Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
Berichterstattung, das normale Leben wieder in Gang zu bringen. Die Menschen schlichen kleinlaut und verlegen zu ihrer Arbeit zurück und warteten auf die nächste Falschmeldung über Hannibal vor den Toren Roms.
Anders jedoch auf Nyvan. Hier waren die Regierungen selbst diejenigen, die hämisch Anschuldigungen gegen ihre alten Antagonisten verbreiteten. Eine koordinierte weltweite Reaktion auf die Aussicht, daß Besessene landen könnten, wurde nicht für einen einzigen Augenblick in Betracht gezogen – vollkommen ausgeschlossen auf einer Welt, in der Realpolitik regierte.
Unmittelbar nach der Landung übermittelte Joshua eine Suchanfrage an die kommerziellen Datenspeicher der Hauptstadt. Die Anzahl bewaffneter Wachen und die wenigen vom Raumhafen abgehenden Flüge ließen seine Intuition rebellieren. Er wußte, daß ihnen nicht viel Zeit blieb; die unauffällige Methode – Fragen, Kontakte, Geld – konnte hier nicht funktionieren.
Sie mieteten einen Wagen und fuhren die Hotel Row hinunter, eine von Schlaglöchern übersäte sechsspurige Autostraße, die den Raumhafen mit der zehn Kilometer entfernten Stadt verband. Lediglich zwei der Fahrspuren waren vom Schnee geräumt, und es gab so gut wie keinen Verkehr.
Dahybi benutzte seinen Prozessorblock, um die Fahrgastzelle des Achtzehnsitzers nach Wanzen abzusuchen. »Scheint sauber zu sein«, berichtete er den anderen.
»In Ordnung«, sagte Joshua. »Unsere Prozessortechnologie ist wahrscheinlich fortgeschrittener als die der Einheimischen, aber verlaßt euch lieber nicht darauf, daß wir dadurch einen permanenten Vorteil haben. Wir müssen Alkad finden, so schnell es geht, was bedeutet, daß wir unsere Tarnung vergessen können.«
Als sie sich dem gebuchten Hotel näherten, übermittelte Joshua per Datavis einen neuen Befehl an den Prozessor des Wagens. Sie steuerten am Hotel vorbei und hielten auf die Stadt zu.
»Da geht unsere Anzahlung dahin«, beschwerte sich Melvyn.
»Ich mache mir Sorgen«, erwiderte Joshua. »Ione, werden wir verfolgt?«
Einer der Sergeants saß im Fond des Taxis und zielte mit einem kleinen runden Sensorpad durch die Heckscheibe. »Ein Wagen. Vielleicht auch zwei. Im ersten sitzen schätzungsweise drei Leute.«
»Wahrscheinlich eine Art einheimischer Polizei«, vermutete Joshua. »Ich wäre überrascht, wenn sie uns Ausländer nicht gerade jetzt ganz genau im Auge behalten würden.«
»Und was sollen wir wegen ihnen unternehmen?« fragte Dahybi.
»Überhaupt nichts. Ich will ihnen keine Entschuldigung liefern, damit sie sich einmischen.« Er schaltete sich auf den Netzprozessor des Taxis und stellte eine verschlüsselte Verbindung zu Ashly an Bord des Raumflugzeugs her. »Wie sieht es bei dir aus?«
»So weit, so gut. In drei Minuten sind die Elektronenmatrixzellen wieder vollständig aufgeladen. Damit hast du zusätzliche Bewegungsfreiheit.«
»Sehr gut. Von jetzt an halten wir ständig Verbindung. Sobald das Netz der Stadt anfängt zusammenzubrechen, kommst du und holst uns. Das ist der Punkt, an dem wir unsere Aktion vorzeitig beenden.«
»Aye, Boß. Die Lady Macbeth ist eben hinter den Horizont getaucht. Ich hab’ den Kontakt verloren. Die zivilen Kommunikationssatelliten sind inzwischen allesamt außer Betrieb.«
»Falls sich für die Lady eine neue Situation ergibt, verändert sie ihren Orbit und nimmt Kontakt mit dir auf. Sarha weiß, was zu tun ist.«
»Das hoffe ich doch stark. Bevor der Kontakt abbrach, hab’ ich von Beaulieu erfahren, daß vier Voidhawks aufgetaucht sind. Sie scheinen ebenfalls in einen flachen Orbit zu gehen.«
»Die Voidhawks kommen zweifellos aus den Dorados«, erwiderte Joshua. »Ashly, sobald du wieder Kontakt mit der Lady Macbeth hast, sagst du Sarha, sie soll die Voidhawks im Auge behalten, so gut es geht. Und laßt mich wissen, wenn sie ihre Raumflugzeuge zur Oberfläche schicken.«
Der Schneefall hatte sich beträchtlich verstärkt, als Joshuas Wagen endlich bei der Adresse eintraf, die das Suchprogramm ermittelt hatte. Harrisburg sah in diesem Wetter aus wie eine Ansammlung schäbiger Straßen, die sich kaum voneinander unterschieden. Nichts lebte außer den Menschen, die in dicke Mäntel gehüllt durch den Schneematsch stapften. Riesige Reklameholos und Neonschilder blieben als einzige vom Wetter unberührt. Sie blinkten und glitzerten wie eh und je.
»Ich hätte Liol doch mit nach unten nehmen sollen«, murmelte Joshua leise vor sich hin. »Er hat gesagt, er möchte exotische
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