Arno-Linder 1: Papierkrieg
die Umschweife, das ist das Alter.« Er lächelte ein wenig in sich hinein. »Also hab ich mich gefragt, in welchem von seinen Geschäften Sie wohl mit drinstecken, und die Ohren aufgehalten. Als Sie dann am Wochenende in nähere Berührung mit dem Gesetz gekommen sind, wurde ich hellhörig. Und als auch noch für Sie Kaution gestellt wurde, hielt es mich kaum mehr auf meinem Stuhl, ich musste Sie sprechen. Leider hieß es abwarten, weil die Nummer Ihres Handys«, er sprach das Wort aus wie Syphilis oder Krätze, »von einem privaten Anbieter stammt. Wäre es noch die gute alte Post gewesen, hätte ich was erreichen können, aber bei den Privaten kenn ich die falschen Leute. Aber Gott sei Dank hat Sie Meyerhöffer angerufen.«
»Weiß denn eigentlich jeder davon, dass ich im Gefängnis war und dass eine Kaution gestellt wurde?«
»Anwälte sind wie Waschweiber, da gibt es keine Geheimnisse. Vor allem nicht, wenn es so spektakulär vor sich geht wie bei Ihnen. Wenn der Hauptverdächtige in einem Mordfall aufgrund der Intervention von Herrn Bender wieder freikommt, ist das schon was. Als ich herausfand, welche Anwältin die Kaution stellte, war mir klar, dass Meyerhöffer in der Sache mit drinhängt.«
»Warum, kennen Sie die Frau?«
»Sicherlich.«
»Und was ist die Signifikanz dieser Bekanntschaft?«
»Frau Lignamente war Konzipientin bei uns, nachdem sie ihr Studium abgeschlossen und ihr Gerichtsjahr hinter sich gebracht hatte. Eigentlich holte ich sie in die Kanzlei, sie sollte mich ein wenig unterstützen. Nebenbei aber, und das sage ich ganz ehrlich und das war die Hauptsache, hatten wir ein Verhältnis. Aber nicht sehr lange, bis die junge Dame sich mehr für Meyerhöffer interessierte.«
»Und jetzt wollen Sie Meyerhöffer deswegen eins auswischen?«
»Aber, wo denken Sie hin. Ich sage das ganz ohne Groll. So ist der Lauf der Welt, ich bin zu alt, sie zu jung. Ich war nur dankbar, noch einmal für eine kurze Zeit lieben zu dürfen.«
»Laura, ich meine …«, verbesserte ich rasch, aber Unrath war schneller.
»Dacht ich’s mir doch. Sie haben was mit ihr.«
»Ist auch schon Vergangenheit. Aber das ist gleichgültig. Wie ging’s mit Meyerhöffer weiter?«
»Frau Lignamente flog zur nächsten Blüte weiter. Bei Meyerhöffer lernte sie einiges über die Kontakte in den Osten und das leichte Geld, das damit hereinkam. Irgendwann weihte sie Meyerhöffer in ein kleines Geheimnis ein. Um was es genau ging, das wissen Sie besser als ich. Ein bisschen altägyptischer Schilf, das interessiert mich nicht weiter. Was mich aber interessiert, ist, dass er das besser nicht getan hätte, denn dann brauchte ihn Frau Lignamente nicht mehr. Sie ging dorthin, wo sie das Geheimnis vermutete. Zu Herrn Bender.«
»Es ist nett, dass Sie mir das alles erzählen, aber was verlangen Sie dafür, was soll ich für Sie tun?«
»Sie scheinen mir ein ganz passabler junger Mann zu sein. Also bin ich ehrlich.« Bei diesen Worten unterbrach er sich. »Ich sehe, Ihr Glas ist leer. Geben Sie her, ich mach Ihnen einen neuen.«
»Danke, ich hab genug für heute. Ich spüre meine Füße schon nicht mehr.«
»So soll’s auch sein. Aber doppelt sehen Sie sie noch nicht?«
»Nein, keineswegs.«
»Na, wenn das so ist, müssen Sie noch einen nehmen.«
Er stand auf, nahm mir das Glas aus der Hand und ging. Ich hörte ihn wieder in der kleinen Küche, die sich irgendwo hinter dem Sekretärinnenschreibtisch befand, herumwerkeln. Ein paar Minuten später war er wieder da.
»Austrinken.« Die Stimme duldete keinen Widerspruch.
»Also, was ich von Ihnen will.« Er legte die Stirn in Falten und räusperte sich. »Meyerhöffer ist mit meiner Tochter verheiratet. So sehr ich ihn auch verabscheue, ich will nicht, dass sie zur Witwe wird. Es ist unnötig zu sagen, dass …«
»… Meyerhöffer davon nichts wissen darf.«
»Genau.«
»Das überrascht mich aber. Ich hatte gehört, dass sie die Tochter einer wohlhabenden Wiener Fabrikantenfamilie war …«
Unrath unterbrach mich. »Wenn Sie diese Information von einer gewissen jungen Dame haben, kann ich Ihnen versichern, dass Sie Ihnen nur erzählt hat, was ihr selbst am meisten nutzte. Frau Lignamente lügt, auch wenn sie die Wahrheit spricht.«
»Und was ist Ihrer Meinung nach das, was Meyerhöffer aus der Sache raus- und am Leben hält?«
»Er darf das Papyrus nicht in die Finger kriegen.«
»Aber das ist auch nur eine kurzfristige Lösung, er wird dann einfach den nächsten
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