Armageddon 3 - Das Remake
mich nicht lieb!«, heult Chico los.
»Sie ist aus der Stadt verschwunden«, sage ich und tätschele
das Kind am Kinn. »Ich hab dich erst vor einer halben Stunde
kennen gelernt, und ich liebe dich schon wie einen eigenen
Sohn.«
»Das kommt, weil ich so hässlich bin, oder?«
»Hässlich? Kind, du bist wundervoll! Wie war das noch mit
dem Taschendreck?«
»Meine Mami hasst mich!« Chico setzt ein Gesicht auf, wie es
nur eine Mutter lieben kann. Aber offensichtlich nicht seine.
»Kleiner«, sage ich zu ihm, »du hast echtes Glück. Ich hatte
nie eine Mutter.«
»Laz«, mischt sich Rex ein. »Jeder Mensch hat eine Mutter.«
»Nicht ich, Kumpel. Ich wurde von einem Schreiber detekti-
vischer Fiktion gezeugt.«
»Darauf kann ich dir keine Antwort geben.«
»Ich werde mich selbst enthaupten«, stöhnt Chico. »Chirur-
gisch abtrennen.«
»Ich mach es für dich«, sagt Harpo. »Das macht mir über-
haupt nichts.«
»Oh, haben wir etwa plötzlich so etwas wie einen Sinn für
Humor entwickelt? Nimm das!«
Chico erwischt Harpo mit einem rechten Aufwärtshaken am
Kinn. Harpo kontert mit einem linken Schwinger.
»Kinder!« Rex drängt sich heran, um die beiden widerstrei-
tenden Arme des Kleinen zu trennen. »Was ist denn das für
eine Art!«
»Chico hat damit angefangen!«
»Ja, sicher. Muttersöhnchen.«
»Das reicht jetzt. Chico, du solltest es wirklich besser wissen.
Du bist doch angeblich der Sprecher des Interplanetaren Par-
laments!«
»Ja«, sage ich. »Du hast wirklich wichtigere Dinge zu tun, als
dich mit deinem Bruder zu streiten. Du solltest deine magi-
schen Kräfte lieber zum Nutzen der Menschheit einsetzen.«
»Du hast ja Recht.« Chico nickte eifrig. »Ich habe eine Auf-
gabe zu erfüllen. Ich sag dir was: Ich spreche Das Wort und
transferiere Harpo auf deine Schulter, in Ordnung?«
»Nein, nein! Augenblick mal!« Ich schiebe den zweiköpfigen
Racker zu Rex auf den Schoß. »Mach das lieber bei deinem
Kumpel hier. Er ist der gute Vater.«
»O nein, bin ich nicht!«
»O doch, bist du wohl!«
»Das reicht jetzt!« Rex schneidet eine wütende Grimasse.
»Das reicht jetzt wirklich. Wir haben keine Zeit für all diesen
Unsinn!«
»Unsinn?« Hätte ich meinen Hut noch, ich würde ihn vor
dem Burschen ziehen. Man muss schon ein ganz besonderer
Menschenschlag sein, um auf der Ladefläche eines zeitreisen-
den Volvos von einer alternativen Realität hereingeschneit zu
kommen, mit einem zweiköpfigen Balg auf dem Schoß in der
Presley-Bar zu sitzen und sich dann bei einem Privatschnüffler
des fünfundzwanzigsten Jahrhunderts zu beschweren, dass
man keine Zeit für Unsinn habe. Oder vielleicht auch nicht.
»Also schön«, sage ich. »Dann reden wir ab jetzt Klartext.«
»Harpo/Chico?«, fragt Rex.
»Meinetwegen.« Chico zuckt mit einer Schulter.
»Harpo?«
»Sorg nur dafür, dass Chico mir aus dem Rücken bleibt.«
»Das ist immer noch unser Rücken.«
»Meinetwegen aus unserem Rücken.«
»Gut. ’tschuldigung, Kumpel.«
»Gut.« Rex wippt das Balg. »Wie ich die Sache sehe, wollen
wir alle hier irgendwas. Laz beispielsweise will den Presley-
Schatz. Chico möchte sämtliche Probleme dieser Welt lösen.
Harpo will zu seiner Mama. Und ich will…«
»Rex«, werfe ich ein. »Wir haben nicht mehr genügend Zeit,
um uns alles anzuhören, was du so willst.«
»Wahrscheinlich, ja. Aber ich bin sicher, wenn wir all unsere
Ressourcen zusammenwerfen, sind wir in der Lage, genau das
zu bekommen, was wir wollen.«
»Sehe ich auch so«, sage ich und sehe es auch so.
»Sprich weiter«, fahre ich mit mehr Ermunterung fort als ein
brahmanischer Tempeltänzer beim erotischen Abendessen mit
einem Braunhemd.
»Das werde ich. Also, ich gebe nicht vor, die Antwort zu
kennen. Weil ich überhaupt nicht weiß, wie die Frage lautet.
Aber ich weiß das: Crawford ist hier, der Teufel persönlich ist
hier, verkleidet als ich. Ich bin hier, ihr seid hier. Alle sind hier,
und irgendetwas gewaltig Großes wird passieren.«
»Äh, Rex?« Harpo hebt seine Hand.
»Ja, Harpo?«
»Rex, hattest du in deinen anderen Büchern eigentlich Er-
folg? Entschuldige, wenn ich das frage, aber du scheinst ein
wenig…« Harpo schüttelt seine Hand in der Windelregion.
»Oh, danke sehr. Ich bin rein zufällig der Held, weißt du?«
» Ich bin der Held, Rex«, sage ich und klopfe mir ein oder
zweimal auf den Trenchcoat.
» Ich bin der Held, ich meine, wir sind der Held.«
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