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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Eiszeit schrumpf­ten, sondern auch in jenen, die sich stark ausdehnten? Ich habe da schon eher die Clovis-Jäger im Verdacht, aber die Debatte geht weiter. Egal, welche Theorie sich am Ende als richtig erweist: Es verschwanden so die meisten Groß­tierarten, die später von den indianischen Bewohnern Amerikas hätten domestiziert werden können.
    Ungeklärt ist auch die Frage, ob die Clovisjäger tat­sächlich die ersten Amerikaner waren. Nach dem ge­wohnten Strickmuster werden in Nord- und Südame­rika Jahr für Jahr neue Fundstätten präsentiert, die an­geblich aus noch älterer Zeit stammen. Einige von ihnen erscheinen, wenn man zum erstenmal davon hört, über­zeugend und hochinteressant, doch dann tauchen un­weigerlich Interpretationsprobleme auf. Handelte es sich bei den angeblichen Steinwerkzeugen, die gefunden wur­den, tatsächlich um von Menschenhand gefertigte oder nur um Zufallsprodukte der Natur? Sind die gemeldeten Datierungen mit Hilfe der Radiokarbon-Methode wirk­lich korrekt und nicht mit einem der vielfältigen Proble­me behaftet, die bei dieser Methode auftreten können? Und falls die Datierungen zutreffen, existiert dann tat­sächlich ein Zusammenhang mit menschlichen Artefak­ten oder lag vielleicht nur ein 15 000 Jahre alter Klum­pen Holzkohle zufällig neben einem erst 9000 Jahre al­ten Steinwerkzeug?
    Diese Probleme will ich anhand des folgenden vielzi­tierten Beispiels einer angeblichen Prä-Clovis-Fundstät­te verdeutlichen. In einer brasilianischen Höhle, Pedro Furada genannt, entdeckten Archäologen Höhlenmale­reien, die ohne Zweifel von Menschen stammten. Unter den Steinen am Fuße einer Felswand fanden sie außer­dem einige Steine, die man nach ihrer Form für primi­tive Werkzeuge halten konnte. Weiter stieß man auf ver­meintliche Feuerstellen, für die eine Datierung anhand der ebenfalls gefundenen Holzkohlereste ein Alter von rund 35 000 Jahren ergab. Die Berichte über Pedro Fu­rada wurden in der Fachwelt so ernst genommen, daß sogar die renommierte internationale Wissenschaftszeit­schrift Nature Artikel darüber brachte.
    Aber: Kein einziger der Steine, die vor der Felswand gefunden wurden, weist eindeutige Spuren einer Bearbei­tung durch Menschen auf, wie es bei den Clovis-Spitzen und Cromagnon-Werkzeugen der Fall ist. Wenn Hun­derttausende von Steinen im Laufe von Jahrzehntausen­den von einer hohen Felswand herabstürzen, zersprin­gen viele beim Aufschlag in Stücke, und einige ähneln dann unweigerlich primitiven Werkzeugen, die auch von Menschen stammen könnten. In Westeuropa sowie in anderen Teilen des Amazonasgebiets datierten Archäo­logen mit der Radiokarbon-Methode die für die Höh­lengemälde verwendeten Pigmente, doch in Pedro Fu­rada geschah dies nicht. In der Umgebung der Höh­le kommt es oft zu Waldbränden, bei denen Holzkohle entsteht, die von Wind und Wasser immer wieder auch in Höhlen getragen wird.
    Es fehlt der Beweis für einen Zusammenhang zwi­schen der 35 000 Jahre alten Holzkohle und den Höhlen­malereien von Pedro Furada. Zwar halten die ursprüng­lichen Entdecker an ihrer Überzeugung fest, aber eine Gruppe von Archäologen, die an der Ausgrabung nicht beteiligt, für Prä-Clovis-Entdeckungen jedoch aufge­schlossen war, verließ die Fundstätte nach einem kürz­lichen Besuch eher enttäuscht.
    Die nordamerikanische Ausgrabungsstätte mit den größten Anerkennungschancen als Ort älterer Funde ist Meadowcroft Rock Shelter in Pennsylvania. Laut Ra­diokarbon-Datierung beträgt das Alter der dort gefun­denen, mit Menschen in Verbindung gebrachten Gegen­stände etwa 16 000 Jahre. Es besteht kein Zweifel an der Echtheit der zahlreichen Artefakte, die in etlichen sorg­fältig freigelegten archäologischen Schichten zum Vor­schein kamen. Die ältesten Radiokarbon-Datierungen ergeben jedoch keinen Sinn, da es sich bei den Pflanzen­und Tierarten, die ihnen zufolge in dem Gebiet gelebt hatten, um solche handelt, die erst viel später, als das Klima milder geworden war, in Pennsylvania vorkamen, nicht aber um Arten, die man in dem eisigen Klima vor 16 000 Jahren dort erwarten konnte. Deshalb drängt sich der Verdacht auf, daß die Holzkohlereste aus den älte­sten Schichten mit menschlichen Artefakten aus jünge­rer Zeit stammen und irgendwann nach unten sicker­ten, wo sie sich mit älterer Holzkohle vermischten. Der aussichtsreichste Prä-Clovis-Kandidat in Südamerika ist die Fundstätte bei Monte Verde in Südchile,

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