Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
sich keine illegalen Antimaterie-Produktionsstationen im System niedergelassen hatten.
Während die Sensoren der Lady Macbeth das armselige System visuell abtasteten, fragte sich Joshua, warum die Navy ihre Zeit verschwendete.
Er löste sich aus der visuellen Darstellung und warf einen Blick über die Brücke. Alkad Mzu lag auf einer der Reserveliegen und hatte die Augen fest geschlossen, während sie das externe Panorama absorbierte. Monica und Samuel schwebten im Hintergrund wie immer. Joshua wollte sie nicht auf der Brücke, aber die Agenten waren nicht bereit, Mzu jetzt noch aus den Augen zu lassen.
»In Ordnung, Doc, was jetzt?« fragte er. Mzu hatte Joshua und die Lady so dirigiert, daß sie eine halbe Million Kilometer über dem inneren Gasriesen des Systems in den Normalraum zurückgefallen waren, nahe der wallenden Grenzen der gigantischen Magnetosphäre des Planeten. Von hier aus hatten sie einen exzellenten Überblick über das gesamte System aus orbitierenden Monden.
Alkad regte sich auf ihrer Liege, ohne die Augen zu öffnen.
»Bitte konfigurieren Sie die Kommunikationsantenne des Schiffes auf maximale Sendeleistung und richten Sie sie auf den äquatorialen Orbit in einer Höhe von hundertfünfundzwanzigtausend Kilometern. Ich gebe Ihnen den Sendekode, sobald Sie fertig sind.«
»Ist das der Parkorbit der Beezling?«
»Ja.«
»In Ordnung. Sarha, mach die Antenne fertig, bitte. Ich denke, wir tun gut daran, einen Fehler von zwanzigtausend Kilometern mit einzurechnen, wenn wir das Signal abstrahlen. Wir wissen schließlich nicht, in welchem Zustand sie waren, als sie hier angekommen sind. Wenn wir keine Antwort erhalten, müssen wir den Suchbereich bis hin zum äußersten Mond ausweiten.«
»Aye, Captain.«
»Wie viele Leute sind eigentlich noch auf Ihrem alten Kriegsschiff, Doc?« erkundigte sich Joshua.
Alkad löste sich nur widerwillig aus dem Bild, das die neurale Nanonik vor ihr geistiges Auge projizierte. Das war es, der Stern mit der nichtssagenden alphanumerischen Bezeichnung, die sie dreißig Jahre wie einen Talisman mit sich herumgetragen hatte. Immer hatte sie gewußt, daß er dort sein und auf sie warten würde; millionenfach hatte sie überlegt, was sie ihm sagen würde, sich vorgestellt, wie es sein würde, ihn wiederzusehen. Doch jetzt, da sie endlich angekommen war und den blassen gelben Stern mit eigenen Augen sehen konnte, ergriffen Zweifel von ihr Besitz wie frostige Kälte. Jeder andere Aspekt ihres verzweifelten Plans war wegen menschlicher Schwächen und schicksalhafter Fügungen zu Staub zerfallen. Würde dieser Teil wirklich anders verlaufen? Eine Unterlichtreise über zweieinhalb Lichtjahre. Wie hatte der junge Kommandant es genannt? Unmöglich.
»Neun«, sagte Alkad schwach. »Es müßten neun sein. Bedeutet das ein Problem?«
»Nein. Die Lady Macbeth kann alle aufnehmen.«
»Gut.«
»Haben Sie sich überlegt, was Sie ihnen erzählen werden?«
»Verzeihung?«
»Meine Güte, Doc! Ihre Heimatwelt wurde ausgelöscht, der Alchimist steht nicht mehr für einen Rachefeldzug zur Verfügung, die Toten sind dabei, das Universum zu erobern, und Ihre Leute müssen den Rest ihres Lebens im Exil in Tranquility verbringen. Sie hatten vielleicht dreißig Jahre Zeit, sich an den Genozid zu gewöhnen, und Sie hatten ein paar Wochen, um sich seelisch gegen die Besessenen zu wappnen, aber für Ihre Kameraden an Bord ist noch alles wie im guten alten 2581, und sie befinden sich auf einer Kampfmission. Glauben Sie wirklich, daß Ihre Leute ruhig und gelassen auf all das reagieren?«
»O Mutter Maria!« Noch ein Problem, noch bevor sie überhaupt wußte, ob sie überlebt hatten.
»Die Antenne ist bereit«, meldete Sarha.
»Danke«, sagte Joshua. »Doc, wenn Sie jetzt den Kode in den Bordrechner übertragen würden? Und dann fangen Sie besser an, über das nachzudenken, was Sie Ihren Leuten sagen wollen. Und überlegen Sie gut; ich denke gar nicht daran, die Lady Macbeth in die Nähe eines mit Antimaterie bewaffneten Schiffes zu bringen, das nicht extrem erfreut ist, uns zu sehen.«
Mzus Kode ging über die Antenne der Lady Macbeth in einem schmalen Band im Mikrowellenbereich nach draußen. Sarha beobachtete die Operation, während der Strahl langsam das orbitale Band abtastete. Es gab keine augenblickliche Antwort – damit hatte sie auch nicht gerechnet.
Sie wartete, bis der Strahl den gesamten Orbit zweimal umrundet hatte, dann verschob sie den Fokus so, daß er eine neue
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