Argus #5

orangefarbenen Hemd und einer blauen Hose, die Silhouette durch die grellen Neonröhren auf dem Flur von hinten angestrahlt. Cupido.
    Möglicherweise der berühmteste lebende Serienmörder der Welt. In einer Liga mit Jack the Ripper, dem Würger von Boston, dem Original Night Stalker, dem Green River Killer, dem Zodiac Killer. Daria sah zu, wie er von den Wärtern hereingeführt und auf den Stuhl gesetzt wurde, kaum einen Meter von ihr entfernt. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und gab sich Mühe, eiskalt und emotionslos auszusehen. Nur der Metalltisch war zwischen ihnen. Zwei Wärter befestigten seine Fußfesseln an der langen Kette an der Wand und die Handschellen an den Armlehnen. Die ganze Zeit ließ er sie nicht aus den Augen.
    «Hallo, Bill», sagte Manny.
    Bantling zuckte nicht mit der Wimper. Doch er lächelte. Er lächelte Daria an.
    Seit einer Woche versuchte sie sich einzureden, dass Bill Bantling ein ganz normaler Häftling war und sie hier nur eine ganz normale Vernehmung durchführten, doch jetzt wurde ihr klar, dass sie sich etwas vorgemacht hatte. Nie hatte sie so weiche Knie bekommen, wenn ein Angeklagter den Raum betrat. Nie hatte ihr Herz so schnell geklopft, nie war ihr so unmittelbar der kalte Schweiß ausgebrochen. Vielleicht war es sein Ruf, der die Kälte im Raum verursachte – doch das unheimliche Gefühl, das ihr die Nackenhaare aufstellte, war beinahe übernatürlich. Sie stand eindeutig dem Bösen gegenüber.
    «Normalerweise schließen wir die Handschellen auf, wenn sie sich mit ihren Anwälten treffen, aber den hier lassen wir nie von der Kette, außer in der Dusche natürlich.» Zeffers sah vielsagend zu Daria. «Rufen Sie mich, wenn Sie fertig sind. Oder vorher, wenn Sie mich brauchen.»
    «Detective Alvarez», begann Bantling höflich, als die Zellentür wieder geschlossen war. «Es ist eine ganze Weile her.» Obwohl er mit Manny sprach, wandte er den Blick nicht von Daria.
    «Stimmt. Ach – ich bin übrigens hier drüben, Bill.» Manny winkte mit der Pranke in Bantlings Richtung.
    «Wer ist Ihre neue Freundin?», fragte Bantling.
    «Daria DeBianchi. Assistant State Attorney bei der Staatsanwaltschaft von Miami-Dade», stellte sich Daria vor.
    Bantlings blaue Augen blitzten auf. «DeBianchi, hm? Ich glaube nicht, dass ich Ihren Namen kenne. Aber Sie sind auch noch so … jung.»
    «Ich werde Ihnen sagen, warum wir hier sind», begann Manny.
    «Bitte. Wie Sie sehen, bin ich ganz der Ihre und hänge an Ihren Lippen, Detective. Ich kann nicht weg, also langweilen Sie mich bitte nicht.»
    «Erinnern Sie sich an das letzte Gespräch, das wir geführt haben?»
    «Das ist ziemlich lange her.»
    «Ja. Ein paar Jährchen. Sie haben mir damals von einem Club erzählt, bei dem Sie einst Mitglied waren. Einem Snuff-Club. Erinnern Sie sich, Bill?»
    «Vielleicht.»
    «Ich würde gern mit Ihnen über diesen Club reden.»
    «Ach, wirklich?»
    «Ja.»
    «Nun, ich schätze, Sie können mit mir reden, worüber Sie wollen, Detective Alvarez. Aber das heißt nicht, dass ich Ihnen irgendwas erzähle. Was Clubmitgliedschaften angeht, kann ich Ihnen nur sagen, dass ich mich heutzutage eher zurückhalte. Ich komme nicht viel raus. Etwa einmal im Jahr mache ich einen Mini-Urlaub im Keller dieser Anstalt. Sie nennen es Totenwache, Detective. Dort bekomme ich eine größere Zelle, mit besserem Essen. Nur die Aussicht …» Bantling schüttelte den Kopf. «Nicht so gut. Aber dann tun meine Anwälte das, was sie zaubern nennen, und ich ziehe wieder zurück nach oben. ‹Es stand auf Messers Schneide, Bill›, sagen die Anwälte jedes Mal. ‹Eher auf Nadels Spitze›, antworte ich immer.»
    «Sie haben gesagt, der Gründer oder Leiter des Clubs sei Gregory Chambers gewesen.»
    «Oh … das ist ein Name, den ich gar nicht gern höre. Ich hoffe, ihm ist es in der Hölle heiß genug.»
    «In welcher Beziehung standen Sie zu Dr. Chambers, Bill?»
    «Am Anfang? Er war mein Therapeut. Er hätte mich von meinen hässlichen Gedanken heilen sollen. Stattdessen hat er mir Ideen eingeflößt.»
    «Wie lange waren Sie sein Patient?»
    «Lange genug, um zu der Erkenntnis zu kommen, dass er sehr viel kränker war als ich.»
    «Wann hat sich Ihre Beziehung geändert? Wann hat Dr. Chambers Ihnen von diesem Club erzählt, zu dem er gehörte?»
    Bantling antwortete nicht.
    «Was hat er Ihnen davon erzählt? Wie funktionierte das Ganze? Sind Sie den anderen Mitgliedern begegnet?»
    «Das ist die