Armageddon 1 - Das Musical
»Sie sol ten sich besser noch nicht
für eine Seite entscheiden, mein lieber Freund Rex. Schließlich kann man
nie wissen, wann man die andere noch braucht, oder?«
Rex hörte es, doch außer ihm niemand. Nicht einmal der telepathische
Kohl im Kopf von Elvis Presley.
Mungo Madoc thronte auf seinem Vorstandssessel aus Kistenhecke. Die
übrigen Vorstandsmitglieder beobachteten ihn und teilten ein Gefühl
von Unruhe. Sie warteten auf ein Zeichen, wie einst die drei Weisen aus
dem Morgenland. Einen Stern am Himmel vielleicht? Oder vielleicht
auch nicht. Ein einfaches Kopfnicken oder ein Zucken des Fingers hätte
die Spannung ohne weiteres ein wenig senken können. Doch Mungo tat
nichts dergleichen. Er saß einfach nur in seiner Kistenhecke und starrte
ins Leere. Mungo kommunizierte mit den Geldgebern. Die Telefonistin-
nen hatten die entsprechenden Stöpsel gestöpselt und dann den strategi-
schen Rückzug in die Betriebskantine angetreten, in dem beruhigenden
Wissen, daß kein aufgebrachter Mob das Gebäude belagern und nach
den Köpfen der dort Arbeitenden lechzen würde. Nichts auf Phnaargos
konnte die Zuschauer von ihren Fernsehern locken. Denn diese Fernse-
her zeigten nun zum allerersten Mal Die Erdlinge in ihrer vollen, unge-schnittenen und unzensierten Nacktheit. Der Dalai Dan, Rex und Elvis
mit dem Kohl im Kopf mochten fehlen, doch das gewaltige und gewalt-
tätige Spektakel zweier großer menschlicher Religionen, die einander mit
unrecycelten Exkrementen bewarfen, war viel zu gut, um es nicht live
anzusehen. Und nachdem der Dalai verstorben und Gloria Mundi eine
unbekannte Größe war, hatten sich die alten Machtverhältnisse bereits
zu verschieben begonnen.
Unvermittelt bewegte sich Mungo ruckhaft nach vorn, und mehrere
der schwächeren Vorstandsblasen entleerten sich ängstlich.
»In Ordnung« sagte er. »Ich habe mich jetzt groß und breit mit unseren
Geldgebern unterhalten, und es wird Sie sicherlich freuen zu hören, daß
sie bereit sind, Jason Morgawrs Armageddon-Szenario zu genehmigen.
Mit der einen oder anderen unbedeutenden Änderung, aber das muß
niemandem von Ihnen mehr den Kopf zerbrechen. Ich möchte jetzt
noch einmal die Situation absolut klar und deutlich vor ihnen ausbreiten.
Die Serie, wie wir sie kennen, steht unmittelbar vor ihrem Ende.« Er hob
beschwichtigend die Hände, als seine Mitarbeiter entsetzt aufschrien.
»Wir haben sehr gründlich darüber nachgedacht, das darf ich Ihnen ver-
sichern. Doch die Serie hatte wie jede andere auch von Anfang an nur
ein beschränktes Budget, und unsere Geldgeber sind nicht bereit, sie
noch länger zu finanzieren. Keine Geldgeber, kein Budget – kein Budget,
keine Serie. Morgawr, halten Sie diesen Mann auf…!«
»Zu spät.« Morgawr starrte durch das offene Fenster. Der fal ende
Körper wurde kleiner und kleiner, und bald war er ganz verschwunden.
Mungo schüttelte den Kopf und schnüffelte an einer Blume in seinem
Revers. Er inhalierte den schweren, narkotisierenden Duft aus vollen
Zügen. »Meine Herren! Bevor noch jemand von Ihnen einen derart un-
durchdachten Schritt macht, schlage ich vor, daß Sie mich zuerst ausre-
den lassen.« Die Vorstandsmitglieder nahmen wieder auf ihren Kistenhe-
cken Platz, lösten ihre Krawatten und tranken große Schlucke Wasser.
»Wir alle haben uns nach Kräften bemüht, diese Serie so lange wie mög-
lich am Leben zu halten. Die Großnase al ein weiß, wie viele radikale
Vorschläge und unglaubliche Interventionen es im Verlauf der Jahre gab.
Doch die großen Jungs ganz oben haben genug. Sie sind eisenhart. Die
Serie muß enden, solange die Zuschauerzahlen so hoch sind. Wenigstens
kommt es auf diese Weise zu einem spektakulären Abgang. Und billig ist
er obendrein. Und damit haben wir Raum für etwas absolut Neues. Et-
was noch nie Dagewesenes.«
» Earth 2: Die Fortsetzung viel eicht?« schlug Jason Morgawr vor.
»Traurigerweise nein, mein junger Freund. Diesmal müssen wir nach
den Regeln spielen, fürchte ich. Niemand mehr wird sich in die Drehbü-
cher einmischen, und es wird keine Improvisation mehr geben. Diese
neue Serie folgt einem absolut innovativen Konzept und besitzt einen
weitaus größeren Maßstab. Ich darf ihnen im Augenblick noch nicht
mehr verraten, doch wenn ich die Worte substantiel e Gehaltserhöhun-
gen benutze, dann hoffe ich sehr ernsthaft, Sie ein wenig zu beruhigen.«
Der gesamte Vorstand sprang wie ein einziger Phnaarg auf.
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