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Armegeddon Rock

Armegeddon Rock

Titel: Armegeddon Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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leer, dachte er. Sie waren die ganze Zeit leer gewesen. Jahre waren vergangen, und alles, was er gesehen hatte, war vorbei, erledigt, auseinandergebrochen, halb vergessen.
    Müde und allein, die Hände tief in den Taschen, ging er zum Hilton zurück.
    Er nahm den Zimmerschlüssel von dem Portier entgegen. Sie hatten ihn in den siebzehnten Stock verlegt. Das Zimmer war praktisch identisch mit dem, aus dem er geflohen war, und doch vermittelte es ihm nicht dasselbe Gefühl. Sandy merkte, daß er nicht schlafen konnte. Er zog das Rouleau an seinem Fenster hoch, saß da und schaute über den See hinaus, bis die erste Dämmerung den Himmel im Osten zu erhellen begann. Dann war er auf einmal sehr müde. Er zog sich aus und ging zu Bett.
    Er hatte vergessen, sich wecken zu lassen. Als er schließlich aufwachte, war es fast drei Uhr nachmittags, und die Ereignisse in der Nacht zuvor kamen ihm wie ein böser Traum vor. Sandy war sicher, daß es nichts als ein langer Alptraum gewesen war, bis er die Zimmertür aufriß und auf die Zimmernummern starrte. Er war im siebzehnten Stock. Er schloß die Tür wieder und lehnte sich stirnrunzelnd gegen sie zurück. Er hatte sich viel zu sehr abgehetzt, entschied er; zu wenig Schlaf, zu viele Meilen.
    Eine eiskalte Dusche wusch die verschwommenen Erinnerungen an die letzte Nacht weg, und als Sandy herauskam, war er entschlossen, seine persönlichen Gespenster hinter sich zu lassen und mit dem weiterzumachen, was als nächstes dran war. Er schlüpfte in frische Jeans und einen dicken Sweater und suchte sich die Adresse von Lark Ellyns Agentur in den Gelben Seiten heraus. Es war viertel vor vier, als er das Conrad Hilton verließ. Die Agentur war oben an der Michigan Avenue. Sandy nahm lieber ein Taxi, als sich um einen Parkplatz Sorgen zu machen.
    Ellyns Büro war im obersten Stock. Im Empfang gab es dicke Teppiche, bequeme Stühle und eine hübsche dunkelhaarige Frau hinter einem großen Walnuß-Schreibtisch. Sie sah aus, als wäre sie für eine Umgebung wie diese geboren; Sandy konnte sie sich in keinem anderen Rahmen vorstellen. »Mr. Ellyn bitte«, sagte er zu ihr.
    »Haben Sie eine Verabredung?«
    »Nein«, erwiderte Sandy. »Aber er wird mich schon sehen wollen. Ich bin ein alter Freund.« Das war vielleicht ein bißchen übertrieben, aber trotzdem… »Sagen Sie ihm, Sandy Blair ist da.«
    »Wenn Sie bitte Platz nehmen wollen.« Ein paar Minuten später tauchte Lark Ellyn aus dem inneren Labyrinth der Agentur auf. Er war sehr anders – und fast derselbe. Statt Jeans, T-Shirt und Weste trug er einen dreiteiligen braunen Anzug und eine gestreifte Krawatte. Das Stirnband war fort, der Schnurrbart auch, und das Haar, das er früher in der Afro-Look-Imitation weißer Jungen zu tragen versuchte, war jetzt mit dem Rasiermesser geschnitten und gefönt.
    Dennoch war der Mann in der neuen Uniform unverändert. Klein, gut in Form, mit eckigem Gesicht und spitzer Nase, gesundem kastanienbraunen Haar und dünnen Augenbrauen. Auch sein Gang war derselbe, und von dem Augenblick an, als er den Raum betrat, vermittelte er eine selbstbewußte Intensität, an die Sandy sich sehr gut erinnerte.
    Als er Sandy erspähte, stemmte er die Hände in die Hüften und lächelte. Lark Ellyns Lächeln hatte etwas leicht Spöttisches. Es war ein scharfes, überlegenes Lächeln, und er benutzte es immer direkt bevor er etwas Kritisches oder Bissiges von sich gab. Manchmal lächelte er nur und sagte überhaupt nichts, aber die Wirkung war dieselbe. Das Lächeln sollte einen wissen lassen, daß die Kritik nur Spaß war, daß Lark es nicht wirklich so meinte. Nun, er meinte es so und auch nicht; Sandy hatte das vor langer Zeit herausgefunden. Als er sich jetzt diesem Lächeln gegenübersah, wußte Sandy wieder, warum Ellyn und er nie gut miteinander klargekommen waren und wie es gewesen war.
    »Blair«, sagte Ellyn. »Das muß mein Glückstag sein.« Er musterte Sandy von oben bis unten. »Hast ’n bißchen Gewicht angesetzt, wie ich sehe. Du siehst verdammt gut aus.«
    »Ich freu mich auch, dich zu sehen«, sagte Sandy und stand auf.
    Ellyn verschränkte die Arme vor der Brust. »Kann ich was für dich tun?«
    »Eigentlich nicht«, sagte Sandy. »Ich war in der Stadt, um an einer Story zu arbeiten, und dachte, ich besuch’ dich mal. Maggie hat mich drauf gebracht.«
    »Maggie Sloane?«
    »Nein, Maggie Thatcher«, schnappte Sandy. »Natürlich Maggie Sloane. Zum Teufel, Lark…«
    »Steve«, verbesserte Ellyn

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