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Arkadien 01 - Arkadien erwacht

Titel: Arkadien 01 - Arkadien erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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er. »Ist ein sonderbares Haus. Um diese Uhrzeit geschlossen.« Er blickte auf seine Armbanduhr. »Die Touristen sollten seit zwei Stunden weg sein. Dallamano wollte euch hier treffen.«
    »Das Tor ist offen«, stellte Alessandro fest.
    »Natürlich«, erwiderte der Fahrer.
    Alessandro nahm Rosa bei der Hand. Sie nickten dem Mann zu und wechselten einen knappen Blick, als er trotz seiner Ankündigung, auf sie zu warten, den Motor anließ und losfuhr. Aber er wendete lediglich und parkte den Peugeot auf der anderen Straßenseite.
    Rosa ging voran, drückte sich durch den schmalen Spalt zwischen den schweren Gitterflügeln und betrat das Gelände der Quinta da Regaleira. Erst jetzt wurde ihr bewusst, was für ein fantastisches Bauwerk sich vor ihnen erhob.
    Es war ein Palast aus grauweißem Stein, dreigeschossig, verziert mit Stuck und spitzen Türmchen. Er wuchs hinter den Bäumen empor, hemmungslos romantisch, umlaufen von einer gemauerten Veranda, Balkonen mit ziselierten Geländern und üppigen Steinbordüren.
    »Wenn man Häuser häkeln könnte«, flüsterte Rosa, »dann käme das dabei heraus.«
    Alessandro beobachtete wachsam den gewundenen Weg, der den Hügel hinaufführte. Auf beiden Seiten wucherten dichteFarne, fleischige Rhododendren und Trauerweiden, deren Äste tief herabhingen. Sie passierten ein geschlossenes Kassenhäuschen, horchten auf Stimmen, hörten aber nichts als das Wispern des Laubs und Vogelgezwitscher.
    Der Weg verzweigte sich mehrfach unter schattigen Baumkronen. Sie kamen an kunstvoll gestalteten Brunnen vorüber, an Statuen von bocksfüßigen Flötenspielern und grinsenden Wasserspeiern. In Nischen saßen zierliche Nymphen aus Stein. Über eine Mauer beugte sich ein Teufel mit gezwirbelten Hörnern. Aus einem Tümpel grüßten sie steinerne Wassernixen mit hochgereckten Armen.
    »Was ist das hier?«, flüsterte Rosa.
    In ihrem Rücken sagte eine tiefe Stimme: »Ein steinernes Alphabet der Alchimie. Der gestaltgewordene Traum eines Freimaurers, Hermetikers und Magiers.«
    Sie wirbelten herum.
    Der Mann stand wenige Meter hinter ihnen. Mit seiner riesenhaften Statur hätte er selbst einen kräftigeren Gegner als Alessandro beeindrucken können. Sein schwarzes Haar war lang und zottelig, sein Vollbart wild. In einem eigentümlichen Kontrast zu dieser Mähne stand sein gepflegter Nadelstreifenanzug.
    »Ihr wisst, wer ich bin, und ich weiß, wer ihr seid«, sagte er. Sein Blick unter den dichten Brauen richtete sich auf Alessandro. »Du bist ein Carnevare.«
    »Alessandro Carnevare.« In seinen Augen lag ein herausforderndes Funkeln.
    »Rosa Alcantara«, sagte sie. »Danke, dass Sie gekommen sind.«
    »Ich hatte keine Wahl.«
    »Ihre Nichte ist in Gefahr«, sagte Rosa. »Sie braucht Ihre Hilfe.«
    » Ihr braucht meine Hilfe. Iole lebt nicht mehr.«
    »Sie war sechs Jahre lang eingesperrt«, widersprach sie.»Sie ist damals entführt und all die Zeit über gefangen gehalten worden. Und ich glaube, dass Sie das sehr genau wissen. Damit Iole nichts zustößt, haben Sie der Richterin nicht die ganze Wahrheit gesagt.«
    Dallamano machte einen Schritt nach vorn. »Ich habe gesagt, was ich weiß. Wegen meiner Aussage sind mehr als zwanzig Männer lebenslänglich ins Gefängnis gewandert.«
    Rosa reckte das Kinn nach vorn. »Aber kein Carnevare. Obwohl doch gerade die Ihren Bruder und seine Familie ermordet haben.«
    Der Blick des Mannes richtete sich erneut auf Alessandro. »Deshalb hättest du es verdient zu sterben.«
    »Alessandro hat versucht Iole zu retten.«
    »Ja«, spottete Dallamano, »natürlich.« Er machte eine kurze Pause, dann sagte er scharf zu Alessandro: »Verschwinde von hier!«
    »Nein«, widersprach Rosa. »Er bleibt.«
    Dallamano schüttelte den Kopf. »Davon hat Quattrini nichts gesagt. Mit dir sollte ich reden. Nicht mit einem Carnevare-Bastard. Glaubst du wirklich, er ist dein Freund?« Verächtlich spie er aus. »Er wird bald einer der führenden Mafiabosse Siziliens sein. Er ist niemandes Freund.«
    Alessandro versteifte sich neben ihr. Plötzlich herrschte ein gespenstisches Schweigen.
    Nach einem endlosen Augenblick erklärte Alessandro: »Ich werde Rosa nicht mit Ihnen allein lassen.«
    »Ganz wie ihr meint.« Dallamano wandte sich ab und ging den Weg hinauf.
    »Warten Sie!« Rosa warf Alessandro einen Blick zu.
    Der Mann blieb stehen, im Schatten eines Fauns, um dessen tanzenden Leib sich Efeu rankte.
    »Er wird mir nichts tun«, flüsterte sie Alessandro zu.
    Er starrte

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