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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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bäuerliche Untertanen eine Schicht von Spe­zialisten miternährten, die selbst keine Nahrung produ­zierten. Wie wir in Teil 2 dieses Buchs erfuhren, trat die Landwirtschaft jedoch auf den verschiedenen Kontinen­ten nicht zur gleichen Zeit auf den Plan. Wie ich in die­sem Kapitel außerdem gezeigt habe, wird der Stand der Technik an einem bestimmten Ort nicht nur von lokalen Erfindungen bestimmt, sondern auch von der Diffusion von Techniken fremder Herkunft. Aus diesem Grund entwickelte sich die Technik tendenziell auf jenen Kon­tinenten am schnellsten, auf denen ihrer Diffusion die geringsten geographischen und ökologischen Hinder­nisse im Wege standen. Zudem wächst die Wahrschein­lichkeit der Erfindung und Annahme neuer Techniken mit der Zahl der Zivilisationen auf einem Kontinent, da sich Gesellschaften aus vielerlei Gründen in ihrer Inno­vationsfreudigkeit unterscheiden. Unter sonst gleichen Umständen entwickelt sich die Technik somit in großen, fruchtbaren und bevölkerungsreichen Regionen mit ei­ner Vielzahl potentieller Erfinder und etlichen konkur­rierenden Gesellschaften am schnellsten.
    Lassen Sie mich nun zusammenfassen, wie die Varia­tion dieser drei Faktoren – Zeitpunkt des Beginns der Landwirtschaft, Diffusionshemmnisse, Bevölkerungs­größe – geradewegs zu den beobachteten Unterschieden zwischen den Kontinenten in der Entwicklung der Tech­nik führten. Eurasien (wozu wir aus praktischen Grün­den auch Nordafrika zählen) stellt die größte Landmas­se der Erde dar und beherbergt zugleich die größte Zahl konkurrierender Gesellschaften. Hier finden wir auch die beiden frühesten Zentren der Landwirtschaft: den Fruchtbaren Halbmond und China. Die beherrschende Ost-West-Achse Eurasiens ermöglichte es, daß zahlrei­che Erfindungen, die sich an einem Ort durchgesetzt hatten, relativ rasch den Weg in andere Regionen Eu­rasiens mit vergleichbaren klimatischen Bedingungen fanden. Die ebenfalls stattliche Länge der eurasischen Nord-Süd-Achse steht im scharfen Kontrast zur Enge des Isthmus von Panama, um den Vergleich mit Ame­rika zu ziehen. Eurasien weist auch keine ernsten geo­graphischen Hindernisse wie jene auf, von denen die Hauptachsen Afrikas und Amerikas durchbrochen wer­den. Geographische und ökologische Barrieren, die der Diffusion neuer Techniken im Wege standen, waren so­mit in Eurasien weniger bedeutsam als auf den anderen Kontinenten. Aufgrund dieser Faktoren war Eurasien derjenige Kontinent, auf dem die Beschleunigung der technischen Entwicklung nach dem Ende des Eiszeital­ters am frühesten begann und zu der größten örtlichen Konzentration technischer Neuerungen führte.
    Nord- und Südamerika werden gemeinhin als zwei getrennte Kontinente betrachtet. Sie sind allerdings seit mehreren Millionen Jahren miteinander verbunden und können zum Zweck des Vergleichs mit Eurasien getrost als Einheit behandelt werden. Der amerikanische Dop­pelkontinent stellt die zweitgrößte Landmasse der Erde dar, ist aber deutlich kleiner als Eurasien. Auch unter­scheidet er sich durch seine geographische und ökologi­sche Zweiteilung: Der Isthmus von Panama, an der eng­sten Stelle rund 50 Kilometer breit, bildet eine effektive geographische Trennlinie zwischen Nord- und Südame­rika, während die Regenwälder der Landenge von Dar­ién und die Wüste im Norden Mexikos ökologische Bar­rieren darstellen. So trennte die mexikanische Wüste die hochentwickelten Zivilisationen Mesoamerikas von de­nen Nordamerikas, während die Landenge von Pana­ma die mesoamerikanischen Zivilisationen von denen der Anden und des Amazonasgebiets abschnitt. Hinzu kommt, daß die geographische Hauptachse des ameri­kanischen Doppelkontinents in Nord-Süd-Richtung ver­läuft, so daß die Diffusion technischer Errungenschaften zum größten Teil nur unter Überwindung eines geogra­phischen (und klimatischen) Gefälles erfolgen konnte. Bis 3000 v. Chr. war zwar das Rad in Mesoamerika er­funden und das Lama in den Anden domestiziert, doch selbst 5000 Jahre später hatte noch immer keine Begeg­nung zwischen dem einzigen amerikanischen Lasttier und dem einzigen amerikanischen Rad stattgefunden, ob­gleich die Entfernung zwischen den Maya-Gesellschaften Mesoamerikas und der Nordgrenze des Inka-Reichs mit knapp 2000 km ein Katzensprung war, vergleicht man sie mit der zwischen Frankreich und China (rund 13000 km), die beide im Besitz von Rädern und Pferden waren. Ich denke, daß diese Faktoren den

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