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Armageddon 01 - Die unbekannte Macht

Armageddon 01 - Die unbekannte Macht

Titel: Armageddon 01 - Die unbekannte Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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nördlichen Quadranten glitzerten und funkelten unzählige Raumschiffe in ihrem Orbit. Blitzende Punkte aus purpurnen metallischen Reflexen, die so dicht hintereinander über den Himmel rasten, daß sie aussahen wie ein festes Band, wie ein Regenbogen aus roten Pailletten. Der östliche Horizont, wo Duke in diesem Augenblick aufging, zeigte einen ganz ähnlichen Bogen, doch dieser schimmerte im reinsten Gold. Direkt im Norden hing das Band nur schwach leuchtend über Stoke County. Die Helligkeit war nicht mehr so strahlend wie rechts und links davon, wo der Reflexionswinkel optimal war, aber trotzdem selbst am Duke-Tag zu sehen.
    »Ich wünschte, sie würden für immer bleiben!« sagte Genevieve verträumt. »Der Sommer ist wirklich die schönste Zeit.« Sie war zwölf (irdische) Jahre alt; ein großes, schlaksiges Kind mit einem ovalen Gesicht und wißbegierigen Augen; sie hatte das dunkle Haar ihrer Mutter, das bis über den halben Rücken herabhing: der angemessene Stil der landbesitzenden Klasse. Ihr Kleid war blaßblau mit winzigen weißen Punkten und einem breiten Spitzenkragen. Ihre Füße steckten in langen weißen Socken und frisch geputzten navyblauen Ledersandalen.
    »Ohne den Winter würde es keinen Sommer geben«, erwiderte Louise. »Das ganze Jahr über wäre immer alles das gleiche, und wir hätten nichts, auf das wir uns freuen könnten. Solche Welten gibt es dort draußen massenweise.« Sie blickten zusammen auf das Band aus Raumschiffen am Himmel.
    Louise war die ältere der beiden Schwestern. Sie war sechzehn Jahre und die zukünftige Erbin von Cricklade Manor, ihrem gemeinsamen Zuhause. Sie war gut fünfzehn Zoll größer als ihre Schwester. Ihr Haar war einen Tick heller und lang genug, um offen bis zu den Hüften zu reichen. Sie besaßen die gleichen Gesichtszüge mit kleinen Nasen und eng zusammenstehenden Augen, obwohl Louises Wangen jetzt, da der Kinderspeck langsam wegschmolz, deutlicher hervortraten. Ihre Haut besaß einen sauberen, klaren Teint – obwohl die Wangen zu ihrem Entsetzen auffällig rosig geblieben waren, wie bei einem gewöhnlichen Tagelöhner.
    An diesem Morgen trug sie ein einfaches gelbes Sommerkleid; und Wunder über Wunder: In diesem Jahr hatte ihre Mutter endlich erlaubt, daß sie einen rechteckigen Ausschnitt am Hals trug, obwohl ihre Rocksäume noch immer bis weit über die Knie herabzureichen hatten. Der gewagte Ausschnitt gestattete ihr zu zeigen, wie ihre Weiblichkeit erblühte. Diesen Sommer gab es nicht einen einzigen jungen Mann in ganz Stoke County, der nicht zweimal hingesehen hätte, wenn sie vorbeiging.
    Doch Louise war daran gewöhnt, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Das war so gewesen seit dem Tag ihrer Geburt. Die Kavanaghs waren die Erste Familie von Kesteveen, und sie gehörten zu dem clanartig verflochtenen Netz großer, reicher Landbesitzerfamilien, die gemeinsam mehr Einfluß ausübten als irgendeines der regionalen Inselparlamente, allein durch ihren sagenhaften Reichtum. Louise und Genevieve waren Mitglieder einer Armee von Verwandten, die Kesteveen praktisch wie ein privates Lehen verwalteten. Und die Kavanaghs waren Blutsverwandte der königlichen Mountbattens, einer Familie, die in direkter Linie von der britischen Königsfamilie der Windsors abstammten. Die Prinzen der Mountbattens hatten die Rolle der Verfassungswächter von Norfolk inne. Der Planet mochte vielleicht von den Nachfahren englisch-ethnischer Einwanderer besiedelt sein, aber er leitete seine gesellschaftliche Struktur von einer idealisierten Version des Britanniens des sechzehnten Jahrhunderts ab und nicht von dem GovCentral-Bundesstaat, der die Kolonie vor inzwischen vier Jahrhunderten gegründet hatte.
    Louises Onkel Roland, das älteste der sechs Kinder von Louises Großvater, besaß fast zehn Prozent des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens der Insel. Cricklade Manor selbst erstreckte sich über hundertfünfzigtausend Morgen und umfaßte Wälder, Ackerland und Parks, ja sogar ganze Dörfer. Cricklade beschäftigte Tausende von Tagelöhnern. Sie mühten sich auf den Feldern und in den Wäldern ab, in den Rosenhainen, und sie hüteten die Herden. Weitere dreihundert Familien hatten Güter innerhalb des gewaltigen Besitzes gepachtet. Handwerker in ganz Stoke County waren von der so geschaffenen Nachfrage abhängig, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und selbstverständlich besaß Cricklade einen großen Anteil an der Rosenproduktion des Counties. Louise war die

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