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Arkadien 01 - Arkadien erwacht

Titel: Arkadien 01 - Arkadien erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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»Allein das Tuning hat ein Vermögen gekostet.«
    Pflichtschuldig gesellte Rosa sich zu ihr. »Schön«, sagte sie leidenschaftslos.
    »Sei keine Spielverderberin und setz dich drauf.«
    Rosa schüttelte den Kopf. »Lass mal.«
    »Nun mach schon!«
    »Zoe wird mich umbringen.«
    »Natürlich. Aber nur, wenn sie’s erfährt.« Lilia grinste. »Und ich wüsste nicht, von wem.«
    Rosa nahm auf dem weichen Sattel Platz, legte versuchsweise eine Hand an den Lenker und fuhr mit der anderen die geschwungene Form eines Außenspiegels nach. Der Schlüssel steckte.
    »Und?«, fragte Lilia. »Was meinst du?«
    »Meine ich wozu?«
    »Zu einer Spritztour. Jeder kann so ein Ding fahren. Du auch.«
    Sie war einmal mit einem alten Motorrad gefahren, erst nur ein paar Runden auf einem Basketballplatz in Brooklyn. Die Maschine hatte einem Jungen gehört, den sie kaum kannte, aber er hatte unbedingt damit angeben wollen. Sie war besser damit zurechtgekommen als erwartet und schließlich hatte er ihr erlaubt, eine Runde um den Block zu fahren. Zwei Stunden später brachte sie ihm das Motorrad zurück. Er beschimpfte sie heftig, aber das war die Sache wert gewesen. Ihn hatte sie nie wieder eines Blickes gewürdigt, wohl aber seine Maschine.
    »Also«, fragte Lilia erwartungsvoll, »was ist?«
    »Ich sollte Zoe wenigstens fragen.«
    »Sie wird Nein sagen.«
    Rosa hob eine Braue. »Und das soll mich überzeugen?«
    »Nur eine Stunde, vielleicht zwei. Bei Sonnenuntergang ist die Landschaft am schönsten. Ich zeig dir ein paar Stellen, da bleibt dir die Luft weg.«
    Vielleicht war das gerade die Dosis Risiko, die sie jetzt brauchte. Sogar eine Art Diebstahl. Sie lächelte still in sich hinein. Warum eigentlich nicht?
    Lilia war bereits draußen und lief zu ihrer eigenen Vespa. Rosa startete den Roller und folgte ihr im Schritttempo auf den Innenhof, warf noch einmal einen Blick hinauf zu den Fenstern, dann fuhr sie ein paar Proberunden um das verwilderte Buschwerk im Zentrum des Hofs. Es ging erstaunlich gut.
    Zum ersten Mal fühlte sie sich auf dem Anwesen ihrer Tante wohl. Wahrscheinlich, weil sie es im nächsten Moment verlassen würde.
    s
    In der Abenddämmerung fuhren sie über die kurvige Landstraße 124 in Richtung Caltagirone. Am Straßenrand sah Rosa immer wieder verwilderte Hunde; einmal wich sie nur durch eine schlingernde Vollbremsung einem aus, der hinter einer Kurve gemächlich über die Straße trottete. Schon während der Autofahrten waren ihr die abgemagerten Hunde aufgefallen, die sich oft in der Nähe von Müllcontainern herumtrieben. Sie hatten ihr leidgetan; erst recht, nachdem sie die ersten überfahrenen Tiere am Straßenrand entdeckt hatte. Es hätte ihr das Herz gebrochen, mit einem zusammenzustoßen. Fortan fuhr sie vorsichtiger und war in jeder Kurve auf der Hut.
    Lilia forderte sie anfangs heraus, mit ihrer Geschwindigkeit mitzuhalten, aber als Rosa nicht darauf einging, fuhr sie in gemächlichem Tempo vorneweg. Auf halber Strecke nach Caltagirone bog sie nach rechts in eine schmale Straße, die in verschlungenen Windungen nach Norden führte.
    Hier gab es keine Häuser mehr, wilde Olivenhaine und Kakteen bedeckten die Hügel. Die Dunkelheit stieg wie schwarzer Nebel aus Tälern und ausgetrockneten Bachbetten auf. An einer Gabelung passierten sie noch einmal ein Schild, Mirabella 5 , aber Lilia bog nach rechts ab. Während der nächsten halben Stunde sah Rosa keinen weiteren Wegweiser mehr.
    Sie fuhr ohne Helm, auch Lilia ließ ihren eigenen am Lenker baumeln. Der Duft der Oliven- und Zitronenbäume wehte ihnen um die Nasen, und Rosas langes Haar tanzte als wilder Schweif über ihren Schulterblättern. Einmal mehr fiel ihr die Tätowierung in Lilias Nacken auf, und jetzt meinte sie einen Schlangenkopf zu erkennen, der sich unter dem Kragen ihrer Lederjacke hinaufschob und bis zum Haaransatz reichte.
    Rosa gab kurz Gas, bis sie sich auf einer Höhe mit Lilia befand. Sie fuhr nun auf der linken Spur, Gegenverkehr würde sie in der Dämmerung schon von weitem an den Scheinwerfern erkennen.
    »Was ist das für eine Tätowierung?«, rief sie.
    »Hab ich mir in Gela machen lassen, unten an der Südküste. Scheußliche Stadt, aber es treiben sich eine Menge Matrosen dort herum.«
    »Matrosen!«
    Lilia lachte. »Nicht, was du denkst. Wo Matrosen sind, da gibt es auch die besten Tattoo-Studios … Wenn man die Drecklöcher wirklich Studios nennen will.«
    »Warum eine Schlange?«
    »Und kein Anker?« Inmitten des roten

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