Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)
»Acetonreste, ein hoher Silikonanteil. Sie vermuteten damals schon eine Mordserie, aber der Fall konnte nie geklärt werden. Und in den folgenden Jahren gab es in der Gegend keine vergleichbaren Fälle. Er liegt bis heute auf dem Schreibtisch von Commissario Enzo Fossati, der auch auf Ihren Aufruf reagiert hat. Als Opfer wurde eine zwanzigjährige Studentin, Emilia Bertone, identifiziert.«
»Die nutzen aber nicht ViCLAS, oder?« ViCLAS war die Datenbank, die einige europäische Staaten zur Erfassung von Gewaltverbrechen eingeführt hatten. Auch wieder so ein Flickwerk, bei dem nicht alle mitmachten und für dessen Implementierung irgendwo im BKA noch ein unglückseliger Hauptkommissar Schnittstellen hatte diskutieren müssen. Paul Regen hatte kein Mitleid mit ihm. Sein System funktionierte wenigstens.
»Nein«, sagte Adelheid Auch. »Ich denke, Fossati ist einfach ein cleverer Bursche.«
»Das denke ich auch. Wobei unser Arm dagegen schon reichlich primitiv anmutet«, sagte Paul Regen und leckte die Limettensauce von den Fingern. Das würde für seine Übungstheorie sprechen, die er Adelheid Auch bisher verschwiegen hatte. Er dachte an die letzten Nächte und das Schwindelgefühl, das sich einstellte, wenn man morgens um sieben immer noch über derselben Akte brütete wie am Abend zuvor um acht. Er packte das Tomate-Mozzarella-Sandwich wieder ein, als Adelheid Auch fortfuhr.
»Die Schweden testen ja das ViCLAS, und genau das hat auch Alarm geschlagen. Die E-Mail kam von dem zuständigen Beamten, und sie klingt richtig aufgeregt.«
»Vermutlich, weil es das Erste ist, was sein System jemals ausgespuckt hat«, mutmaßte Paul Regen.
»Vermutlich. Jedenfalls handelt es sich ebenfalls um einen Kopf, den Bildern nach zu urteilen allerdings wesentlich weniger stark geschrumpft als der von Emilia Bertone. Gefunden wurde er am 6. März 2012 in Kiruna. Das liegt nördlich des Polarkreises.«
»Das wusste ich nicht«, sagte Paul Regen und legte den Rest seines Sandwichs auf den verwaisten Schreibtisch.
»Da geht die Sonne niemals unter«, sagte Adelheid Auch.
»Das hingegen war mir bekannt«, sagte Paul Regen. »Ein seltsamer Ort, um eine Leiche zu entsorgen.«
»Sie geht schon unter, nur an manchen Tagen nicht«, korrigierte sich Adelheid Auch.
»Das Opfer? Irgendeine Ähnlichkeit mit dem Kopf aus Italien?«
»Bis auf das Geschlecht nicht«, sagte Adelheid Auch. »Eine gewisse Ulrika Lindahl, betrieb einen Bauernhof im Süden des Landes.«
»Also wurde der Kopf dorthin gebracht?«, fragte Paul Regen.
Adelheid Auch nickte.
»Und die Italienerin? Wurde die Leiche auch verschleppt?«
Adelheid Auch scrollte wieder durch das Dokument.
»Sie war Studentin in Verona, wurde also ganz in der Nähe ihres Wohnorts gefunden.«
»Und wann wurden die Frauen als vermisst gemeldet?« Paul Regen trommelte mit den Fingern auf dem wiederverpackten Sandwich herum.
Adelheid Auch scrollte.
»Wissen Sie was?«, fragte Paul Regen. »Warum essen Sie nicht ihr Sandwich und drucken das einfach alles aus?«
Adelheid Auch warf ihm einen tadelnden Blick über den Rand ihrer Lesebrille zu, aber wenige Sekunden später vernahm Paul das verheißungsvolle Kratzen ihres Laserdruckers.
»Artischocke mit Käse klingt komisch, schmeckt aber, Frau Auch!«, behauptete Paul Regen, während er neben dem Drucker auf die Seiten wartete.
»Sie müssen es ja wissen«, sagte Adelheid Auch und packte das Sandwich aus.
»Falls Sie darauf anspielen, dass ich zu viele von diesen Dingern esse, sollten Sie sich vor Augen führen, dass sie eine ganz vorzügliche Kalorienbilanz aufweisen.«
»Na dann«, sagte Adelheid Auch und biss in die würzige Mischung, die Paul Regen niemals kampflos hätte aufgeben dürfen.
Fünf Minuten später hatte er sich einen Überblick verschafft und stand mit Adelheid Auch vor den Ausdrucken.
»Emilia Bertone wurde 2005 als vermisst gemeldet, Ulrika Lindahl 2006«, murmelte Paul Regen. »Gefunden hat man die Bertone allerdings schon vor sieben Jahren, die Lindahl erst vor einem.«
»Was an der Abgeschiedenheit des Polarkreises liegen könnte?«, schlug Adelheid Auch vor.
»Sicher. Aber ich glaube, es ist nicht wichtig. Wir haben jetzt einen Arm, der zehn Jahre alt sein könnte, ohne den geringsten Hinweis auf seinen Besitzer, und wir haben zwei Beinpaare aus Frankreich. Da ist ein Zusammenhang zumindest nicht unwahrscheinlich. Die gleiche Formalinlösung. Und wir haben zwei Köpfe, die ebenfalls mit Substanzen in
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