Arkadien 03 - Arkadien fällt
verhallten, bildeten sich die verdrehten, zertrümmerten Beine der Kreatur zurück. Sekunden später lag da ein Mann, übel zugerichtet wie seine Opfer ringsum, das Gesicht nach unten im eigenen Blut.
Dichter Rauch erfüllte den Korridor, aus dem jetzt Alessandro trat, wieder als Mensch, nackt und, soweit sie erkennen konnte, unverletzt. Das Blut auf seinem Körper schien nicht sein eigenes zu sein, er ging aufrecht, ohne erkennbare Wunden. Er wollte sich zu ihr herabbücken, aber sie glitt schon unter den Rohren hervor, rutschte fast aus, hielt sich an ihm fest und umarmte ihn kurz. Dann beugten sich beide über die leblosen Hybriden am Boden, suchten nach Pulsschlag, nach Atem, horchten vergeblich auf Stöhnen oder Flüstern. Auch Mirella, der Hunding und die anderen gingen in die Hocke, während einer über Funk nach Sanitätern rief.
Der Gestank im Korridor war kaum zu ertragen. Die beißende Mischung aus Schießpulver, Blut und Wunden legte sich auf Lunge und Augen. Keiner sprach mehr als das Nötigste. Mirella gab Order, die Verletzten vorsichtig von den Toten zu trennen. Aus dem hinteren Teil des Gangs ertönten Schritte und Rufe, als sich Helfer näherten.
Alessandro nahm Rosa bei der Hand und führte sie weiter den Korridor hinab, legte den Finger an die Lippen, als sie protestieren wollte, und deutete nach einigen Metern auf eine Abzweigung. Am Ende eines Seitengangs befand sich eine Eisentür. Darunter war ein haarfeiner Lichtstreif zu sehen.
Alessandro nickte, als sie ihn ansah. Rosa blickte zurück, konnte aber hinter dem Dunst nur unklar Bewegungen erkennen, sie hörte die Stimmen der anderen, sah den Insektenhybriden hinter den Rohren auftauchen und wieder im Rauch verschwinden. Sie waren jetzt rund zehn Meter entfernt. Als Alessandro sie in den Seitengang schob, wurden die Stimmen schlagartig dumpfer. Mit jedem Schritt, den sie an seiner Seite machte, wurde sie ruhiger.
Leise klopfte sie an die Tür.
»Iole«, flüsterte sie und brachte dabei die Lippen nah an den Türspalt, »wir sind’s. Rosa und Alessandro. Ihr könnt aufmachen.«
Ein Hundewinseln im Inneren. Unverständliche Stimmen. Gleich darauf das Schnappen von Schlössern, die entriegelt wurden.
Ioles Gesicht erschien im Spalt. Sie wollte losjubeln, aber Rosa war schneller. Ihre Hand schnellte vor und legte sich auf Ioles Mund. Zugleich drängte sie hinein, gefolgt von Alessandro.
»Leise!«, flüsterte sie, als sie in den Raum trat. Sie bot einen ziemlich abgerissenen Anblick – und mehr noch der nackte Alessandro, scharlachrot von Kopf bis Fuß.
Sarcasmo stürmte auf sie zu, um sie zu begrüßen. Im letzten Moment registrierte seine Nase den Duft von frischem Blut, ließ Rosa links liegen und stürzte sich wild schleckend auf Alessandro.
»Verräter«, murmelte Rosa.
Iole fiel ihr um den Hals, während Alessandro die Tür hinter sich zudrückte. Als er sich wieder umdrehte, blickte er in den Lauf eines Gewehrs, das vermutlich so alt war wie dieser Bunker. Cristina di Santis zielte auf sein Gesicht, während Raffaela Falchi, Ioles Privatlehrerin, mit zitternden Händen ein Fleischermesser in seine Richtung hielt.
Rosa schob Iole behutsam von sich, dankbar, dass das Mädchen nichts sagte. Aber Iole schien längst verstanden zu haben, was los war. In jeder noch so normalen Situation sah Iole zuerst das Quäntchen Verrücktheit, so als ginge sie mit einer Lupe durchs Leben, die nur das Verdrehte und Kuriose für sie vergrößerte. In einer Lage wie dieser begriff sie als Erste, wie die Dinge standen. Allein dafür hätte Rosa sie gleich noch mal umarmen mögen.
Aber erst musste sie dafür sorgen, dass Alessandro nicht von Cristina erschossen wurde. Oder die Falchi ihm das Steakmesser in die Brust rammte.
»Hört zu«, sagte sie rasch, obwohl Jubel in ihr aufstieg, sobald sie die tapfere, schmutzige, hübsche Iole ansah. »Die gute Nachricht ist: Die Männer, die euch gefangen gehalten haben, sind tot. Die schlechte: Wir wissen nicht genau, was von denen zu halten ist, die sie umgebracht haben.«
Signora Falchi wollte etwas entgegnen, aber Cristina war schneller. Mit demselben verbissenen Ausdruck, mit dem sie damals im Hotel Jonio Avvocato Trevini hintergangen hatte, streckte sie den Arm zur Seite aus und legte eine Hand vor den Mund der Lehrerin. Die schien protestieren zu wollen, wurde aber von den finsteren Gesichtern in der Runde abgeschreckt.
»Weiter«, sagte Cristina. Sie senkte das Gewehr und schob mit dem Lauf auch
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