Armageddon 06 - Der nackte Gott
endlich, endlich einmal die Wahrheit zu, Stephanie Ash. Ich habe das getan, was richtig war. Ich habe die Verteidigung von zwei Millionen Seelen organisiert, einschließlich deiner eigenen, und verhindert, daß du in diesen namenlosen Horror zurückgestoßen wurdest. Sag mir, Stephanie, habe ich das Richtige getan oder nicht?«
Stephanie schloß die Augen, und kleine Tränen traten zwischen den Lidern hervor und rannen über ihre Schläfen. Vielleicht hat die Eklund ja tatsächlich recht. Vielleicht versuche ich ja tatsächlich, dieses monströse Verbrechen zu ignorieren. Aber wer würde das nicht? »Ich weiß, daß das, was ich getan habe, falsch war. Ich habe es immer gewußt. Aber ich hatte keine andere Wahl.«
»Danke, Stephanie Ash. Ich danke dir.« Die Eklund wandte sich zu Sinon um. »Und du, Mordmaschine, wenn du an das glaubst, was du sagst, warum schaltest du dich dann nicht einfach ab, damit wir richtigen Menschen länger leben können? Du verschwendest unsere Luft!«
»Ich bin ein richtiger Mensch. Vermutlich sogar mehr, als Sie es jemals sein werden.«
»Die Zeit wird kommen, da werden wir die Schlange in den Abgrund zurückstoßen.« Sie grinste ohne jede Spur von Humor. »Und wenn es soweit ist: Genieße den Fall. Es sieht ganz danach aus, als könnte es ein sehr, sehr langer Fall werden.«
Sylvester Geray öffnete die breite Doppeltür zu Prinzessin Kirstens privatem Büro und winkte Ralph einzutreten. Die Prinzessin saß mit dem Rücken zu den großen offenen französischen Fenstern an ihrem Schreibtisch, und eine leichte Brise spielte mit ihrem Kleid. Ralph nahm vor dem Schreibtisch Haltung an, salutierte und legte dann seine Flek auf den Tisch. Er hatte während des gesamten Fluges von Xingu hierher am Inhalt der einzelnen Datei gearbeitet, die auf der Flek gespeichert war.
Kirsten warf mit geschürzten Lippen einen Blick auf den Datenträger, ohne Anstalten zu machen, ihn in die Hand zu nehmen. »Und das wäre …?« fragte sie mit dem Tonfall von jemandem, der ganz genau wußte, welcher Inhalt sich auf der Flek befand.
»Mein Rücktritt, Ma’am.«
»Abgelehnt.«
»Ma’am, wir haben bei Ketton zwölftausend Serjeants verloren, und Gott allein weiß, wie viele besessene Zivilisten mit ihnen gegangen sind. Ich habe den Befehl erteilt. Ich allein bin verantwortlich für diese Katastrophe.«
»Das sind Sie, ganz ohne Zweifel. Sie haben diese Verantwortung übernommen, als König Alastair Ihnen den Befehl über die Befreiungskampagne übertrug. Und Sie werden diese Verantwortung weiter tragen, bis der letzte Besessene auf Mortonridge in Null-Tau gelegt wurde.«
»Das kann ich nicht, Ma’am.«
Kirsten schenkte ihm einen mitfühlenden Blick. »Setzen Sie sich, Ralph.« Sie deutete auf einen der Besucherstühle vor dem Schreibtisch. Eine Sekunde lang sah es danach aus, als würde er sich weigern, doch dann nickte er niedergeschlagen und nahm Platz.
»Jetzt wissen Sie, was es heißt, ein Saldana zu sein, Ralph«, sagte sie zu ihm. »Zugegeben, wir stehen nicht jeden Tag vor derart großen Entscheidungen, aber sie passieren nichtsdestotrotz diesen Schreibtisch hier. Mein Bruder hat Flottenoperationen befohlen, die weit mehr Leben gekostet haben als Ketton. Und Sie von allen Menschen müßten eigentlich am besten wissen, daß wir direkt die Eliminierung von Bürgern lizensieren, die dem Königreich eines Tages Probleme bereiten könnten. Es sind nicht sehr viele, und es geschieht wahrscheinlich auch nicht häufig, aber im Verlauf eines Jahrzehnts kommen doch einige zusammen. Diese Entscheidungen müssen getroffen werden, Ralph. Also beiße ich die Zähne zusammen und unterschreibe die notwendigen Befehle. Die wirklich harten Befehle, an denen sich das Kabinett ein Jahr lang die Zähne ausbeißen würde, wenn es je damit konfrontiert würde. Das ist wirkliche politische Macht. Entscheidungen zu treffen, die unmittelbar das Leben von anderen betreffen. Es ist das tägliche Brot von uns Saldanas, das Königreich zu regieren. Nennen Sie uns, wie Sie wollen, Ralph, skrupellose Diktatoren, herzlose Kapitalisten oder wohlwollende Wächter, die von Gott eingesetzt wurden. Der Punkt ist, daß wir sehr gut sind in dem, was wir tun. Und das liegt daran, daß wir die notwendigen Entscheidungen ohne das geringste Zögern treffen.«
»Dazu wurden Sie auch ausgebildet, Ma’am.«
»Zugegeben. Aber das gleiche gilt auch für Sie, Ralph. Ich gestehe ja, daß die Tragweite hier sehr viel weitreichender
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