Arkadien 01 - Arkadien erwacht
Maserati lag auf dem Beifahrersitz, daneben das Handy.
Fundling sprang zurück, brüllte gegen den Motorenlärm an.
Sarcasmo seufzte friedlich beim Einschlafen.
Rosa schaltete die Scheinwerfer ein und jagte mit Vollgas Richtung Autobahn.
Das Monument
G egen halb fünf am Morgen saß Rosa noch immer hinter dem Steuer. Die Ausfahrt musste jede Minute auftauchen, aber das hatte sie schon vor einer halben Stunde geglaubt. Seit sie die südliche Küstenstraße verlassen hatte und wieder ins Inselinnere fuhr, schien sich die Strecke endlos zu dehnen.
Nur noch ein paar Kilometer bis zum Ziel. Sie rieb sich die Augen. Ihre Entschlossenheit versank in einem Nebel aus Erschöpfung und Nervosität. Einmal hatte sie den Wagen auf einen Rastplatz gelenkt, war in Tränen ausgebrochen und hatte eine gute Viertelstunde gebraucht, ehe sie weiterfahren konnte.
Ein Summen schreckte sie auf. Das Handy vibrierte und stieß gegen den Schlüssel des Maserati. Das geschah nicht zum ersten Mal. Bislang hatte sie es ignoriert, weil es nur Quattrini mit weiteren Vorwürfen und Drohungen sein konnte.
Aber es hörte nicht auf. Das Brummen machte sie wahnsinnig, und als es nach kurzer Unterbrechung von neuem begann, griff sie entnervt nach dem Handy und drückte die Taste.
»Ja?«
»Ich bin es.« Eine Männerstimme, die sie auf Anhieb hätte erkennen müssen. In ihrem Zustand brauchte sie dennoch ein, zwei Sekunden.
»Pantaleone«, sagte sie matt. »Woher haben Sie diese Nummer?« Die Antwort dämmerte ihr, noch während sie die Worte aussprach. Sein Telefongespräch im Palazzo. Die Männer am Tor hatten ihn über den Umschlag informiert und die Nummer des Handys notiert. Wusste der alte Mann, von wem es stammte?
»Die Wächter haben zwar den Jungen nicht erkannt, aber es hat nicht lange gedauert, das Kennzeichen zu überprüfen«, sagte er. »Wenn der junge Carnevare dir das nächste Mal etwasvorbeibringen lässt, kann er genauso gut den Absender auf den Umschlag schreiben.«
»Was wollen Sie?«, fragte sie hastig, damit er ihr Aufatmen nicht bemerkte.
»Du brauchst Hilfe.«
»Bestimmt nicht Ihre.«
»Gibt es sonst noch jemanden, der in Frage käme?«
Auf der Rückbank stieß Sarcasmo ein verträumtes Hundebrummeln aus, änderte seine Position und schlief weiter.
»Ich meine es ernst«, sagte Pantaleone. »Dort, wo du hinwillst, brauchst du jemanden, der dir beisteht.«
»Und das sind ausgerechnet Sie?«, fragte sie spöttisch.
»Bist du schon in Gibellina?«
Es hätte sie schockieren müssen, dass er ihr Ziel kannte. Aber selbst dazu war sie zu müde.
»Du läufst ins offene Messer und das weißt du. Weil du immer noch hoffst. Aber gerade Hoffnung ist etwas, das vielen von uns verloren gegangen ist. Auch darum liegt mir so viel an dir, Rosa. Du und ich gemeinsam, wir können die Alcantaras und die gesamte Cosa Nostra zu einem neuen Aufbruch führen.«
Sie schnaubte verächtlich. »Der Hungrige Mann jagt Ihnen ziemliche Angst ein, was?«
»Natürlich. Vielen von uns.«
»Ich hab’s Ihnen schon gesagt. Mich interessiert er nicht.«
»Das wird sich noch ändern. Glaub mir, das wird es.«
Sie wollte sich wieder die Augen reiben, aber das ging nicht mit einer Hand am Steuer, während die andere das Handy hielt. »War’s das?«
»Leg nicht auf. Du wirst meine Hilfe brauchen. Ohne mich kannst du das Mädchen nicht befreien. Und der junge Carnevare wird sterben.«
»Alessandro weiß genau, was –«
»Was er tut? Nein, meine liebe Rosa. Die Wahrheit ist: Siehaben ihn längst gefangen und in Gibellina eingesperrt. Genau wie die kleine Dallamano, an der dir so viel liegt.«
»Woher … wissen Sie das?«
Sie sah sein selbstzufriedenes Lächeln vor sich. »Du musst mich nicht mögen, Rosa. Nicht einmal achten. Aber mach nicht den Fehler, mich zu unterschätzen … Und jetzt Schluss mit dem Gerede. Ich lotse dich nach Gibellina. Und zwar auf einem besseren Weg als die alten Straßenkarten aus den Zeiten deines Vaters.«
Sie horchte auf. Immerhin wusste er nicht, dass sie mit Fundlings Mercedes unterwegs war.
»Was wollen Sie dafür von mir?«
»Deine Treue. Dein Wort, dass du auf meiner Seite stehst. Und dass du mir gehorchst – ohne Wenn und Aber.«
»Ich könnte Ja sagen und mich nicht daran halten.«
»Wenn du Ja sagst, dann ist es ein Pakt. Derselbe, den ich mit deiner Tante und anderen vor ihr geschlossen habe. Ihn zu brechen hätte weitreichende Konsequenzen.« Er machte eine kurze Pause. »Also?«
Fuck,
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