Arminius
eigenen Sohn liebte. Er bückte sich und zerschlug in einer Drehung dem ersten Legionär mit dem Schwert die Kniegelenke, dass es nur so knirschte. Unter grässlichen Schmerzschreien ging der Mann zu Boden und gab sich mit der eigenen Waffe selbst den Tod. Arminius war bereits herumgewirbelt, hatte den zweiten Römer enthauptet und nun die Klinge in den Hals des Dritten getrieben. Er hatte keine Zeit, er musste zu dem Kind, das dort kämpfte! Denn eigentlich war Heban mit seinen sechzehn Jahren noch ein Kind. Wie lange würde er noch durchhalten können? Als Arminius mit dem vierten Legionär die Klingen kreuzte, musste er leider feststellen, dass dieser ein guter Fechter war, der ihn aufhielt.
Arminius war durch die Sorge um Heban abgelenkt, den er nicht aus den Augen ließ. Er wollte so rasch wie möglich zu ihm, um ihn wieder ins Bett zu schicken, wo er eigentlich hingehörte. Ein Lächeln des Stolzes huschte über sein Gesicht. Einiges hatte er Heban in der kurzen Zeit immerhin beibringen können. Der Junge hielt sich gegen den alten Kämpen erstaunlich gut. Aber was war das? Heban riss die Augen auf, reckte sich leicht wie beim Erwachen am Morgen, die Augen fragend geweitet, dann sank er unendlich langsam in sich zusammen.
Im selben Moment spürt Arminius einen stechenden Schmerz in der Seite. Warum in der Seite, fragte er sich, warum nicht im Herzen? Allmählich begriff er es. In der Sekunde der Unachtsamkeit hatte der Römer ihn verletzt. Er spürte, dass Blut aus seiner Wunde sickerte, taumelte leicht und sah das breite Grinsen des Mannes, der ausholte, um ihm den Todesstoß zu geben. Es ging ihm durch und durch, dieses breite Grinsen des Legionärs, der breite Rücken des Tribunen, mit dem Heban gekämpft hatte, der nun klein und schmal in sich zusammengefallene Leichnam des tapferen Jungen. Dahinter kam nun Lucius Marcus Lupus mit einem Schwert in der Hand zum Vorschein. Der Feigling hatte Heban während des Kampfes von hinten erstochen. Das Grinsen des Legionärs biss auf Eisen, denn Arminius hatte ihm, noch bevor der den sicher geglaubten Todesstoß ausführen konnte, das Schwert in die feixende Visage gestoßen, sodass sein Lachen in einem blubbernden Röcheln verebbte.
Dann zog Arminius sein Schwert wieder heraus. Doch es war nicht mehr er, der das tat, etwas in ihm übernahm die Herrschaft und führte ihn. In seinen Ohren brauste es, sodass er die Rufe, das Gewieher der Pferde, die Schreie der Verletzten und das Stöhnen der Sterbenden nicht mehr vernahm. Er rempelte den Tribunen von der Seite an, worauf ihn dieser erstaunt ansah.
»Musstest du dir von dem da helfen lassen, einen Jungen zu töten?«, knurrte Arminius. »Schande über deine Manen!« Im Vorbeigehen stieß er ihm das Schwert in die Brust, ließ es, wo es war, und schritt weiter. Für Lucius Marcus Lupus benötigte er keine Waffe außer seinen Händen.
Mit Todesangst in den Augen wandte sich der Steuerpächter zur Flucht. Aber er kam nicht weit, mit vier Schritten hatte ihn Arminius eingeholt. Und er war jetzt weder der König der Krieger, noch Ergimer, noch Arminius. Es nutzte Marcus nichts, dass er mit dem Schwert herumfuchtelte, denn Arminius wich ihm nur aus und schlug ihn dann mit der Faust nieder. Dann zog er den Dolch aus seinem Gürtel, warf ihn hoch, fing ihn noch in der Luft in Augenhöhe auf, indem er einen Finger nach dem anderen um den Griff des Messers legte, bückte sich über den Steuerpächter und weidete ihn bei lebendigen Leib aus. Blut spritzte, Gedärme quollen aus dem Bauch.
Als er aufblickte, die Hände tief in der nun leeren Bauchhöhle des sterbenden Lucius Marcus Lupus vergraben, das Gesicht blutverschmiert, die Augen leer, traf sich sein Blick mit dem des entsetzten Legaten Velleius Paterculus. Stumm sahen sie sich an. Arminius brauchte eine Weile, bis er sich erinnerte, wer er war und was er hier tat. Langsam erhob er sich und ging auf den Legaten zu. Da schob sich eine Gruppe von Römern, die einen Ausfall versuchten, dazwischen. Im Kampfgewühl gingen sie einander wieder verloren.
31
Immer enger zog sich der Ring um die verbliebenen Soldaten und Offiziere des Varus. Nur noch ein Wagen brannte lichterloh und beleuchtete das Schlachtfeld. Aus den Augenwinkeln beobachtete Arminius im Vorübergehen einen römischen Offizier, der in schwere Ketten gelegt war und sich nun mit den Eisengliedern den Kopf einschlug. Er bemerkte, dass einige Spritzer Gehirnmasse seinen linken Unterarm trafen. Ein Pferd, in dem
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