Armeen Der Nacht
sie ja nicht nach ihrem Gesicht, und ja keine spöttische Bemerkung, hörst du?«
»So häßlich, hm?«
»Das kann ich dir nicht sagen, Ouleh. Sei so gut und sag das auch deinen Freunden, ja?«
»Ich? Gut? O Ahdio! Bester Wein und bestes Bier für sie statt Bocksfuß' Gesöff. Wußte gar nicht, daß du so reiche Verwandte hast in Twand oder sonstwo, Großer.« Sie lächelte herausfordernd. Das konnte Ouleh sehr gut. »Ich würd' sagen, wir haben die Ehre eines Besuchs der geheimnisvollen verschleierten Dame, von der ganz Freistatt redet! Deine Base, Ahdio?«
Ahdio blinzelte. Die geheimnisvolle verschleierte Dame, von der ganze Freistatt redet? Wenn das stimmte, wieso hatte dann er nicht von ihr gehört? Gewiß, das gehörte nicht zu der Art von Klatsch, für die sich seine Gäste interessierten. Sie unterhielten sich lieber über ihre Arbeit und tratschten, wer was mit wem trieb und wer als nächster bei Ouleh an die Reihe kam. Er blickte über sie hinweg auf die beiden neuen Gäste, die darauf warteten, daß er ihnen die bestellten Getränke brachte. Die üppige Lieblingsdirne seiner Gäste hatte sie gerade treffend beschrieben: eine geheimnisvolle verschleierte Dame. Andererseits mochte sie trotz ihrer Vermummung einem ähnlichen Gewerbe wie Ouleh nachgehen.
Nein, nicht mit der Aura, die sie umgab; sie bewegte sich, ja saß sogar wie eine feine Dame.
»Sei einfach so gut, Männermörderin, oder so schlimm wie üblich, aber laß sie in Ruhe, sowohl mit den Händen wie mit deinem Mundwerk.« Als ihm bewußt wurde, wie barsch seine Worte klangen, lächelte er und fügte hinzu. »Bitte. Und noch was. Jeder, der ihr oder ihrem Gefährten zu nahe tritt, fliegt hinaus!«
Jetzt blinzelte Ouleh überrascht. »»Gefährte! Das ist Wints, Großer. Er ist kein Gefährte — jedenfalls für niemanden wie sie. Ihr Leibwächter, vielleicht. Ihr Diener. Jemand, den sie gefunden hat, um ihr bei dem zu helfen, was sie tut — sich in verrufenen Vierteln herumtreiben! Ich sag's den anderen — dir zuliebe.« Sie ließ den Blick über die Tische schweifen. »Aber andere werden denken, daß sie hier nichts verloren hat und daß Wints sich aufplustert, und das geht ihnen vielleicht gegen den Strich.«
»Wer heute hier Unruhe stiftet, Ouleh, bekommt es mit mir zu tun!«
Sie lächelte ihn lässig an, beugte sich auf der Theke wieder vor, um ihm ein Paar bleiche Fleischberge zu zeigen und die tiefe dunkle Kluft dazwischen. »Wie immer, richtig, Großer? Ich meine ja nur, daß es trotzdem dazu kommen könnte.«
Er seufzte. Er wußte selbst nicht, warum, aber er sagte: »Ouleh, kannst du ein Geheimnis bewahren?«
»Ich würde niemals ein Geheimnis verraten! Ich schwör's bei meinem Schatzkästchen!« Ihr Finger glitt über ihren ausladenden Busen. Ahdio blickte unvermittelt zur Decke. »Was hast du denn, Ahdio? Kannst du sie nicht sehen? Möchtest du, daß ich lose Gewänder bis zum Kinn trage?«
Ich hätte weniger Prügeleien und Streit, wenn du es tätest, dachte er, laut sagte er jedoch: »Ich habe bloß auf den Blitz auf deinen Schwur gewartet. Wie auch immer, hör zu: Erstens spendiere ich dir einen Becher von diesem besten Wein. Zweitens erzählst du jetzt herum, was ich dir auf getragen habe. Drittens, und das ist jetzt das Geheimnis, Männerfresserin, ist die Dame meine Lady. Sie ist bloß hierhergekommen, um mich zu sehen. Du verstehst doch, daß ich auf sie aufpassen muß, nicht wahr? Hier ist dein Wein. Und jetzt hilfst du mir, ja?«
»Ohh, Ahdio! Wi-i-rklich? Deine La... Ahdio, du Teufel! Und ich hab's seit Jahren darauf angelegt, dich mit der Mütze einzufangen!«
Warum tue ich das für eine Fremde, die durchaus eine Abenteuerin sein könnte, oder eine Bey, die mit ihrem Ilsiger Käufling hier herumspionieren will, fragte er sich. »Ah, hast du das? Du hast ja nicht einmal eine Mütze.«
Sie hielt den feinen Kelch mit einer Hand und den Ausschnitt ihrer Bluse mit der anderen. »Nein? Wie nennst du dann das?« Sie riß die Bluse über die Spitze ihres linken Berges hinunter, hielt sie drei Herzschläge lang so, dann zog sie sie wieder über die Warze. Lachend drehte sie sich um und ging.
Ahdio schüttelte mit geschlossenen Augen den Kopf, füllte einen neuen Kelch mit dem besten aller Weine und schenkte Wints' Krug nach, da der Schaum sich inzwischen gesetzt hatte. Damit ging er zu dem Tisch an der Wand. Sein Kettenhemd klingelte. Als er an einem Stammkunden namens Wiesel vorbeikam, hörte er, wie der staunend
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