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Argus #5

Argus #5

Titel: Argus #5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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während sie aus riesigen Starbucks-Bechern Koffein tankten. Vielleicht war es die Aussicht, so viel Zeit zu zweit im Wagen statt vor Gericht zu verbringen, gepaart mit der Angst, dass ihnen irgendwann der Gesprächsstoff ausging – oder schlimmer noch, sie anfangen würden zu streiten –, die den Anfang so schwierig machte. Aber schon an der Grenze von Palm Beach war das hohle, verkrampfte Geplauder in ein angeregtes Gespräch übergegangen, das von korrupten Politikern in Südflorida über die letzte Episode von Iron Chef zu Rosen und Gartenarbeit und natürlich Verbrechern so ziemlich alles abdeckte.
    Kurz vor dem Gefängnis versiegte die leichte Unterhaltung, ausgeblendet wie die Rockwell’schen Häuschen und die ländliche Idylle. Das Gelände war in einem Umkreis von zwei Kilometern um die Vollzugsanstalt zu einer flachen, braunen Ödnis planiert worden, um Fluchtversuche zu vereiteln. Für den Fall, dass es einem Häftling tatsächlich gelang, aus dem weitläufigen Hochsicherheitsgefängnis zu entkommen, vorbei an den Wachtürmen mit den bewaffneten Wärtern und über den doppelten Stacheldrahtzaun hinweg, gab es auf der anderen Seite nichts, was ihm Deckung bieten würde. Nicht mal eine dürre Palme.
    «Es ist größer, als ich es in Erinnerung hatte», bemerkte Daria, als Manny auf das Gefängnisgelände fuhr. Sie passierten einen gusseisernen Torbogen mit der Aufschrift Florida State Prison . Die meisten der vierzehnhundert Männer, die innerhalb der Gefängnismauern untergebracht waren, würden nie wieder einen Fuß in die Freiheit setzen. So wollte es das Gesetz. Im Florida State Prison saßen die brutalsten Verbrecher des ganzen Staats ein: Mörder, Vergewaltiger, Pädophile, bewaffnete Räuber, Kidnapper. Viele hatten lebenslänglich oder Haftstrafen von mehreren hundert Jahren. Und für fünfundvierzig dieser Mörder endete das Schicksal im Todestrakt.
    Der Besucherparkplatz war leer. «Sie waren schon mal hier?», fragte Manny, als er den Wagen parkte. «Ich dachte, Sie wären noch nie hier gewesen.»
    «Nicht drin . Aber ich bin mal abends mit meinen Freunden hergefahren, im zweiten Studienjahr. Wir wollten wissen, wie es hier oben aussieht. Man hörte ja immer viele Geschichten. Ich hatte noch nie ein Gefängnis gesehen.»
    «Und was haben Sie gedacht, als Sie hier waren?»
    «Wir kamen nur bis ans Tor. Wir hatten wirklich von nichts eine Ahnung, Manny. Was wir nämlich nicht wussten – ich jedenfalls nicht –, war, dass am nächsten Tag ein Todesurteil vollstreckt werden sollte. Glen Ocha hieß der Mann. Ich werde ihn nie vergessen, weil uns mindestens dreißig Demonstranten entgegenkamen, die Plakate mit einem Foto von ihm schwenkten, Kerzen hochhielten und Bibeln verteilten. Ich habe Albträume davon bekommen. Noch heute, wenn ich von Verbrechern träume – wenn ich im Traum von jemandem gejagt oder überfallen werde oder so was –, dann hat er immer Glen Ochas Gesicht.»
    «Komisch.»
    «Nach all den Schweinehunden, die ich hinter Gitter gebracht habe, müssten eigentlich ganz andere Typen mir Albträume machen.» Sie stieg aus dem Wagen.
    Manny folgte ihr. «Vielleicht geht Ihr Wunsch heute in Erfüllung.»
    Ein Labyrinth aus Maschendrahtkäfigen grenzte an das Gebäude an. Hunderte. Und in diesen Käfigen tigerten Häftlinge von Wand zu Wand wie gestresste Raubtiere. Manche sprangen Seil oder hoben Gewichte. Andere saßen einfach nur da und taten nichts. Uniformierte Wachleute patrouillierten in den Gängen.
    «Was ist das?», fragte Daria, als sie auf den Haupteingang zugingen. Ein lautes Summen ertönte, und ein grün uniformierter Corrections Officer drückte die Drahtglastür auf.
    «Das sind die Zwinger», antwortete Manny, als sie durch die Tür traten. Einige Häftlinge hielten inne und starrten in ihre Richtung.
    «Hundezwinger», bestätigte der CO, dessen Namensschild ihn als Sgt. Tru Zeffers auswies, im breiten Tonfall der Südstaaten. Mit finsterem Blick prüfte er ihre Unterlagen. Sergeant Zeffers war etwa Ende vierzig und hatte unnatürlich dickes und unnatürlich schwarzes Haar, das er zu einer riesigen Tolle bürstete wie ein grotesker Elvis-Imitator. «Da kriegen die Jungs ihren Auslauf. Müssen aber immer getrennt gehalten werden, sonst bringen sie sich gegenseitig um. Wie böse Hunde», knurrte er. Er musterte Daria einen Moment lang, dann drehte er sich um und winkte sie mit dem Finger hinter sich her.
    «Müssen rund um die Uhr getrennt gehalten werden»,

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