »Ich liebe diese Maschine, man kann sogar Milch damit schäumen. Dadurch spare ich einen Haufen Geld für meine Kaffees unterwegs.«
»Was kostet mittlerweile so ein Becher Designer-Kaffee? So um die fünf Dollar für einen Fingerhut voll?« Decker hielt die Akte hoch. »Nochmals von Herzen danke. Das hilft mir wirklich weiter.«
Cindy musterte ihren Vater. »Ich warte darauf, dass du irgendwann einmal die Begeisterung für deine Fälle verlierst. Bislang vergebens.«
»Manche Fälle bekommen mehr Aufmerksamkeit als andere. Bei diesem hier gibt es für die Aufklärung viel Geld.«
»Und du glaubst, Ekerling hat irgendwas mit einem fünfzehn Jahre alten Mordfall zu tun?«
Decker zuckte nur die Achseln, trank seinen Espresso und wischte sich den Mund an einer Serviette ab. »Jetzt muss ich wohl wirklich langsam los. Ist schon viel los auf den Straßen, da kann ich auch gleich in den sauren Apfel beißen.«
»Ich würde dich ja zum Abendessen einladen, aber ich glaube, wir treffen uns heute später mit Freunden.«
»Auf keinen Fall, ich muss zurück zu meiner Frau und deiner Schwester, obwohl Hannah kaum noch da ist. Aber Rina liebt mich noch.«
»Ich bin mir sicher, Hannah liebt dich auch.«
»Tja, ganz bestimmt, nur leider hat sie pubertätsbedingt eine seltsame Art, mir das zu zeigen.«
12
Nachdem er zahlreiche Notizen auf ungefähr zwei Packen Karteikarten verteilt hatte, bot sich Decker eine klare Zusammenfassung der Primo-Ekerling-Akte.
Um halb sechs am späten Nachmittag verließ Ekerling in seinem nagelneuen silbernen Mercedes 550S sein Büro auf dem San Vicente Boulevard und verschwand im Universum. Seine Freundin, Marilyn Eustis, bemerkte seine Abwesenheit von der Welt, als sie ihn telefonisch nicht erreichen konnte. Sie hinterließ mehrere Nachrichten, war aber nicht sonderlich beunruhigt, als er sie nicht zurückrief. Er hatte um acht Uhr abends ein Geschäftsessen, und Marilyn ging davon aus, dass sie sich im besagten Restaurant treffen würden. Primo war schlampig, was Telefonanrufe betraf, aber immer pünktlich bei Geschäftspartnern, und dieser Abend verband Privates mit Geschäftlichem.
Um neun Uhr hatte sich Primo immer noch nicht blicken lassen. Seine Geschäftspartner waren verstimmt, und obwohl sich Marilyn Sorgen machte, behielt sie es für sich und entschuldigte sich. Sie wusste, dass Primo furchtbar unpässlich sein musste, denn dieser Termin war wichtig. Neben Internetseiten mit Musik zum Downloaden sahen Multitrack-CDs allmählich alt aus, und deshalb waren für die Schallplattenindustrie finstere Zeiten angebrochen. Die Firmen nahmen ungern erst mal mehr als einen Titel pro Künstler auf; dadurch reduzierten sich die im Studio verbrachten Zeiten enorm, was wiederum den Bedarf an Musikproduzenten ebenfalls enorm reduzierte. Unter den wenigen Überlebenden herrschte knallharter Wettbewerb. Die besagten Geschäftspartner an jenem
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