Armageddon 06 - Der nackte Gott
Schicksal Unsterblichkeit ist.«
»Ich werde es tun«, sagte er. »Ehrlich, ich werde es tun.«
Sie tätschelte ihn tröstend und deckte ihn wieder zu. »Sehr gut. Für den Augenblick wirst du hier liegen bleiben. Luca wird ein paar der Männer zusammentrommeln, die dich in dein Zimmer tragen. Ich gehe derweil hinüber in die Küche und rede mit Cook, welche Nahrungsmittel sie auf Lager hat. Wir werden dir anfangs zahlreiche kleinere Mahlzeiten am Tag geben. Ich möchte vermeiden, daß dein Verdauungssystem plötzlichem Streß ausgesetzt wird. Aber es ist wichtig, daß wir dir endlich wieder ein paar vernünftige Nährstoffe zuführen.«
»Danke sehr.«
»Es gibt ein paar Dinge, mit denen ich dir die ganze Sache erleichtern kann, aber die Vorbereitungen brauchen Zeit. Wir werden heute nachmittag mit der Behandlung anfangen.«
Sie wandte sich um und verließ die Zimmermannswerkstatt. Die Küche von Cricklade Manor lag auf der Rückseite des Herrenhauses, ein langer, rechteckiger Raum zwischen den Lagerräumen des Westflügels und der Haupthalle. Sie war mit schwarzem und weißem Marmor gefliest, und eine Wand wurde von einem gewaltigen Herd eingenommen, dessen wilde Hitze nicht einmal die weit geöffneten Fenster vertreiben konnten. Zwei von Cooks Helfern nahmen Brotlaibe aus den großen Backöfen und klopften sie aus ihren Blechformen auf Drahtgestelle, die unter einem Fenster standen. Drei weitere Gehilfen arbeiteten an den Spülbecken und putzten Gemüse für das Abendessen. Cook selbst beaufsichtigte einen Metzger, der auf der großen Mittelplatte ein frisch geschlachtetes Schaf zerlegte. Kupferkessel und -pfannen aller Größen und Formen baumelten von einem großen Gestell herab wie Segmente eines schimmernden Halos. An der dem Ofen gegenüberliegenden Seite hatte Carmitha ihre Kräuter zwischen den Töpfen aufgehängt, wo sie schneller trockneten.
Sie winkte Cook zu und ging zu Véronique, die am Spülbecken saß und auf dem hölzernen Schneidbrett Karotten schnitt. »Wie geht es dir?« fragte Carmitha.
Véronique lächelte und legte anbetend die Hand auf ihren hochschwangeren Leib. »Ich kann kaum glauben, daß er noch nicht heraus will. Ich muß alle zehn Minuten pinkeln. Bist du ganz sicher, daß es nicht Zwillinge werden?«
»Du kannst ihn inzwischen selbst fühlen.« Carmitha fuhr mit der Hand über das Baby und spürte nichts als warme Zufriedenheit. Véronique war die Possessorin von Olive Fenchurch, einer neunzehn Jahre alten Magd, die ihren Geliebten, einen Landarbeiter vom Gutshof, vor ungefähr zweihundert Tagen geheiratet hatte. Eine kurze Verbindung, gefolgt von einer ebenfalls kurzen, biologisch absolut unglaublichen Schwangerschaft. Sie stand im Begriff, nahezu siebzig Tage zu früh zu gebären. Doch das war inzwischen auf Norfolk durchaus normal.
»Ich will nicht«, sagte Véronique scheu. »Es könnte ein schlechtes Omen sein oder so.«
»Nun, dann glaub mir einfach, es geht ihm prächtig. Wenn er sich bewegen will, werden wir es alle rechtzeitig erfahren.«
»Ich hoffe nur, es dauert nicht mehr so lange.« Die junge Frau rutschte unbehaglich auf ihrem Holzstuhl hin und her. »Mein Rücken bringt mich sonst noch um, und ich kriege bald Plattfüße.«
Carmitha lächelte mitfühlend. »Ich komme heute abend vorbei und massiere dir ein wenig Pfefferminzöl in die Beine. Das sollte dich aufmuntern.«
»Oh, danke sehr! Du hast die geschicktesten Hände von allen.«
Es war beinahe, als hätte die Possession nicht stattgefunden. Véronique besaß eine so stille, sanfte Natur, eifrig darauf bedacht, allen zu gefallen, und Olive unglaublich ähnlich. Einmal hatte sie Carmitha gestanden, daß sie bei einer Art Unfall gestorben war. Sie wollte nicht sagen, wie alt sie gewesen war, doch Carmitha vermutete, höchstens um die fünfzehn – Véronique hatte hin und wieder von Schikanen in ihrem Tagesclub erzählt.
Inzwischen vermischte sich ihr französischer Akzent mit dem schweren Dialekt Norfolks. Es war eine ungewöhnliche Kombination, obwohl sie angenehm klang. Die reichen Selbstlaute Norfolks wurden mit jedem Tag deutlicher, je mehr das Durcheinander abklang, das besessene Bewußtseine auszeichnete. Carmitha hatte diesbezüglich bereits eine ganz eigene Vermutung.
»Hast du von Mister Butterworth gehört?« fragte sie.
»Ja, warum?« antwortete Véronique. »Geht es ihm wieder besser?«
Interessant, daß sie nicht Johan in ihm sieht, dachte Carmitha, dann fühlte sie sich schäbig
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