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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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technischen Rückstand Amerikas im Vergleich zu Eurasien erklären.
    Afrika südlich der Sahara ist als drittgrößte Landmas­se der Erde wiederum erheblich kleiner als Nord- und Südamerika. In der Menschheitsgeschichte war dieser geographische Raum von Eurasien aus fast immer we­sentlich leichter zugänglich als Amerika, wobei die Sa­hara jedoch stets eine bedeutende ökologische Barrie­re darstellte, die das subsaharische Afrika von Eurasien und Nordafrika trennte. Erschwert wurde die Diffusion neuer Techniken – sowohl zwischen Eurasien und Afrika südlich der Sahara als auch innerhalb dieses Raums – zu­dem durch Afrikas dominierende Nord-Süd-Achse. De­ren Wirkung als Barriere sei nur an einem Beispiel ver­deutlicht: Töpferei und Eisenverarbeitung traten in der afrikanischen Sahelzone (nördlich des Äquators) min­destens so früh in Erscheinung wie in Westeuropa. Bis ans südliche Ende Afrikas gelangte die Töpferei jedoch erst um das Jahr 1 n. Chr., und die Metallverarbeitung war auf dem Landweg noch nicht einmal so weit vorge­drungen, als sie von Europa aus mit Schiffen eintraf.
    Australien ist der kleinste Kontinent. Die sehr gerin­gen Niederschlagsmengen und die Unfruchtbarkeit wei­ter Regionen lassen ihn, gemessen an seiner Tragkraft als Lebensgrundlage menschlicher Populationen, sogar noch schrumpfen. Zudem ist Australien der abgelegen­ste Kontinent, auf dem die Landwirtschaft nie unabhän­gig entstand. Die Kombination dieser Faktoren führte dazu, daß Australien bis in die jüngere Vergangenheit der einzige Kontinent blieb, wo Artefakte aus Metall unbekannt waren.
    Tabelle 12.1 übersetzt diese Faktoren in Zahlen, indem sie die Kontinente in bezug auf ihre Fläche und ihre ge­genwärtige Bevölkerungsgröße miteinander vergleicht. Wir wissen nicht, wie viele Menschen vor 10 000 Jahren, also kurz vor dem Beginn der Landwirtschaft, auf den verschiedenen Kontinenten lebten. Man kann aber da­von ausgehen, daß zumindest die Reihenfolge gleich war, da viele der heute besonders fruchtbaren Regionen ver­mutlich auch vor 10 000 Jahren für Jäger und Sammler lohnende Reviere darstellten. Die Unterschiede in den Bevölkerungszahlen sind eklatant: Eurasien (mit Nord­afrika) hat fast sechsmal so viele Einwohner wie Nord­und Südamerika, nahezu achtmal so viele wie Afrika und 230mal so viele wie Australien. Mehr Menschen bedeu­ten auch mehr potentielle Erfinder und mehr konkurrie­rende Gesellschaften. Allein damit trägt Tabelle 12.1 ein gutes Stück zur Erklärung der politischen, militärischen und technischen Überlegenheit Eurasiens bei.

    Tabelle 12.1 Einwohnerzahl und Größe der Kontinente
    All diese Folgen, die die Unterschiedlichkeit der Kon­tinente hinsichtlich Größe, Einwohnerzahl, vorhande­ner Diffusionshemmnisse und des Beginns der Land­wirtschaft für den Aufstieg der Technik hatte, wurden noch verstärkt durch deren autokatalytischen Charak­ter. Aus Eurasiens beträchtlichem Vorteil in den Anfän­gen erwuchs auf diese Weise bis zum Jahr 1492 n. Chr. ein gewaltiger Vorsprung – aus Gründen, die mit Eura­siens besonderer Geographie, nicht aber mit der beson­deren Geisteskraft seiner Bewohner zusammenhingen. Unter den Neuguineern, die ich persönlich kennenge­lernt habe, sind auch einige potentielle Edisons. Ihren Einfallsreichtum widmeten sie jedoch solchen Dingen, die ihrer Lebenssituation entsprachen: dem Problem des Überlebens ohne importierte ausländische Erzeugnis­se im Dschungel von Neuguinea – nicht der Erfindung von Phonographen.

KAPITEL  13
Vom Egalitarismus zur Kleptokratie
Die Evolution von Herrschaft und Kleptokratie
    A ls ich 1979 mit befreundeten Missionaren über ein abgelegenes Sumpfgebiet in Neuguinea flog, erblick­te ich einige Hütten, die etliche Kilometer voneinander entfernt im Dschungel standen. Der Pilot erläuterte mir, daß irgendwo dort unten vor kurzem eine Gruppe in­donesischer Krokodiljäger auf eine kleine Schar neugui­neischer Nomaden gestoßen war. Beide Seiten waren in Panik geraten, und die Begegnung hatte damit geendet, daß die Indonesier mehrere der Nomaden erschossen.
    Meine Bekannten äußerten die Vermutung, daß die Nomaden zu einem noch nicht kontaktierten Stamm mit dem Namen Fayu gehörten, von dem die Außenwelt nur aus schaurigen Erzählungen eines Nachbarstamms wuß­te, bei dem es sich um die einst ebenfalls nomadischen, inzwischen aber missionierten und seßhaft gewordenen Kirikiri handelte. Erstkontakte mit

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