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Arktis-Plan

Arktis-Plan

Titel: Arktis-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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verstärkte das unirdische Gefühl von Isolation. Einen Moment lang war der Bergsattel buchstäblich eine Insel, die im Himmel schwamm, eine dünne Lage Klarheit zwischen einer dicken Scheibe Nebel und einer ebenso dicken Scheibe Bewölkung. Wie lange das so bleiben würde, war fraglich.
    Im Grunde genommen spielte es auch gar keine große Rolle. Bald mussten sie die Suche ohnehin abbrechen und sich auf den Rückweg zum Lager machen. Und vielleicht war das auch gut so. Wenn Val Recht hatte, könnte das Auffinden des Notlagers der
Flugzeugbesatzung durchaus der Punkt sein, der den Alternativplan der Russen in Kraft setzte. Vielleicht wäre es klüger, sich ein Problem nach dem anderen vorzunehmen und Smyslov vorläufig als Verbündeten zu behalten. Erst die Anthraxfrage zu lösen und dann die Konfrontation zu erzwingen.
    Smith drehte sich wieder um und stolperte, als der Frontalzacken seines rechten Steigeisens an etwas hängen blieb. Automatisch blickte er auf das Hindernis hinunter.
    Die Spitze seines arktischen Stiefels hatte ein kurzes Stück von einem Kabel aus dem Schnee gezogen. Die schwarze Kunststoffummantelung war vom Alter und der Kälte zerbröckelt.
    Smith zögerte noch einen Moment. Es wäre ein Leichtes gewesen, mit dem Stiefel genug Schnee darüber zu schieben und weiterzulaufen. Aber andererseits war der kritische Punkt dieses Auftrags von Anfang an der gewesen, nicht zu wissen, woran sie waren. Es ergab keinen Sinn, jetzt auf Informationen zu verzichten. Smith nahm sein Gewehr in die linke Hand und hob die rechte mit geballter Faust über seinen Kopf – das Signal, sich wieder zu sammeln.
     
    »Es ist sowjetischer Herkunft«, bestätigte Smyslov, als er neben dem freigelegten Kabel kniete. »Eine Schleppantenne. Die Sorte, die man für die Verständigung über große Entfernungen hinter einem Flugzeug herziehen könnte.«
    »Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand in polaren Regionen als Notbehelf für die Kommunikation eine isolierte Antenne über das Eis legt.«
    »Aber wo ist das Funkgerät?«, fragte Smyslov, als er sich wieder auf die Füße zog. »Wo ist das Lager? Hier ist nirgends etwas, nur das Kabel.«
    »Wenn man eine Antwort auf diese Frage will, muss man bloß dem Kabel folgen.« Smith deutete auf den Fuß des Ostgipfels. »Da entlang.«

    Die Antenne war in das arktische Eis eingebettet wie ein Faden in einen Eiswürfel, doch das unaufhörliche Scheuern der Winde hatte das Eis abgetragen, so dass sie nur wenige Zentimeter unter der Oberfläche lag. Während sie ihr folgten, legten sie die Antenne frei und stellten fest, dass sie eine leichte Biegung beschrieb, da sie sich dem Verlauf des Gletschers angepasst hatte. An einem Punkt hatte der dünne Draht der Beanspruchung nicht standgehalten und war gerissen, doch das andere Ende des Kabels ließ sich ganz in der Nähe auffinden. Überraschenderweise führte es zu einer nahezu senkrecht aufragenden, undurchbrochenen Steilwand aus Basaltgestein und verschwand in der schulterhohen festgefrorenen Schneewehe am Fuß der Klippe.
    »Was hat denn das zu bedeuten?«
    Valentina Metrace legte unerschrocken ihren Rucksack und ihr Gewehr ab und zog das Messer aus ihrer Gürteltasche. Sie ließ sich auf die Knie sinken und begann wie ein emsiger Dachs, einen Tunnel in die Schneewehe zu graben. Es dauerte nicht lange, bis Smith und Smyslov sich ihr anschlossen.
    Schnell stellte sich heraus, dass der dichte Schnee einen Überhang unter dem schwarzen Fels verdeckte, eine Furche, die das unablässige zähe Schleifen des Gletschers in die Felswand geritzt hatte. Und dann fiel Smith auf, dass sich die Konsistenz des Schnees veränderte. Er wurde fester und es hatte den Anschein, als wäre ein Muster in ihn geritzt worden.
    »Das sind Schneeblöcke!«, rief Valentina aus.
    Sie hatte Recht. Jemand hatte nach dem Igluprinzip Bausteine aus zusammengepresstem Schnee verwendet, um unter dem Überhang eine Wand zu errichten. Im Lauf der Jahrzehnte waren die Blöcke durch die Kälte zu einer soliden gläsernen Masse zusammengeschweißt worden, die sich den Klingen der Messer widersetzte, aber doch nach einiger Zeit nachgab.
    »Zeltleinwand! Hier sind wir richtig! Es ist eine Höhle!«
    Die Schneemauer mit dem Windschutz aus alter Zeltleinwand
auf ihrer Rückseite stürzte ein und fiel in das Dunkel dahinter. Und der eisige Hauch muffiger, abgestandener Luft strömte hinaus.
    Smith holte die große Grubenlampe aus seinem Rucksack und richtete ihren Lichtstrahl

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