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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Häupt­lingsreichen und Staaten ermöglicht die Ausbeutung der Besiegten als Sklaven, wie es in biblischen Zeiten gang und gäbe war. Die zweite Option ergibt sich daraus, daß viele dieser Gesellschaften intensiv Landwirtschaft be­treiben und zur Erzeugung größerer Überschüsse in der Lage sind. Das gibt den Siegern die Möglichkeit, die Be­siegten dort zu lassen, wo sie sind, ihnen aber die poli­tische Selbständigkeit zu nehmen, regelmäßige Tribute in Form von Nahrungsmitteln oder Gütern von ihnen zu fordern und ihre Gesellschaft in die des siegreichen Staates oder Häuptlingsreichs einzugliedern. Dies war in der gesamten uns überlieferten Geschichte das gewöhn­liche Ergebnis kriegerischer Auseinandersetzungen, die mit der Gründung von Staaten oder Reichen einhergin­gen. So hatten die spanischen Konquistadoren vor, den unterworfenen Völkern Mexikos Tribute aufzuerlegen, weshalb sie an den Tributverzeichnissen des Azteken-Reichs äußerst interessiert waren. Aus diesen ergab sich, daß die Azteken von den ihnen tributpflichtigen Völ­kern jährlich unter anderem 7000 Tonnen Mais, 4000 Tonnen Bohnen, 4000 Tonnen Amarantkörner, 200 0000 Baumwollumhänge und riesige Mengen an Kakaoboh­nen, Kriegstrachten, Schilden, Federkopfschmuck und Bernstein geliefert bekommen hatten.
    Landwirtschaft, Konkurrenz zwischen Gesellschaf­ten und Diffusion führten somit als eigentliche Ursa­chen über Kausalketten, die sich im Detail unterschie­den, aber stets große Populationen mit hoher Siedlungs­dichte und seßhafter Lebensweise implizierten, zu den unmittelbaren Faktoren, die Eroberungen ermöglichten: zu Krankheits erregern, Schrift, Technik und zentralisti­scher politischer Ordnung. Da sich die eigentlichen Ur­sachen auf verschiedenen Kontinenten unterschiedlich entwickelten, galt das gleiche auch für die unmittelbaren Faktoren der Eroberung. In der Regel bildeten sich meh­rere gleichzeitig heraus, doch ein strikter Zusammen­hang bestand nicht: So entfaltete das Inka-Reich seine Macht ohne Schrift, während die Azteken eine Schrift be­saßen, aber nur wenige Infektionskrankheiten kannten. Das Beispiel der Zulu unter Dingiswayo zeigt, daß jeder dieser Faktoren einen unabhängigen Beitrag zum Ge­schichtsverlauf leistete. Unter den Dutzenden von Zulu-Häuptlingsreichen besaß das Mtetwa-Reich keinerlei Vorsprung gegenüber den anderen Reichen, was Technik, Schrift und Krankheitserreger betrifft, und besiegte sie dennoch alle. Seine Überlegenheit beschränkte sich auf die politische und ideologische Sphäre. Der so geschaffe­ne Zulu-Staat konnte immerhin nahezu ein Jahrhundert lang große Teile des südlichen Afrika beherrschen.

TEIL IV
Reise um die Erdein fünf Kapiteln

KAPITEL 14
Yalis Volk
Die Geschichte Australiens und Neuguineas
    W ährend eines Australienurlaubs beschlossen meine Frau Marie und ich, einen Ausflug zu einem Ort zu unternehmen, an dem man gut erhaltene Felsmalereien von Aborigines besichtigen konnte. Die Fundstelle lag in der Wüste unweit der Stadt Menindee. Ich hatte zwar von der Trockenheit und sommerlichen Hitze der australischen Wüste gehört, doch weil ich selbst schon öfter längere Zeit in der trockenen Hitze der kalifornischen Wüste und der neuguineischen Savanne verbracht hatte, hielt ich mich für erfahren genug, um mit den vergleichsweise unbedeutenden Problemen fertig zu werden, denen wir in Australien als Touristen begegnen würden. Mit einem reichlichen Vorrat an Trink wasser ausgerüstet, brachen wir gegen Mittag zu dem Felsen mit den Malereien auf, der nur wenige Kilometer abseits der Straße lag. Der Weg führte von der Rangerstation durch offenes,
    schattenloses Gelände bergauf, und am Himmel stand keine einzige Wolke.
    Die heiße, trockene Luft, die wir atmeten, erinnerte mich an eine finnische Sauna. Als wir am Fuß des Felsens mit den Malereien ankamen, war unser Wasservorrat aufgebraucht. Wir hatten auch das Interesse an Kunst verloren, also schoben wir uns, im­mer langsam und gleichmäßig atmend, weiter bergauf. Bald erblickte ich einen Vogel, der unverkennbar zur Spezies der Schwätzer gehörte, doch er kam mir größer vor als jede bekannte Schwätzerart. In diesem Moment wurde mir bewußt, daß ich zum erstenmal in meinem Leben eine Hitzehalluzination erlebte. Marie und ich beschlossen kurzerhand, sofort umzukehren.
    Wir redeten nicht mehr. Beim Gehen konzentrierten wir uns auf das Atmen, die Entfernung zum nächsten markanten Punkt und darauf,

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