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Armegeddon Rock

Armegeddon Rock

Titel: Armegeddon Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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ein vierter Nazgûl dabei sein. Ein neuer Leadsänger, oder ein alter. Kommt drauf an, wie man es sieht. Und es wird jemand Großes sein. Der letzte auf der Welt, den Sie erwarten würden.«
    »Können Sie’s mir inoffiziell sagen?«
    »Tut mir leid.« Bedauerndes Kopf schütteln.
    »Nicken Sie, wenn ich richtig liege?«
    Kryptisches Lächeln.
    »Der letzte, den ich erwarten würde, eh? Hmmm. Rod Stewart? Nein? Mick Jagger? Elton John? Shit. Bruce Springsteen? Das ist es, stimm’s? Nein? Scheiße. Jemand Großes, haben Sie gesagt? Keine Ahnung. Paul McCartney?«
    Dem Reporter von Time, einem sarkastischen Burschen, wurde das Ratespiel am schnellsten langweilig. »Ich weiß«, sagte er zuletzt. »Es ist Elvis.«
    »Warm«, erklärte ihm Sandy amüsiert und wollte dann nichts mehr sagen.
    Die Gehirne von graphischen Ideengestalten arbeiteten ähnlich, wie Sandy nur zu gut wußte. In einem Zeitraum von vier Tagen Mitte Mai kamen die Exklusivstories alle an die Kioske. Newsweek verwendete ein altes Konzertfoto von den Nazgûl auf dem Titel, mit einem über die Gestalt von Hobbins montierten großen roten Fragezeichen. Der Rolling Stone kam mit einem Probenfoto von Faxon, Maggio und Slozewski mit einem in ihre Mitte gezeichneten Schattenmann, der ein Mikrofon hielt. Die Körperhaltung des Schattens war der von Hobbins sehr ähnlich. Der Hog verwendet ebenfalls neue Fotografien der alten Nazgûl, aber sie setzten ein Archivfoto dazu, um die Gruppe zu vervollständigen, setzten dann ein großes rotes Fadenkreuz über die Gestalt von Hobbins und ein rotes Fragezeichen in die Mitte des Fadenkreuzes und vier von Tolkiens Nazgûl dazu, die über der Band kreisten. »Wirklich verflucht subtil, Jared«, kommentierte Sandy. Time verschaukelte ihn und kam mit einem Titel über die Unruhen in Afrika, aber sie ließen die Nazgûl unter der Klappe in der Ecke rechts oben herausspähen. »Heutzutage kann man keinem trauen«, sagte Sandy.
    Das Rätsel um Patrick Henry Hobbins beherrschte alle vier Stories, was Sandy im voraus gewußt hatte. Tatsächlich hatte er darauf gezählt. Es war genau der richtige Touch, um das öffentliche Interesse anzustacheln. Die alten Nazgûl-Fans würden in jedem Fall erscheinen, aber indem er auf diese Weise vorging, hatte er sichergestellt, daß die Neugierigen sich ebenso in die Stadthalle drängen würden.
    Die Artikelschreiber hatten alle mehr oder weniger dieselben Töne angeschlagen, von Anfang bis Ende. Haufenweise Damals-und-jetzt-Fotos. Der Aufstieg und Niedergang der ersten Inkarnation der Gruppe. Der Horror von West Mesa. Der Killer, der nie gefaßt wurde. Peter Faxon als eine der großen kreativen Kräfte in der Rockgeschichte. Peter Faxens Zusammenbruch. Die Karrieren von Maggio und Slozewski nach den Nazgûl. Maggio und die Drogen. Slozewskis Nachtclub und der tragische Brand vor kurzem. Paul Lebeque, der die Reunion ermöglicht hatte, indem er Jamie Lynch (»angeblich«) ermordet hatte.
    Nur im Ton der Artikel und im Können der Verfasser gab es gewaltige Unterschiede. Wie Sandy ein bißchen betrübt feststellte, war die Story des Hog die schlechteste. Jareds Reporterin hatte entschieden zuviel Lobhudelei rekapituliert; wenn Sandy ihr Redakteur gewesen wäre, hätte sie mit ihrem hübschen kleinen Po auf der Straße gesessen. Die Rolling Stone- Story hatte am meisten Substanz, und Time war am zynischsten. War es frustrierte Kreativität oder schlicht eine verzweifelte Finanzlage, was die Nazgûl wieder zusammengetrieben hatte? fragte Time. Und konnten sie es in einer Zeit überhaupt noch einmal schaffen, wo die Charts von Gruppen wie Styx, Journey und REO Speedwagon beherrscht wurden, Gruppen, deren Sound die Antithese zu allem war, was die Nazgûl im Rock symbolisiert hatten? Time glaubte es nicht. Sandy glaubte es eigentlich auch nicht, aber er versuchte seine Zweifel so gut er konnte für sich zu behalten.
    Nicht daß es etwas ausmachte. Die Atmosphäre von Zweifel, gedrückter Stimmung und einer unmittelbar bevorstehenden Katastrophe, die über den Nazgûl-Proben hing, war dick genug, daß man sie mit einer Kettensäge schneiden konnte, und es wurde schlimmer statt besser, als das Chicago-Konzert näherrückte. Sandy war bei ein paar weiteren Sessions dabei, nur um zu sehen, was sich tat, und verließ sie deprimiert und müde. Sie waren allerdings etwas besser geworden. Unter dem Peitschenriemen von Faxens Zunge wurde Maggio zuverlässiger an der Leadgitarre und hatte endlich alle

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