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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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hierher, schienen sie ihr sagen zu wollen. Lass uns in Frieden. Lass ihn in Frieden.
    »Wie lange schon?«
    »Sehr lange.«
    »Haben Sie auch für Costanza gesorgt? Und für ihre Söhne?« Es fiel ihr noch immer schwer, von ihnen in der Mehrzahl zu sprechen. Söhne. Zwillinge. Davide und Apollonio.
    Traf ihren Vater tatsächlich keine Schuld an dem, was ihr in New York zugestoßen war? War der Mann auf dem Video ihr Onkel gewesen?
    »Gesorgt«, wiederholte Sigismondis nachdenklich und impfte ein weiteres totes Tier.
    »Sind Sie allein hier unten?«
    »Nein. Ich bin nie allein. Sie alle sind bei mir.«
    Sie hätte ihm gern diese Illusion geraubt, aus Rache, weil sie wollte, dass er litt. Aber sie ahnte, dass es keine Rolle spielte, was sie sagte. Er lebte längst in seiner eigenen Welt.
    Langsam ging sie hinter ihm her und behielt jede seiner Bewegungen im Auge. Falls er mit einer Spritze auf sie losging, würde sie schießen. Er mochte alt und krank sein, aber irgendwo in diesem Wrack steckte noch das Scheusal, das er gewesen war. Das all die Arkadier entführt und zu Hybriden gemacht hatte. Das auch die Verantwortung trug für alles, was ihr angetan worden war.
    »Was ist damals passiert?«, fragte sie ohne große Hoffnung auf eine Erklärung. »Welche Rolle hat Costanza bei TABULA gespielt? Und mein Vater?«
    Schweigend arbeitete er weiter. Sie war drauf und dran, die Tiere vor ihm vom Tisch zu reißen. Aber sie wagte noch immer nicht, ihm zu nahe zu kommen.
    »Was ist aus meinem Vater geworden? Ich hab in seine Gruft gesehen. Er hat nicht in seinem Sarg gelegen.« Es machte sie immer aggressiver, dass er sie einfach ignorierte. Oder vielleicht immer wieder von neuem vergaß, dass sie überhaupt hier war.
    Er erreichte das Ende einer langen Tischzeile, ging auf die andere Seite und bewegte sich in entgegengesetzter Richtung. Spritze aufnehmen, zehn Injektionen, Spritze ablegen. Die nächste aufheben, injizieren, weitergehen.
    Sie beschleunigte ihre Schritte und holte langsam auf. Ihr Zeigefinger bebte am Abzug.
    »Wo ist er?«, fragte sie, jetzt nur noch zwei Meter hinter ihm. »Wo ist Davide Alcantara?«
    Sigismondis hielt inne, ohne sie anzusehen. »Davide?«
    »Was ist mit ihm geschehen? Es hieß, er wäre damals gestorben. War das die Wahrheit?«
    Noch einmal wiederholte er den Namen, so als verstünde er erst jetzt, von wem sie sprach. Langsam drehte er sich zu ihr um.
    »Er ist hier.«
    Sie zielte auf seine Stirn. Ihre Hand zitterte, der ganze Arm, bis hinauf zur Schulter.
    »Hier?«, flüsterte sie.
    Dann bemerkte sie die Gestalt, die lautlos in der Tür aufgetaucht war.
    »Hallo, Rosa«, sagte der Mann.

Zwillinge
    S ie schwenkte die Waffe herum und zielte.
    »Ich wollte dich nicht erschrecken.« Er trat aus dem Schatten des Türrahmens ins Neonlicht, war aber zu weit entfernt, als dass sie jedes Detail hätte ausmachen können. Dennoch erkannte sie ihn, auch nach vierzehn Jahren. Etwas in seinem Auftreten, im Klang seiner Stimme.
    Katzen lassen sich nicht zähmen , hallte es aus der Vergangenheit zu ihr empor. Damals war sie vier gewesen. Erstaunlich, dass sie sich so genau daran erinnerte. Aber es war eines der letzten Dinge gewesen, die er zu ihr gesagt hatte. Katzen lassen sich nicht zähmen. Und: Sie wird dich verletzen .
    »Bleib stehen«, fuhr sie ihn an. »Rühr dich nicht von der Stelle.«
    Mit einem Nicken gehorchte er. Er trug einen weiten, weißen Overall, der aussah, als wäre er aus zerknittertem Papier. So etwas zogen Wissenschaftler über ihre Kleidung, wenn sie ein Laboratorium betraten. Sie kannte das aus Filmen. Das alles hier war wie ein Film. Dummerweise ihr eigener.
    »Du bist wütend auf mich«, sagte er sanft. »Es ist lange her. Ich verstehe das.« Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass er englisch mit ihr sprach – und sie mit ihm.
    »Bist du … er?« Großartig. Sie stammelte wie eine Idiotin.
    Sein Lächeln wirkte selbst auf diese Entfernung milde. »Mir würdest du ja doch nicht glauben. Aber Sigismondis? Er ist nicht mehr in der Verfassung, sich irgendwelche Lügen auszudenken.«
    Sie blickte zu dem alten Mann, der seinen Rundgang fortsetzte und die ausgestopften Tiere impfte. Wieder schien er jedes Interesse an Rosa verloren zu haben.
    »Du bist mein Vater?«, fragte sie den Mann an der Tür.
    »Die Chancen stehen fünfzig-fünfzig, oder? Auch, dass du den Falschen erschießt, wenn du abdrückst.«
    »Das ist keine Scheißantwort auf meine Scheißfrage!«, brüllte sie ihn

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