Arglist: Roman (German Edition)

über einen rumschnüffelnden Lieutenant aus dem West Valley beschweren. Und wenn jemand den Namen Decker erwähnte, wäre nicht nur er in der Klemme – denn besagter Lieutenant brächte seine Tochter in eine noch viel peinlichere Lage als sich selbst.
    Vor allem deshalb, weil die beiden Verdächtigen zur Zeit in U-Haft waren und noch in den Windeln gesteckt oder gar nicht gelebt hatten, als Bennett Alston Little ermordet wurde.
    O nein, es wäre jetzt sehr unklug, mit Ekerlings Gegnern zu reden. Was Decker brauchte, war ein Verbündeter von Primo.
    Er schrieb sich einen Merkzettel, gleich morgen früh Marilyn Eustis anzurufen.

13
     
    Während der Morgenkaffee durchlief, startete Decker den Familien-Laptop, dessen alte Oberfläche mit Programm-Icons, Ordnern und planlos abgelegten Lesezeichen vollgemüllt war und in einer sich rasant entwickelnden Technikwelt antik anmutete. Wenigstens funktionierte er.
    Die Zusammensetzung der Doodoo Sluts hatte oft gewechselt, aber am Höhepunkt ihrer Karriere vor achtzehn Jahren bestand die Band aus einem Quartett: Elvis-Costello-Doppelgänger, die eigentlich Buddy-Holly-Doppelgänger waren – vier weiße Jungs in schwarzen Anzügen, weißen Hemden, mit dünnen schwarzen Krawatten und großen runden, schwarzgerahmten Brillen. Ihre erfolgreichste Single hieß »Bang Me« und kletterte bis auf Platz acht der Top-100-Hitparade. Allerdings war der Titel in keinem der gängigen Download-Foren zu kaufen.
    Decker suchte immer noch nach diesem Song oder einer Best-of- CD, die den Song enthielt, als Hannah in die Küche kam. Sie trug einen blauen Faltenrock und ein weißes Poloshirt, die beliebte Schuluniform. Zusammen mit ihren roten Haaren hätte sie als amerikanische Flagge durchgehen können. Decker schloss den Computer, wobei er sich davon überzeugte, jetzt gelte es, wertvolle Zeit mit seiner schwer zu fassenden Tochter zu verbringen. Normalerweise hieß das nichts anderes, als dass er ihr ein Omelett zubereitete und ihr Orangensaft eingoss.
    »Wie läuft’s?«, fragte er gut gelaunt.
    »Bringst du mich zur Schule?«
    »Geht das in Ordnung?«
    »Mit dir schon, aber dein Auto hat keinen Satelliten-Empfang fürs Radio. Können wir meinen CD-Mix hören?«
    »Na klar.«
    »Danke.« Sie ließ sich auf einen Küchenstuhl fallen und sah dabei ziemlich schläfrig aus. »Ich hab keinen Hunger, Abba . Ich esse später in der Schule was.«
    »Da bekommst du nur süßes Frühstückszeug, und das ist morgens eine Katastrophe. Dein Blutzucker steigt rasant an, und danach bist du total kaputt. Du brauchst Proteine.«
    »Ich brauche noch mal zwanzig Stunden Schlaf.«
    »Wann bist du denn ins Bett gegangen?«
    »Der Punkt ist doch nicht, wann ich ins Bett gehe, sondern wann ich aufstehen muss.«
    »Tja, wenn du früher schlafen gehst, wird’s vielleicht einfacher, früher aufzustehen.« Heute Morgen klang er wieder wie ein Prediger. »Wie wär’s mit einem Rührei?«
    »Wenn du drauf bestehst.«
    Decker nahm sich eine Pfanne und drei Eier. Sie mochte nur ein Eigelb, dafür drei Eiweiß. Er bereicherte das Ganze um ein bisschen Milch und Käse. »Ich brauche deine professionelle Hilfe.«
    Hannah blickte ihn direkt an. » Meine Hilfe?«
    »Was weißt du über die Punkszene?«
    »Meinst du die original Punkszene oder dieses ganze Retro-Ding?«
    »Die richtige. Ich brauche Infos zu einer Gruppe, Doodoo Sluts . Sie waren Ende der Achtziger in.«
    Hannahs Lächeln war echt. »Und die hießen wirklich so?«
    »Würde ich dich je anlügen?«
    »Ja, aber wahrscheinlich nicht wegen so was. Ich habe noch nie von denen gehört, Abba. Ich persönlich hatte nichts für Punkrock übrig, aber ich find’s schade, dass ich Grunge verpasst habe.«
    »Pech gehabt. Obwohl es mir unbegreiflich war, was Jake an Nirvana gefunden hat.«
    »Die mag ich nicht besonders. Ich rede eher von Pearl Jam , Soundgarden und Alice in Chains . Aber ich komme vom Thema ab. Ein Freund von mir ist Experte in Sachen Original-Punkrock. Was willst du denn genau wissen?«
    »Alles, was er mir über die Doodoo Sluts erzählen kann.«
    »Ari Fieger. Er ist ein Nerd und ziemlich selbstgefällig, aber er kennt sich aus.«
    Decker schaufelte das Rührei auf einen Teller. »Bitte sehr.«
    »Du bist zu nett zu mir, Abba. Und ich lass dich immer abblitzen.«
    »Du bist eine wunderbare Tochter.«
    »Jetzt lügst du.«
    »Ich sage nichts als die hundertprozentige Wahrheit.« Sein Handy klingelte; es war Marge. »Entschuldige, Liebes. Ja,