Armegeddon Rock
Sie heilten. Und hinterher Narbengewebe… stärker als unverletztes Fleisch, weißt du, stärker, härter. Es sollte so sein wie… wie das. Ein kurzer, sauberer Kampf und dann die Heilung. Besser. Stärker. Härter.« Er ließ seine Hand los und verzog den Mund zu einem gräßlichen, blutigen Grinsen mit dünnen roten Streifen zwischen seinen weißen Zähnen. »Nicht wie dies. Begreifst du nicht, du verdammtes Luder? Das Bluten wird nicht aufhören! Das verfluchte Bluten wird nie mehr aufhören!« Die letzten Worte schrie er ihr entgegen.
Ananda war ungerührt. »Du warst immer zu zimperlich, Edan. Du wolltest die Macht der Musik nutzen, aber du wolltest sie kontrollieren. Nun, das kannst du nicht, du Dummkopf. Sie stellt ihre eigenen Ansprüche. Du kannst nicht nur ein bißchen was geben, du mußt alles geben.« Sie runzelte die Stirn, warf einen Blick auf Gort und dann auf Sandy, zögerte einen Moment, schüttelte dann den Kopf und fuhr fort: »Man kann das verfluchte Omelett nicht machen, ohne die Eier aufzuschlagen, hab ich recht? Nur würdest du lieber dasitzen und darauf warten, daß sich die Eier auf mysteriöse Weise selber aufschlagen. Die Musik kann es nicht ganz von selbst schaffen, sie braucht uns, um es wahr werden zu lassen. Du willst so tun, als ob alles freundlich und licht ist. Nun, das ist es nicht. Es ist häßlich da draußen, und du kannst verflucht noch mal nicht dagegen kämpfen, ohne selbst häßlich zu werden. Glaubst du wirklich, ein paar mickrige Tropfen Blut von deiner Hand wären genug, um den Preis zu zahlen? Glaubst du das?« Sie lachte verächtlich.
»Meine… ich habe nicht…« Morse zuckte zusammen und wandte den Blick ab.
»Das ist es. Tu so, als ob du es nicht verstehst. Tu so, als ob du es nicht siehst. Du hast es die ganze Zeit getan. Du warst bereit, den Preis für die Visionen zu bezahlen, aber ich war die einzige, die bereit war, den Preis für die Revolution zu bezahlen. Ich war diejenige, die getan hat, was die Musik verlangte.«
Sandy stand von seinem Stuhl auf und sah Ananda ins Gesicht. Im Innern war ihm sehr kalt, als ob etwas tief in ihm drin gerade gestorben wäre. »Du warst es«, sagte er mit eiserner Gewißheit. Er hatte es vermutet, erkannte er, hatte es vermutet seit… wie lang? Zu lang. Aber er hatte sie geliebt, und sie war alles gewesen, was ihm geblieben war, und so hatte er es geleugnet, sogar vor sich selbst. »Du warst es die ganze Zeit über, nicht wahr?«
Ananda schob eine Hüfte hinaus, stützte eine Hand darauf und nahm eine spöttische, übertriebene, provozierende Pose ein. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe. »So’n lüttes Ding wie ich? Also, ich bin bloß ’n Hippie-Küken in Hot Pants. Glaubst du, ich könnte was Gewalttätiges machen?«
»Heiliger Jesus Christus«, sagte Sandy.
»Weißt du, was dein Problem ist, Blair? Du denkst mit deinem Schwanz. Genau wie Jamie Lynch. Das Problem war, den Wichser zu treffen. Als ich das mal geschafft hatte, war alles wirklich einfach. Er war so heiß darauf, mich zu seinem Haus raus zu kriegen, daß er fast schon in seiner Hose kam.« Sie warf einen Blick zu Morse hinüber. »Blutopfer, Edan. Jemand mußte es tun.«
Morse sagte nichts.
»Und das Gopher Hole?« fragte Sandy.
»Slozewskis Meinung mußte geändert werden, er mußte der Ash Man werden. Die Türen abzusperren… das Blut machte es leichter. So viele Tote, das ließ alles übrige glatt und einfach ablaufen.« Ihre Stimme war eiskalt.
»Es macht dir nichts aus«, sagte Sandy anklagend.
»Natürlich macht es mir was aus. Deshalb tue ich das ja!«
»Es ist egal«, sagte Edan Morse matt. »Nicht jetzt. Versteht ihr nicht? Wenn wir nicht aufhören, wird es… wird es nicht so sein, wie wir es wollen. Zuviel Blut. Es wird einfach weitergehen. Immer weiter. Keine… keine Wiederauferstehung, das ist die Lüge. Ein ewiges Armageddon.«
»Du hast nur Angst zu sterben, Edan«, sagte Ananda.
»Kann sein«, sagte Morse. »Aber ich habe recht.«
»Das werden wir ja sehen, nicht wahr?«
»Nein. Das werden wir nicht. Ich mach Schluß damit. Ich hab’s dir gesagt. Ich mach Schluß damit.«
Ananda lächelte. »Wie willst du das machen, Edan?
Schau dich an. Willst du alle Soldaten, einen nach dem anderen, raufrufen und ihnen die Neuigkeit mitteilen? Ich bin dein Sprachrohr, du dämlicher Motherfucker. Ich gebe deine Befehle. Was zum Teufel bringt dich auf die Idee, daß sie trotzdem auf dich hören? Sie hören auf mich.
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