Arm und Reich
letztes Massaker, verübt von vier Cowboys an etwa 30 Yahi, die in einer anderen Höhle gefangen saßen. Zahlreiche Gruppen von Amazonasindianern wurden während des Kautschukbooms Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts auf ähnliche Weise von weißen Siedlern umgebracht. Die letzten Stadien der Eroberung spielen sich in diesem Jahrzehnt vor unseren Augen ab: Zunehmend erliegen die Yanomami und andere indianische Gesellschaften des Amazonasgebiets, die ihre Unabhängigkeit noch bewahren konnten, Krankheiten, werden von Goldsuchern ermordet oder von Missionaren und staatlichen Stellen »zivilisiert«.
Das Resultat von alldem war die Vernichtung bevölkerungsreicher indianischer Gesellschaften in den meisten Regionen mit gemäßigtem Klima, die für die Landwirtschaft und die Physiologie der europäischen Einwanderer geeignet waren. In Nordamerika leben heute die meisten Indianerstämme, die sich in intakten Gemeinschaften behaupten konnten, in Reservaten oder sonstigen Gebieten, die weder für die europäische Landwirtschaft noch für die Ausbeutung von Bodenschätzen in Frage kommen, beispielsweise in arktischen Regionen oder Trockengebieten im Westen der USA. In den amerikanischen Tropen traten vielerorts Einwanderer aus tropischen Gebieten der Alten Welt (insbesondere Schwarzafrikaner, aber auch Inder und in Surinam Javaner) an die Stelle der indianischen Bevölkerung.
In einigen Teilen Mittelamerikas und der Anden waren die Indianer ursprünglich so zahlreich, daß selbst nach Epidemien und Kriegen heute immer noch ein großer Teil der Bevölkerung aus Indianern und Mischlingen besteht. Dies gilt insbesondere für das Andenhochland, wo Frauen europäischer Abstammung aus physiologischen Gründen Probleme mit dem Gebären von Nachwuchs haben und die heimischen Anbaugewächse in der Landwirtschaft immer noch dominieren. Selbst dort, wo Indianer überlebten, gerieten sie kulturell und sprachlich in den Schatten der Alten Welt.
Von den ursprünglich Hunderten von Indianersprachen in Nordamerika werden bis auf 187 keine mehr gesprochen, und von diesen letzten 187 ist 149 das Aussterben gewiß, da sie heute nur noch von den Alten gesprochen, aber vom Nachwuchs nicht mehr gelernt werden. In allen der rund 40 Länder der Neuen Welt ist eine indogermanische Sprache oder Kreolisch offizielle Amtssprache. Selbst in den Ländern mit dem größten indianischen Bevölkerungsanteil, wie Peru, Bolivien, Mexiko und Guatemala, zeigt ein Blick auf Fotos von Führern aus Wirtschaft und Politik, daß ein unverhältnismäßig hoher Anteil dieser Schicht europäischer Abstammung ist. An der Spitze mehrerer Karibikstaaten stehen Schwarzafrikaner, während Guyana bereits mehrere Präsidenten indischer Herkunft hatte.
Wie stark die einstige Indianerbevölkerung Nord- und Südamerikas dezimiert wurde, ist umstritten. Schätzungen für Nordamerika gehen von bis zu 95 Prozent aus. Aufgrund der Einwanderung von Völkern aus der Alten Welt (Europäer, Afrikaner, Asiaten) ist die Gesamtbevölkerung Nord- und Südamerikas heute jedoch etwa zehnmal so groß wie im Jahr 1492. Die jetzigen Bewohner bilden ein Gemisch von Völkern aller Kontinente mit Ausnahme Australiens. Die Wurzeln jener gewaltigen Bevölkerungsverschiebung, die sich in den letzten 500 Jahren vollzog und die alles in den Schatten stellte, was sich je auf einem Kontinent – mit Ausnahme Australiens – ereignete, liegen letztendlich in Entwicklungen, die sich zwischen 11000 v. Chr. und der Zeitwende abspielten.
KAPITEL 18
Wie Afrika schwarz wurde
Die Geschichte Afrikas
M ag man sich auch noch so gründlich durch die Lektüre von Büchern auf Afrika vorbereitet haben – die ersten Eindrücke sind trotzdem überwältigend. Auf den Straßen von Windhoek, der Hauptstadt des seit wenigen Jahren unabhängigen Namibia, erblickte ich schwarze Hereros, schwarze Ovambos, Weiße und Namas, die in keine der beiden Kategorien zu passen schienen. Das waren keine Fotos in einem Lehrbuch, sondern Lebewesen aus Fleisch und Blut, die da vor meinen Augen wandelten. Vor den Toren von Windhoek führten die letzten der einst zahlreichen Kalahari-Buschmänner ihren Kampf ums Überleben. Was mich in Namibia am meisten überraschte, war jedoch ein Straßenschild: Eine der Hauptstraßen im Zentrum Windhoeks hieß, man höre und staune, Goering Street!
Es würde doch wohl kein Land so unter dem Einfluß verbohrter Altnazis
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