Armageddon 05 - Die Besessenen
Auf diese Weise würden sie als Sympathisanten der Gruppen in Paris, Bombay und Johannesburg erscheinen, die ihre Mitbürger ebenfalls mit Bombenanschlägen terrorisierten.
Irgendwann würden die Behörden herausfinden, wer in Wirklichkeit dahintersteckte. Doch bis dahin hätte Quinn längst genügend Zellen von Besessenen etabliert, um die ewige Nacht herabzubringen.
Er kam im Tempel an und blickte sich langsam um. Eine große Kammer, prachtvoller ausgestattet als die kleinen Nester. An den Wänden wechselten sich Bilder von gewaltvoller Lasterhaftigkeit ab mit Runen und Pentagrammen. Auf dem Altar flackerte ein Kranz kleiner gelblicher Flammen rings um das invertierte Kreuz. Quinn fühlte sich von dem großen Steinblock angezogen, als die Erinnerungen an diesen Ort schließlich zurückkehrten. Die Schmerzen seiner Initiierung, weitere Qualen, als er für weitere Zeremonien mißbraucht worden war. Jedesmal hatte Banneth ernst zu ihm herabgelächelt, ein finsterer Engel, der sich barmherzig um seinen geschundenen Körper kümmerte. Drogen und nanonische Packs und eine obszöne Vielfalt von Vergnügungen, die sich mit seiner Agonie verbanden. Banneths Lachen hatte ihn mit der Kraft einer unsittlichen Berührung umschlungen. Sie/er/es, ein schreckliches androgynes multisexuelles Monster, hatte ihn dazu konditioniert, in einer Weise auf die Folter zu reagieren, die das größte Vergnügen bereitete – für Banneth. Irgendwann waren die beiden extremen Gefühle miteinander verschmolzen, waren eins geworden.
Ein Triumph, wie Banneth erklärt hatte.
Die Erschaffung des perfekten Sektenwesens. Die Geburt der Schlange.
Quinn musterte den Altar mit einem neugierigen Blick. Er sah sich selbst daran gefesselt, und seine Haut glitzerte vor Blut und Schweiß, während er geschrien hatte. Der Schmerz und die Bilder waren noch immer real, doch er konnte sich an nichts erinnern, was vorher gewesen war. Fast, als hätte Banneth sein Fleisch zur gleichen Zeit erschaffen wie sein Bewußtsein.
»Quinn? Bist du das, Quinn?«
Quinn wandte sich langsam um und musterte die bleiche Gestalt, die in der ersten Kirchenbank saß. Ein Gesicht, das er zu kennen glaubte; es gehörte zu diesem Ort, aber die Zeit lag lange, lange zurück. Die Gestalt erhob sich, ein Heranwachsender mit hängenden Schultern in einer abgerissenen Lederjacke und schmutzigen Jeans. Er war jämmerlich substanzlos. »Du bist es, Quinn, nicht wahr? Ich bin es, Erhard.«
»Erhard?« Quinn erinnerte sich immer noch nicht.
»Verdammt, wir haben lange genug Scheiße geschaufelt. Du mußt dich doch an mich erinnern!«
»Ja. Ja, jetzt fällt es mir wieder ein.« Ein Akolyth, ein Novize, der ungefähr zur gleichen Zeit wie Quinn der Sekte beigetreten war. Es hatte ihm an der nötigen Stärke gefehlt, die Bruderschaft zu überleben. Die gleiche unerbittliche Tortur und Folter, die Quinn hart gemacht hatte, war Erhards Verderben gewesen. Alles hatte in einem Ritual im Tempel geendet. Banneth hatte von Anfang an nicht geplant, daß Erhard überleben würde. Es hatte Vergewaltigungen und Foltern und Drogen und Parasiten nach Banneths eigenen Entwürfen gegeben, Ungeheuerlichkeiten, die unter den heißen Gesängen und dem wilden Gelächter aller Mitglieder im Hauptquartier stattgefunden hatten. Erhards letztes Flehen hatte ihren Chor übertönt, ein hohes Heulen unaussprechlicher Qual. Dann hatte Banneth den juwelenbesetzten Opferdolch in einer schnellen Bewegung herabgestoßen.
Die Freude, die Quinn an diesem Tag erlebt hatte, war nahezu orgastisch gewesen. Er war derjenige gewesen, den Banneth auserwählt hatte, das Messer für sie/ihn/es zu tragen.
»Es ist nicht fair, Quinn. Ich gehöre nicht hierher. Ich hasse diesen Ort. Ich hasse die Sekte.«
»Du hast niemals deine Schlange gefüttert«, sagte Quinn voller Verachtung. »Sieh dich an. Du bist genauso ein Verlierer wie eh und je.«
»Das ist nicht fair!« kreischte Erhard. »Ich wußte nicht, wie die Sekte war! Nicht wirklich. Und dann hat sie mich umgebracht! Du hast mich umgebracht, Quinn! Du warst einer von ihnen.«
»Du hattest es verdient.«
»Leck mich. Ich war gerade erst neunzehn! Ich hatte noch ein Leben vor mir, und du hast es mir genommen, du und diese Psychopathin Banneth! Ich werde Banneth töten! Ich habe geschworen, sie zu töten!«
»Nein«, fauchte Quinn. Erhard heulte auf und wich ängstlich zurück. »Banneth wird nicht sterben«, sagte Quinn. »Niemals. Banneth gehört mir ganz allein.«
Der
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