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Armageddon 05 - Die Besessenen

Armageddon 05 - Die Besessenen

Titel: Armageddon 05 - Die Besessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Generation. Und das gilt für Gesellschaften, die soziologisch viel weiter fortgeschritten sind als die Konföderation. Dieser Durchbruch war ein schrecklicher Unfall, und ich fürchte, daß die menschliche Rasse das alles nicht überstehen wird, zumindest nicht unbeschadet. Wir alle, sämtliche Beobachter der Kiint wollen helfen, wenigstens die Forscher auf die richtige Bahn lenken, wenn schon nichts anderes. Unsere Konditionierung ist nicht stark genug, um diese Emotionen zu verhindern.«
    »Und warum helfen Sie dann nicht?«
    »Selbst wenn die Kiint es erlaubten, könnte ich niemandem mehr nutzen. Ich bin Teil unserer gesamten Geschichte, Jay. Ich habe gesehen, wie wir uns aus schmutzigen Wilden in eine Zivilisation entwickelt haben, die sich über ganze Sternensysteme ausbreitet. Ich weiß mehr als jeder andere, wozu wir imstande wären, hätten wir nur eine Chance dazu. Und ich besitze genügend Erfahrung, um den Lauf der Dinge zu steuern, ohne daß auch nur irgend jemand Verdacht schöpft. Aber ausgerechnet in dieser schweren Phase, der kritischsten Zeit in unserer gesamten sozialen Evolution, wo meine Erfahrung überlebenswichtig ist, sitze ich hier fest.«
    »Warum?« fragte Jay drängend.
    Tracys Schultern bebten vor unterdrückten Emotionen. »Ach Kleines, hast du denn noch immer nicht bemerkt, was für ein schrecklicher Ort das hier ist? Es ist ein verdammtes Altersheim!«
     
    Der Anblick wechselte plötzlich. Mehr als zwanzig Minuten hatte Louise in einem der großen Sessel der Lounge gesessen, gehalten von einem Sicherheitsnetz, das ihren Leib in die weichen Kissen drückte. Ihre Bauchmuskeln verkrampften sich bereits, weil sie in dieser verkrümmten Stellung verharren mußte. Dann spürte sie ein schwaches Beben des Decksbodens, als die Liftkapsel hinaus auf den Schienenstrang des Orbitalturms geschoben wurde. Ein Signal ertönte. Dreißig Sekunden später jagten sie aus dem Skyhigh-Kijabe-Asteroiden hervor. Louise erhaschte einen kurzen Blick auf schmutzigweiße Metallberge, dann blieben sie hinter der Kapsel zurück. Sanft einsetzende Gravitation unterstützte Louises Muskulatur, und das Sicherheitsnetz gab ein wenig mehr nach.
    Unter ihr leuchtete die Erde in schwach opaleszierendem Licht. Auf dem afrikanischen Kontinent herrschte heller Tag, und von beiden Seiten rasten Wolken über die Ozeane herbei. Es schienen viel mehr als daheim auf Norfolk, obwohl die Far Realm damals in einem tieferen Orbit gewesen war. Vielleicht kam es daher. Louise verspürte keine Lust, in ihrem Prozessorblock die entsprechenden meteorologischen Dateien zu suchen und ein Vergleichsprogramm zu starten. Der Anblick war da, um sich an ihm zu erfreuen, nicht um ihn zu analysieren. Louise beobachtete die gigantischen weißen Spiralen, die sich langsam um die eigene Achse drehten, während sie unablässig aneinanderbrandeten. Ihre Geschwindigkeiten mußten recht beeindruckend sein, wenn sie aus dieser Höhe auffielen.
    Genevieve schaltete ihr Sicherheitsnetz ab und glitt hinüber zum Fenster der Lounge. Sie preßte das Gesicht an die Scheibe. »Wie wunderschön«, sagte sie errötend, als sie sich zu Louise umblickte. »Ich dachte, die Erde wäre ganz schmutzig.«
    Louise sah sich hastig um, besorgt wegen der Reaktion der übrigen Fahrgäste angesichts der Bemerkung des kleinen Mädchens. Wegen der geltenden Quarantäne mußten die meisten von der Erde oder aus dem O’Neill-Halo stammen. Doch niemand schien von ihnen Notiz zu nehmen. Im Gegenteil, es schien, als würden sie absichtlich nicht hersehen. Louise erhob sich und ging zu Genevieve. »Ich schätze, das ist genauso falsch wie alles andere in unseren Schulbüchern.«
    Das Halo war vor dem Hintergrund der Sterne deutlich zu erkennen, ein großes schmales Band aus Lichtpunkten, das um den Planeten herumkurvte, fast wie die flüchtige Materie der Ringe eines Gasriesen. Seit mehr als fünfhundertfünfzig Jahren hatten Konzerne und Finanzkonsortien Asteroiden in Erdumlaufbahnen geschoben. Das Verfahren war inzwischen standardisiert und Routine; zuerst erfolgte der großmaßstäbliche Abbau der Mineralien, dann wurden die Biosphärenkavernen gegraben, und anschließend, nachdem die ursprünglichen Ressourcen erschöpft waren und die Bevölkerung eine höher entwickelte Ökonomie anstrebte, die ersten industriellen Fabrikationsanlagen errichtet. Es gab inzwischen mehr als fünfzehntausend Asteroiden, die in einem gemeinsamen cislunaren Orbit trieben, und jedes Jahr kamen

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