Armageddon 05 - Die Besessenen
waren ja noch interessant gewesen. Tracy hatte Jay herumgeführt und sie den anderen Bewohnern vorgestellt, die allesamt recht munter wirkten, trotz ihres gebrechlichen Aussehens. Selbstverständlich freuten sich alle, Jay zu sehen. Sie veranstalteten einen richtigen Aufruhr, zwinkerten freundlich, tätschelten ihr den Kopf, sagten ihr, wie hübsch ihr Kleid war, boten ihr Kuchen und Plätzchen und Eis und Süßigkeiten mit eigenartigen Namen an, von denen sie meinten, Jay könne Gefallen daran finden. Sie bewegten sich nicht viel außerhalb ihrer tiefen Sessel und begnügten sich offensichtlich damit, den Ereignissen in der Konföderation zu folgen und nostalgische Fernsehprogramme aus längst vergangenen Jahrhunderten anzusehen.
Jay und Tracy verbrachten fast den halben Nachmittag in der Lounge vor dem großen Fernseher, während die Bewohner immer wieder diskutierten, welches Programm sie denn nun eigentlich ansehen sollten. Sie zappten durch geheime Regierungskonferenzen und militärische Besprechungen, alles in Echtzeit, immer wieder durchbrochen von einer Show, die sich Happy Days nannte und die sie in- und auswendig zu kennen schienen, denn sie kicherten immer schon längst, wenn das Lachen im Fernseher aufbrandete. Selbst die uralten Werbeunterbrechungen waren nicht herausgeschnitten. Jay starrte verwirrt auf die archaischen und ganz und gar nicht lustigen Charaktere und drehte immer wieder sehnsüchtig den Kopf in Richtung der Fenster. Die letzten drei Tage hatte sie am Strand verbracht und die Spiele gespielt, die ihr Versorger hervorgezaubert hatte, war viel geschwommen und hatte lange Spaziergänge am Ufer entlang und durch den friedvollen Dschungel hinter dem Strand gemacht.
Das Essen war mindestens so gut gewesen wie in Tranquility. Tracy hatte ihr sogar einen Prozessorblock mit einer AV-Linse gebracht, mit dem Jay die Unterhaltungsshows der Konföderation ansehen konnte und den sie jeden Abend ein paar Stunden eingeschaltet hatte. Und Richard Keaton war ein paarmal vorbeigekommen, um zu sehen, wie es ihr ging. Doch im Grunde genommen hatte Jay die Nase voll. Sie langweilte sich unendlich, und die Planeten, die so einladend oben am Himmel hingen, bedeuteten eine ständige Versuchung, eine Erinnerung, daß es im Heimatsystem der Kiint ein wenig mehr zu sehen gab als nur den langen Strand, wo die Menschen wohnten.
Tracy bemerkte Jays melancholische Blicke und tätschelte ihre Hand. »Kulturelle Unterschiede«, sagte sie leise, als der gedemütigte Fonz seine Einberufungspapiere von der Army erhielt. »Du mußt das Zeitalter verstehen, bevor du über den Humor lachen kannst.«
Jay nickte weise und fragte sich, wann man ihr gestatten würde, Haile wiederzusehen. Haile war viel lustiger als dieser Fonz. Dann schalteten die Alten wieder um zu dem Leitenden Admiral und dem Präsidenten.
»Dem Korpus wird wohl nichts anderes übrigbleiben als zu intervenieren«, sagte einer der anderen Bewohner, eine Dame namens Saska. »Dieser Erinnerungslöscher könnte über den Rand des menschlichen Spektrums hinausreichen. Und dann hätten wir wirklich Probleme.«
»Der Korpus wird nicht intervenieren«, entgegnete Tracy. »Das tut er niemals. Was ist, ist. Oder hast du das vielleicht vergessen?«
»Sieh in deinen Aufzeichnungen nach«, sagte eine andere Frau. »Eine ganze Reihe Spezies hat Überlegungen angestellt, ähnliche Waffen einzusetzen, nachdem sie mit dem Jenseits konfrontiert wurden. In achtzehn Fällen kamen sie tatsächlich zur Anwendung.«
»Das ist ja schrecklich! Und was ist dabei herausgekommen?«
»Sie haben allesamt nicht sonderlich gut funktioniert. Lediglich ein kleiner Prozentsatz der invers Transzendenten wurde eliminiert. Es gibt zu viele Musterverzerrungen unter den Inversen, um eine richtige Bewußtseinslöschung durchzuführen. Keine Spezies hat jemals eine Waffe entwickelt, die schnell genug arbeitete, um effektiv zu sein. Trotzdem, solche Dinge können nicht als endgültige Lösung angesehen werden, egal von welchem Standpunkt man es betrachtet.«
»Sicher. Aber dieser Idiot Haaker wird es erst merken, wenn er es versucht hat«, brummte Galic, einer der Männer. »Wir dürfen nicht zulassen, daß ein menschliches Wesen stirbt, nicht einmal einer der Inversen. Kein Mensch ist jemals endgültig gestorben!«
»Aber wir haben sehr viel gelitten«, brummte eine ärgerliche Stimme.
»Außerdem werden sie auf den entführten Welten früh genug anfangen zu sterben.«
»Ich sage dir, der
Weitere Kostenlose Bücher