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Armegeddon Rock

Armegeddon Rock

Titel: Armegeddon Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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bin unzurechnungsfähig im juristischen Sinn. Butcher hat mich für rechtlich unzurechnungsfähig erklären lassen. Das macht mich also verrückt, nehme ich an.« Er sah zu Sandy auf, und das schwache Lächeln verschwand. Sein Mund zitterte, und für einen Moment sah es aus, als würde er gleich weinen. »Sandy, ich bin… durcheinander. Ich war echt fertig, als ich aus dem Knast kam. Chronische Depression haben sie’s genannt. Sie haben mich in eine Nervenklinik gebracht und mir Elektroschocks verpaßt. Therapie nennen sie das, Therapie. Und Sandy, seitdem… na ja, vielleicht bin ich nicht so deprimiert, aber es ist, als hätte ich Angst – Angst, daß sie die Schocksache noch mal machen. Und ich kann mich an manches nicht mehr erinnern. An Sachen, an die ich mich erinnern sollte. Es ist, als wäre ein Teil meines Verstandes weg. Also haben sie wohl recht. Ich bin verrückt. Aber es ist ihre Schuld, Sandy. Es ist Butchers Schuld.« Er schlang die Arme um sich und zitterte heftig.
    Sandy spürte, wie er immer wütender wurde, aber er versuchte sich zu zügeln. »Was ist mit diesen psychotischen Anfällen?« fragte er. »Bist du wirklich gewalttätig?«
    »Als ich das erste Mal aus dem Krankenhaus nach Hause kam, hab ich versucht abzuhauen. Ich wollte nach Kanada zurück. Butcher wollte mich nicht gehen lassen, da hab ich ihn mit einem Messer bedroht. Mit einem Küchenmesser. Er kam einfach daher und nahm es mir weg, und er hat mich geohrfeigt und mir erklärt, er hätte gewußt, daß ich zuviel Schiß hätte, es zu benutzen. Er hatte noch dazu recht. Das war einer meiner Anfälle. Manchmal drehe ich durch und werfe mit irgendwas. Letzte Woche hab ich Butchers ›Vater des Jahres‹-Pokal für 1964 zertrümmert. Er wird gerade wieder zusammengeflickt. Ich bin ein gefährlicher Irrer, Sandy. Ein gefährlicher, gewalttätiger, unzurechnungsfähiger Irrer. Ich muß sogar einen elektrischen Rasierapparat benutzen.« Er zwang sich zu einem Lächeln. »Es ist wirklich schön, dich zu sehen, Sandy. Wie geht’s der alten Gang? Siehst du sie noch?«
    »Nein«, sagte Sandy. »Schon lange nicht mehr. Aber erst vor kurzem hab ich sie alle gesehen, einen nach dem anderen, während ich durch’s Land gefahren bin. Deshalb bin ich hier.«
    »Wie geht’s Maggie?« fragte Slum. »Wenn du sie wieder siehst, sag ihr, daß ich viel an sie denke, ja?« Er blickte wieder auf seine Hände hinab. »Ich war seit dem Knast nicht mehr mit einer Frau zusammen. Ich bin impotent. Ich weiß nicht, ob es die Elektroschocks waren oder die Zeit im Gefängnis. Das Gefängnis war ziemlich schlimm. Ich bin etliche Male vergewaltigt worden. Es war, als ob das etwas in mir drin zerbrochen hätte, was Starkes, das mich zu mir gemacht hat. Vergewaltigung kann so was bei einem bewirken.«
    Sandy war bestürzt. »Ich kann es nicht glauben! Wo warst du denn da? Ich dachte, Drückeberger würden in saubere kleine Anstalten mit Mindestsicherheitsmaßnahmen geschickt, wo solche Sachen nicht vorkommen.«
    Slum lächelte. »Nein, das ist für die Watergate-Burschen. Oh, kann sein, daß manche, die sich vor dem Wehrdienst drücken, Mindestsicherheit kriegen, aber die haben nicht Butcher zum Vater. Ich kann’s nicht beweisen, aber ich glaube, er war derjenige, der mir das angetan hat. Der Richter war ein alter Verbindungskumpel von ihm. Butcher wollte nicht, daß man mich mit Samthandschuhen anfaßte, er dachte, eine harte Zeit würde mir guttun. Ich hab meine Zeit in einer Höchstsicherheitsanstalt abgesessen, bis ich ausgerastet bin.« Er runzelte die Stirn. »Wenn ich den Leuten das sage, wenn ich ihnen erzähle, daß Butcher derjenige war, der das getan hat, dann sagen sie, es zeigt nur, wie unzurechnungsfähig ich bin. Paranoid. Gebe meinem Vater die Schuld für alles. Er ist es auch gewesen, der mich an die Polizei verpfiffen hat, als ich zur Beerdigung meiner Mutter zurückgekommen bin.«
    »Bist du sicher? Nicht mal Butcher…«
    »Oh, er hat’s zugegeben. Ich war ein Krimineller. Ich hatte mich meinem Verbrechen wie ein Mann zu stellen und die Konsequenzen meiner Handlungen zu tragen. Die Konsequenzen waren rund hundert Millionen Schwänze in meinem Arsch, glaube ich. Am Schluß hab ich mich nicht mal mehr gewehrt.« Er hatte jetzt Tränen in den Augen. »Sandy, warum bist du nicht zu Besuch gekommen? Oder hast mir zumindest geschrieben? Es war wirklich übel da drin, Sandy, ich hätte ein paar Freunde brauchen können. Ich hab immer gehofft, daß du

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