Armegeddon Rock
Zwischenzeit?« fragte er.
Ananda grinste ihn an. »Wir amüsieren uns ordentlich weiter. Lernen einander kennen. Haben Spaß aneinander. Okay?«
»Ich glaube schon«, sagte er widerstrebend. Es gefiel ihm nicht. Aber er wollte sie auch nicht zu sehr unter Druck setzen und es riskieren, sie zu verlieren. Er glaubte nicht, daß er das nach allem anderen ertragen konnte.
»Gut«, sagte sie. »Dann ist das erledigt.«
Es war ihre einzige ernsthafte Meinungsverschiedenheit. Ansonsten lief es bei ihnen ausgezeichnet. Ananda war alles, was Sandy hätte begehren können; aufgeweckt und intelligent, attraktiv, erotisch, witzig und eine Unterstützung. Sie glaubte leidenschaftlich an all die alten, aus der Mode gekommenen Ideale, an die Sandy früher auch geglaubt hatte. In ihrer Gesellschaft merkteer, wie all diese alten Überzeugungen sich wieder einstellten, als hätte er sie überhaupt nie aufgegeben. Da Ananda so viel von seinem Leben, seiner Zeit und Energie beanspruchte, war es Sandy fast möglich, seine Alpträume zu vergessen, genauso wie Morses blutige Hand und Jamie Lynch und die ominösen Echos von Music to Wake the Dead. Das kam ihm jetzt alles ein bißchen albern vor. Was für seltsame Träume Morse auch haben mochte, es war klar, daß die Nazgûl selbst nichts von ihnen wußten. Sie waren nur Menschen, vier Musiker, die alle mit ihren eigenen Problemen, ihrem eigenen Schicksal kämpften.
Und sie kämpften wirklich. »Ich will hier nicht sein«, erklärte Gopher John Sandy eines Nachts in der Bar des Bellevue-Stratford. »Wenn dieser Brand nicht gewesen wäre, wäre ich weg. Es klappt nicht. Wir sollten die Erinnerungen ruhen lassen. Früher waren wir gut. Die Besten. Die verflucht Besten. Mit diesem Comeback werden wir alles versauen.« Seine Stimme war bitter. »Aber was hab ich für eine Wahl? Nicht die mindeste, soweit ich sehen kann.« Er blickte finster drein, trank sein Bier aus und bestellte noch eins. Slozewski trank in letzter Zeit eine Menge Bier. Zu viel. Unter dem dichten schwarzen Bart, den er sich für das Konzert wieder stehen ließ, war sein Gesicht bereits aufgedunsen. Und ein kleiner Spitzbauch drückte gegen seinen Gürtel.
Peter Faxon war in bezug auf seine Frustration nicht so offen, aber Sandy wußte, daß er ebenfalls litt. Tracy Faxon kam in dieser Zeit dreimal zu Besuch, und beim letzten Mal sah sie ganz durcheinander aus. »Ich mach mir Sorgen um ihn«, erzählte sie Sandy insgeheim, unmittelbar bevor sie abfuhr, um nach New Mexico zurück zu fliegen. »Er hat Angst wegen Chicago. Schlimme Angst. Er will nicht, daß ich dabei bin, weißt du, weder ich noch die Kinder. Er sagt nur, er will uns da nicht haben. Er sagt, ich soll an diesem Abend ins Kino gehen oder die Kinder im Ballon mit hochnehmen, aber er will uns nicht in Chicago haben. Er will nicht mal drüber reden, und das sieht Peter nicht ähnlich. Ich weiß, was das bedeutet. Er kann es nicht laut sagen, aber er denkt, daß er scheitern wird, böse scheitern, und er kann den Gedanken nicht ertragen, daß ich es sehe. Sandy, du scheinst ein ziemlich anständiger Typ zu sein. Paß für mich auf ihn auf. Ruf mich an, wenn es ganz schlimm wird. Ich will nicht, daß ihm etwas zustößt. Nicht noch einmal. Er könnte es nicht noch einmal ertragen.«
Selbst Rick Maggio schien nicht glücklich mit seinem wahr gewordenen Traum. Es war ein weiter Sprung vom Come On Inn zur Stadthalle von Chicago, aber Maggio hatte trotzdem etwas Erschrecktes und Verzweifeltes an sich, wie ein Mann, der allen nur möglichen Lastern heute zu frönen versucht, weil er weiß, daß morgen alles fort sein wird. Er machte jede Frau in der Sound Crew und bei den Rumhängern an, machte den meisten schlüpfrige Vorschläge, sprang ungefähr mit der Hälfte ins Bett und gab aller Welt an den Morgen danach lange, weitschweifige Berichte von seinen sexuellen Großtaten. Da er nie zweimal mit derselben Frau ins Bett zu gehen schien, schweifte er für seine Aufrisse binnen kurzem immer weiter in die Ferne, und die Mädchen wurden jünger und jünger. Sandy begegnete ihm eines Nachts in einem Hotelflur; er hatte den Arm um ein schwarzes Mädchen, das nicht älter als vierzehn sein konnte, und sogar Maggio hatte den Anstand, kurz verlegen auszusehen, bevor er sich zu einem lasziven Grinsen zwang und Sandy fragte, ob er was schlabbriges Angestochenes wollte.
Maggio sprach auch von der strengen Diät, auf der er war, und er nahm in der Tat dramatisch ab. Nur war
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