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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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und zog schließlich etwas hervor, das auf den ersten Blick wie ein Fotoalbum aus braunem Kunstleder aussah. Als er es aufschlug, sahen sie keine eingeklebten Bilder, sondern Zeitungsartikel.
    Rosa setzte sich seitlich auf den Beifahrersitz, stellte die Füße auf die Schwelle und zog die Beine fast bis zur Brust an. Ihr Kleid rutschte die blassen Oberschenkel herauf, aber sie kümmerte sich nicht darum. Alessandro hockte noch immer vor der Wagentür, das aufgeschlagene Album vor sich auf den Knien. Mit einer Hand blätterte er darin, mit der anderen streichelte er geistesabwesend ihre Wade. Gemeinsam lasen sie die Überschriften und fett gedruckten Artikelanfänge.
    »Er hat versucht herauszufinden, was damals passiert ist«, sagte er.
    »Was wirklich passiert ist«, ergänzte sie, ohne den Blick von den Ausschnitten zu nehmen. Die meisten waren kurze Meldungen aus Tageszeitungen, am Ende folgten drei englischsprachige Texte aus etwas, das sich Global Gnostic Observer nannte und aussah, als wäre es ein Boulevardblatt für UFO- und Atlantisspinner.
    Allen gemein war das Thema, obgleich sie dazu unterschiedliche Fakten lieferten. Oder das, was der Global Gnostic Observer als Fakten ausgab.
    Die ersten Artikel waren die sachlichsten. In einem Hotel im Umland von Agrigent, einer sizilianischen Stadt an der Südküste, war ein Ehepaar ermordet worden. Es wurden keine Namen genannt, keine weiteren Details; weder die Mafia noch andere mögliche Täter. Die Ermittlungen dauerten an, hieß es lediglich.
    Die zweite Meldung berichtete von einem Kleinkind der beiden Toten, das offenbar während des Verbrechens aus dem Zimmer seiner Eltern verschwunden war. Von einem Feuer war nirgends die Rede, aber diesmal wurde der Name des Hotels genannt. Hotel Paradiso.
    Mehrere weitere Texte gingen nach und nach auf Einzelheiten des mysteriösen Falls ein. Demnach waren die unbekannten Mörder über den Balkon in das Zimmer eingedrungen. Da es keine Möglichkeit gab, dort hinaufzuklettern, hatten die Verbrecher die drei Stockwerke auf andere Weise überwinden müssen.
    Die nächste Meldung war offenbar erst vier Wochen später erschienen. Noch immer gab es keine Spur von dem Kind. Höchstwahrscheinlich, so einer der Ermittler, hätten die Täter den Jungen mitgenommen und unterwegs einfach ausgesetzt. Die Chancen, ihn zu finden, seien gering. Ein so kleines Kind biete in freier Natur eine zu leichte Beute für wilde Tiere.
    Wirklich interessant wurde es erst in den Artikeln des esoterischen Käseblatts. Hier wurde in riesigen Lettern der Name des männlichen Toten enthüllt: Leonardo Mori, »anerkannter Wissenschaftsautor und Gastkolumnist des Global Gnostic Oberserver «. Was, wie Rosa fand, nicht gerade für seinen Ruf als Wissenschaftler sprach. Aus einem dieser Artikel stammte auch das Foto, das Fundling mit seinem eigenen zusammenkopiert hatte.
    Informationen über die Frau gab es keine, allerdings wurde hier erstmals erwähnt, dass die beiden weder erschossen noch erschlagen worden waren. Vielmehr hatten ihre Mörder sie, wie es hieß, »aus großer Höhe am Boden zerschmettert«.
    Alessandro strich mit dem Finger über das Papier, als könnte er damit eine verborgene Wahrheit sichtbar machen. »Was meinen die mit großer Höhe? Vom Balkon geworfen?«
    »Vom Schrank wohl kaum.«
    Lächelnd gab er ihr einen Kuss.
    Rosa nahm das Album an sich, blätterte weiter und kam zum letzten Artikel, der zugleich auch der längste war, abermals aus dem »internationalen Fachmagazin für Grenzwissenschaften, okkulte Phänomene und präastronautische Archäologie«. Und so las er sich dann auch.
    Diesmal gingen die Autoren ans Eingemachte. Leonardo Mori und seine Frau waren demnach keineswegs von Menschen getötet worden. Glaubwürdige Zeugen – allesamt namenlos – wussten zu berichten, dass in der Mordnacht zwei riesige Vögel aus der Dunkelheit herangeflogen seien. Mit ungeheurer Wucht hätten sie die Fenster des Hotelzimmers zerbrochen, die beiden Unglücklichen aus ihren Betten gerissen und in ihren Krallen ins Freie getragen. Sie hätten Mori und seine Frau nicht etwa über die Balkonbrüstung geworfen, sondern erst einmal gut hundert Meter hoch in den Himmel getragen. Dann hätten die Riesenvögel die beiden losgelassen. Durch den Aufprall war das Ehepaar übel zugerichtet worden, der Artikel geizte nicht mit unappetitlichen Details. Zuletzt sei eine der Bestien erneut ins Zimmer geflogen, habe den kleinen Jungen gepackt und sei mit

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