Arminius
jetzt sicher, dass du es wüsstest, wenn ein weiterer Anschlag auf mein Leben geplant wäre?«
»Ich würde dich mit meinen Männern schützen!«
»Wirklich, Velleius? Wer sagt dir, dass deine Männer im Zweifelsfall auf dich hören?« Velleius schwieg. Arminius hatte recht.
»Lass uns erst in den Winterquartieren zurück sein, dann werde ich Klage bei Augustus gegen den Statthalter führen. Bis dahin halte ich mich nur bei meinen Truppen auf.«
»Varus ist ein Opportunist, ja, eitel und geldgierig, ja, aber warum sollte er dich töten wollen?«
»Warum hat er zugelassen, dass meine Eltern getötet wurden?«
»Er kennt die Mörder deiner …« Arminius nickte. »Bei Jupiter, woher weißt du das?«
»Du wirst es rechtzeitig erfahren, mein Freund, aber jetzt begib dich wieder zu Varus und richte ihm aus, dass wir unsere Streitigkeiten vor dem Princeps klären werden. Ich traue ihm nicht mehr!«
Betroffen bestieg Velleius das Pferd und ritt los. Arminius sah ihm lange traurig nach. Tut mir leid, mein Freund, dachte er, es musste sein, der morgige Tag wird uns als Feinde finden.
Früh brachen sie auf. Wie bei jedem Marsch übernahm ein kleiner Teil der Hilfstruppen, der unter dem Kommando Gerwulfs stand, die Vorhut und ritt den Legionen voran. Ein Teil der Leute des Sachsen hatte bereits an einer engen Stelle des Hohlweges begonnen, Wälle zu errichten. Arminius bildete mit dem Großteil der Krieger die Nachhut.
Bevor sich der Heerwurm in Bewegung setzte, hatten sich Varus und Arminius noch einmal kühl angeblickt. Dabei hatte der Statthalter unwillkürlich die Schultern hochgezogen. Er fühlte sich offensichtlich unbehaglich. Da er annahm, dass Arminius in Rom, wo er über gute Kontakte verfügte, Klage gegen ihn führen würde, wollte Varus nicht den Anschein erwecken, als glaube er den Verleumdungen oder stecke womöglich mit den Verleumdern unter einer Decke. Deshalb verzichtete er auf jegliche Vorsichtsmaßnahmen und ließ die Legionen in lockerer Ordnung marschieren. Zudem beabsichtigte er, den Befehlshaber der Hilfstruppen in Sicherheit zu wiegen. Der Weg nach Rom war schließlich weit. Gift und gedungene Mörder standen zwischen dem Rhenus, von dem Arminius aufbrechen würde, und dem Tiber, den er nie erreichen durfte, überall bereit. Bei dem Gedanken, dass der Germane nicht die geringste Ahnung hatte, mit wem er sich einließ, als er Varus beschämte, besserte sich die Laune des Statthalters. Das Schwert führt ein Arm, der erschlafft – das Geld aber hat tausend Arme mit tausend Schwertern.
Als das Bergland die Kolonne völlig geschluckt hatte, flammten auf den Bergspornen Leuchtfeuer auf. Kurz darauf erklangen das Sturmgeheul der Luren und die monotonen Schicksalsschläge der Trommeln. Überall regte und bewegte sich etwas. Es war, als ob der Wald lebendig würde, als kämpfte selbst der Fels gegen die Eindringlinge.
Wie lange hatte er auf diesen Moment hingearbeitet! Wie sehr hatte er ihn herbeigesehnt! Nun war es endlich soweit. Arminius zog sein Schwert, und er brüllte, dass es widerhallte. Und tatsächlich trugen die Anführer die Worte des Königs wie ein Echo weiter, dass es die dreißig Meilen, über die sich die Marschkolonne inzwischen hinzog, mühelos überwand: »Sinthgunt wird uns entweder als Sieger oder in Tyrwal sehen! Bettgenossen der Freiheit werden wir so oder so heute Abend sein! In diesem oder im nächsten Leben!«
Auf seinem Schimmel stürmte Arminius an der Spitze seiner Männer von hinten durch die Kolonne der neunzehnten Legion und hielt grausige Ernte. Wer ihm in den Weg kam, den erstach er oder schlug ihn aufs Haupt. Wie ein eiserner Rechen zogen die germanischen Reiter durch die römischen Reihen. Ehe die Legionäre begriffen, dass sie von den eigenen Hilfstruppen angegriffen wurden, hatten die Reiter bereits die Hälfte des Weges zurückgelegt. Panik breitete sich aus. Die Soldaten rannten zu den Wagen, um an ihre Helme und Brustpanzer zu kommen. Die Heerführer versuchten vergeblich, Kampfordnungen aufzustellen, aber die Hilfstruppen, nicht weniger militärisch ausgebildet als ihre römischen Kollegen, jagten und töteten zuerst die Führer und Unterführer. So lebte kaum mehr als ein Drittel der 5.378 Legionäre der neunzehnten Legion, als sie sich zur gemeinsamen Abwehr zusammenfanden. Auf die Befestigung, die seine Leute als Sperrriegel zwischen der neunzehnten und der achtzehnten Legion errichtet hatten, pflanzte Arminius wie zum Hohn den erbeuteten
Weitere Kostenlose Bücher