Arno-Linder 1: Papierkrieg
geknackt?«
»Sicher, ist ganz leicht.«
»Könnte ich das auch?«
»Übersetz du lieber Aischylos, das liegt dir mehr.«
Inzwischen kam die Bedienung und Reichi bestellte ein großes Kozel.
»Sag mal, was trinkst du da?«
»Mokka und Wodka.«
»Anlasstrinken?«
»Na ja.«
Ich erzählte ihm die Geschichte mit meiner Chauffeuse. Reichi zerkugelte sich.
»Wir hätten uns auch in zwei Stunden treffen können, oder überhaupt erst Morgen früh! War doch kein Grund, so unfreundlich zu sein.«
»Ich wollte unbedingt wissen, was du erreicht hast mit dem AirBook.«
»Es ist gestohlen.« Reichi nahm triumphierend einen Schluck aus seinem Glas.
»Ich hab dir schon gesagt, ich hab’s mir geborgt, das geht schon in Ordnung, der Besitzer braucht es momentan nicht.«
»Ach was, das mein ich ja gar nicht.«
»Was dann?«
»Jeder Apple hat eine ID-Nummer, die kann man nachschlagen. Jedes Gerät ist individuell registriert und kann nachverfolgt werden. Deines ist gestohlen. Und rat mal, was das Besondere daran ist!«
»Ich hab keine Ahnung.«
Reichi schnaufte verächtlich. »Das AirBook, das ich hier habe«, er klopfte auf seine Laptoptasche, »ist gar nie in den Handel gelangt. Ich weiß nicht, woher du es hast, aber derjenige hat es auf keinen Fall regulär bezahlt.«
»Gibt es sowas öfter?«
»Na schau her. In China wird viel gefaked, nimm nur meine North-Face-Jacke zum Beispiel, du weißt vielleicht noch, der Silkmarket in Peking?«
Ein fünfstöckiges Gebäude, vollgeräumt bis obenhin mit Fälschungen. Fälschungen, die in bester Qualität von den Originalen nicht zu unterscheiden sind. Wahrscheinlich sogar aus den gleichen Maschinen kommen wie die Originale, nur eben schwarz produziert werden, ohne Lizenzgebühren an den Namenshalter abzuführen. Verkauft werden sie anschließend zu einem Zwanzigstel des regulären Preises.
»Das gibt es auch mit Computern. Üblicherweise kauft irgendwer ab und zu einen neuen Apple und kommt nie dahinter, dass er ein Fake gekauft hat. Aber ein Bekannter von mir, der auf Okto eine Computersache laufen hat, der hat so einen Laptop gekauft, und dann herausgefunden, dass er nur ein Fake war. Deiner hier ist ein Original, aber niemals in den Handel gekommen! Irgendwo müssen ja die Originale bleiben. Warst du schon im Türkenshop mit dem iPhone?«
»Noch nicht.«
»Was tust du eigentlich den ganzen Tag? Würd mich interessieren, ob das ein Original oder auch eine Fälschung ist.«
»Ist auf dem AirBook was drauf?«
»Nein, nur ein paar Textdateien und Tabellen. Ich glaube, der Besitzer interessiert sich für Wahrscheinlichkeitsrechnungen.«
»Ja, das kann hinkommen. Sonst nichts? Irgendwo was Verstecktes?«
»Nein, das AirBook ist nagelneu, da sind nur die Grundinstallationen drauf und noch fünf Dateien. Sonst nichts. Nicht mal Pornos.«
»Schade. Bist du sicher?«
»Ja, aber du kannst ja selber nachschauen.«
Reichi drehte sein Bierglas in der Hand und starrte in die gerstengoldene Flüssigkeit. »Was hast du eigentlich mit dem Gerät vor? Du hast ja keinen Apple, also kannst du das AirBook gar nicht nützen.«
»Werd’s vermutlich irgendwo rumliegen lassen.«
»Ich hätt ein bisschen Geld dabei. So 900 Euro. Vielleicht liegt’s ja lieber bei mir rum. Bis sich sein Besitzer wieder meldet.«
Ich runzelte die Stirn. Plötzlich hatte ich wieder Slupetzky vor Augen, wie er mit durchlöcherter Brust auf seiner Couch saß, zusammengesackt im Halbdunkel.
»Die Euro hast du natürlich nur per Zufall dabei.«
»Ich hab sogar einen Memostick, mit den Daten drauf. Auch nur Zufall!« Er schwenkte das schwarze Stäbchen.
»Komm schon, gib dir einen Ruck, ich weiß ja, dass du pleite bist.«
»Wie der Tschad. In Ordnung.«
»Geh morgen zum Türkenshop und wenn das iPhone echt ist, kauf ich dir das auch ab. Egal, was der Türke bietet, ich zahl dir einen Zehner mehr.« Er drehte sich um. »Bedienung, noch ein Kozel und einen Mokka mit Wodka für uns.«
Mit der Zeit füllte sich die Bar, wir zahlten und gingen. Am Stephansplatz verabschiedeten wir uns und ich fuhr allein heim. Mit 900 Euro in der Geldtasche.
Zu Hause setzte ich mir einen Sencha auf, holte die Sachen von Slupetzky raus und kuschelte mich auf meiner Chaiselongue in die Decke. Zuerst ging ich die Sachen durch, die ich von Slupetzky hatte, seine Post, die Dateien von Reichi und was ich im Auto gefunden hatte. Es war aber nichts von Bedeutung darunter.
Danach holte ich eine alte Nummer des Gnomon raus,
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