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Argus #5

Argus #5

Titel: Argus #5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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heißen, dass er Eindruck schinden wollte. Wahrscheinlich jemand von der Gefängnisverwaltung oder sonst ein unfähiger Lackaffe. Was für ein Zirkus. Solange sie niemanden aus der Zelle holten, um ihn in den Keller zu verfrachten, zur sogenannten Totenwache – die Zeit, wenn der Hinrichtungsbefehl schon unterschrieben, aber noch nicht ausgeführt war, wenn sie die Anlage testeten, damit am großen Tag nichts schiefging –, gab keiner im Trakt einen Dreck darum, ob ein Nachbar spazieren oder pinkeln ging.
    Zeffers bog um eine Ecke. Sie passierten einen weiteren Korridor und blieben vor einer massiven Stahltür stehen, die einen kleinen Schlitz in der Mitte hatte, wie der Briefkastenschlitz in Einfamilienhäusern. Der Verhörraum. Einmal hatte er sich hier mit seinem Anwalt getroffen.
    In diesem Moment roch er etwas.
    Den untrüglichen Duft von Chanel No. 5. Er lag in der Luft – ein Hauch nur, die Erinnerung an ein Parfüm, das vor Stunden versprüht worden war und jetzt nur noch in Kleidung und Haaren hing.
    Bill starrte auf die Tür.
    Dahinter war eine Frau.
    Sein Herz schlug schneller. Sein Puls raste. Er atmete tief ein.
    Vielleicht nicht irgendeine Frau …
    Zeffers winkte in die Kamera. «Aufmachen!», rief er. Die Tür summte. «Keine Mätzchen, Junge. Schön brav sein, dann sind wir es auch.» Zeffers schob Bantling in den Raum. «Kettet ihm die Füße fest», befahl er.
    Bill schlurfte ins Zimmer, die Arme, die mit einer Metallstange an den Fußeisen befestigt waren, vor dem Körper ausgestreckt. Sie stand hinter dem Tisch, mit dem Rücken zu ihm. Er sah ihre wohlgeformte Figur, deren Kurven das schwarze Kostüm nicht verstecken konnte. Das lange, rotbraune Haar, das ihr über den Rücken fiel. Die blasse, nackte Haut ihrer hübschen Waden. Die schmale Hand, die sich an der Tischkante festhielt, die Fingernägel rosa lackiert.
    «Hallo, Bill», sagte eine Stimme mit vertrautem kubanischem Akzent. Neben der Frau erhob sich wie ein Eisberg ihr Begleiter, in der Hand den Notizblock und die Akte, die er gerade aus einer Tasche auf dem Boden genommen hatte.
    Und dann drehte sich die Frau in Schwarz um. Bill war tief enttäuscht.
    Es war nicht die Frau, auf die er gehofft hatte. Auch wenn sie hübsch war. Aus hellblauen Augen beobachtete sie ihn wachsam, wie ein Vogel, der eine heranschleichende Katze beobachtet. Sie hatte offensichtlich Angst vor ihm, auch wenn sie sich Mühe gab, das zu verbergen. Eine plötzliche Bewegung, und sie würde davonflattern, hinter dem Grizzly, mit dem sie da war, in Deckung gehen. Ihre ebenmäßige Haut hatte die Farbe von Talkumpuder; die vollen Lippen waren dunkelrot geschminkt und zusammengepresst. Sein Anblick hatte den Rest von Farbe aus ihrem ohnehin blassen Gesicht weichen lassen.
    Ein böser, köstlicher Gedanke tauchte in seinem Kopf auf. Oh, was er mit diesem herrlichen roten Mund alles anstellen könnte …
    Detective Manny Alvarez war also hier, um ihm einen Besuch abzustatten. Und er hatte eine schöne Frau dabei. Nicht die Frau, auf die Bill gehofft hatte, aber immerhin – er hatte sehr, sehr lange keine Frau mehr gesehen. Viel zu lange. Anscheinend funktionierte sein Werkzeug noch: Es war sofort steinhart geworden.
    Die unglaubliche Wut, die noch vor wenigen Minuten in ihm gekocht hatte, war verschwunden. Am Ende wird heute doch noch ein schöner Tag , dachte er, während sich die Rädchen in seinem Kopf drehten. Er schnupperte noch einmal.
    Ein wirklich wunderschöner Tag.

25
    A ufmachen!», rief eine Stimme auf der anderen Seite der Tür.
    Daria stand am Tisch und schluckte den Kloß herunter, der sich in ihrem Hals gebildet hatte. Sie drehte sich zur Wand, um sich zu sammeln und dafür zu sorgen, dass man die Angst nicht sah, die von ihr Besitz ergriffen hatte. Auf der anderen Seite der Tür konnte sie das Rasseln der Ketten und das Schlurfen von Schritten hören, nur noch wenige Meter entfernt. Dann öffnete sich wie im Drehbuch eines Horrorfilms ganz langsam und mit einem kreischenden Quietschen die Tür.
    Er ist nur ein Mann , sagte sie sich. Er ist nicht Hannibal Lecter. Wir sind hier nicht im Film. Lass dir von Hollywood keine Angst einjagen. Du hast schon viele harte Fälle verhandelt. Du hast dich gegen die schlimmsten Männer behauptet. Du hast immer die Fassung bewahrt. Außerdem bist du nur Zuschauerin. Lass ihn nicht in deinen Kopf.
    Sie biss sich auf die Innenseite der Wangen und drehte sich langsam um.
    Und da stand er in der Tür, in einem

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