Arno-Linder 1: Papierkrieg
Billa.«
»Das ist ja praktisch bei dir ums Eck.«
»Na gut, gehen wir zu mir. Wo du doch keine Küche hast.«
Wir küssten uns.
»Aber ein Bett wirst du wohl haben?«
»Nein.«
»Wo schläfst du dann?«
»Auf der Couch.«
»Na also.«
»Aber auf der haben wir nicht beide Platz. Und schon gar nicht, wenn einer von den beiden einen so prächtigen Hintern hat.«
Wir küssten uns nochmals, und gingen anschließend einkaufen. Mit Laura im Arm machte sogar das Wiener Wetter Spaß. Nasse Füße hatte ich trotzdem.
Eine halbe Stunde später standen wir vor Lauras Haus. Sie sperrte auf und wir stiegen die Treppen in den zweiten Stock hinauf. Laura bewohnte ein großzügiges Appartement. Das Vorzimmer war ein Gang, von dem links die Küche und rechts das Bad abzweigten. Gegenüber der Eingangstür war das Wohnzimmer, hinter dem das Schlafzimmer lag. Die Wohnung war hell und gut eingerichtet, die Wohnräume mit Parkett, Küche und Bad gefliest.
Nachdem ich abgelegt hatte, breitete ich die Zutaten in der Küche aus. Während ich das Wasser auf dem Herd zum Kochen brachte, schnitt ich das Fleisch, 400 Gramm Rindslungenbraten, in Stücke und legte sie in Sojasauce, Weißweinessig, Knoblauch und Chilisauce ein. Danach schnitt ich Zucchini und eine rote Paprika in dünne Streifen und briet sie kurz in einer heißen Pfanne mit einem Löffel Öl an, holte das Gemüse heraus und ließ das Fleisch in die Pfanne gleiten, ohne zu viel von der Würzsauce mit einfließen zu lassen. Beides tat ich in einen Topf. Die Spaghetti, die für Udons herhalten mussten, brach ich klein und kochte sie im Salzwasser. Schließlich ließ ich alles zusammen in der heißen Pfanne aufdampfen, gab die Würzsauce hinzu und streute kleingehackte Frühlingszwiebeln darüber.
Laura hatte sich inzwischen umgezogen und die Haare getrocknet. Sie trug eine graue Jogginghose aus Baumwolle und ein hellblaues T-Shirt. Da es bei ihr zu Hause wohlig warm war, ging sie barfuß. Als sie in die Küche kam, ich war gerade dabei, die Portionen herzurichten, öffnete sie eine Flasche Wein und schenkte uns zwei Gläser ein. Wir nahmen die Schüsseln und den Wein und gingen ins Wohnzimmer. Dort schoben wir den kleinen Tisch von ihrer Sitzgruppe weg und saßen auf dem flauschigen Teppich, die dampfenden Schüsseln in der Hand.
Durch die beiden französischen Balkonfenster konnten wir hinunter auf den nächtlich beleuchteten Hamerlingplatz sehen.
Unsere Schüsseln standen auf dem Couchtisch und Laura schmiegte sich, mit ihrem Weinglas in der Hand, an mich. Obwohl wir das Licht gedimmt hatten, sahen wir unsere Spiegelbilder in den Fenstern vor uns. »Du hast schöne Bilder an den Wänden hängen«, kommentierte ich die wunderbare Aussicht.
»Ja, ich liebe Malerei. Wenn ich das Geld hätte, würde ich sammeln. Und du, magst du auch Bilder?«
»Ich bin Philologe.«
»Wie meinen? Das war doch keine Antwort.«
»Meine Liebe gilt der Sprache. Sie ist der Kern dessen, was es heißt, Mensch zu sein.«
»Aber Bilder sind doch auch genuin menschlicher Ausdruck, mit die ältesten Zeugnisse der Menschheit sind Bilder. Denk nur an die Höhlenmalereien von Lascaux.«
»Ja, aber Bilder sind nur Nebenprodukte. Wir brauchen die Sprache, um über sie reden zu können, in der Sprache trennen wir das Erlebte vom Reflektierten. Ohne Sprache könnten wir keine Bilder malen. Bilder sind nur ein defizienter Ausdruck der humanitas.«
Laura nahm einen Schluck von ihrem Wein und sah mich über den Rand ihres Glases hinweg an. Die vorwitzige Strähne fiel ihr wieder in die Stirn, aber bevor sie im Weinglas ankam, hatte Laura sie bereits hinter ihr Ohr geschoben.
»Aber Bilder sind schön.«
»Zweifellos. Aber auch Tiger und Gazellen, Rosen und Schnee sind schön. Trotzdem sind sie nur Produkte der unvernünftigen, rohen Natur.«
»Du bist ein seltsames Exemplar.« Laura hob den Kopf von meiner Schulter und setzte sich mit untergeschlagenen Beinen mir gegenüber hin. »Du hast ein Veilchen, das aussieht wie die Augenklappe von Captain Flint, kommst daher wie ein abgehalfterter Ganove und sprichst wie ein humanistischer Schöngeist aus dem vorletzten Jahrhundert.«
»Captain Flint hatte keine Augenklappe. Aber sonst hast du recht. Ich bin 200 Jahre zu spät geboren.« Ich nahm ihr das Weinglas aus der Hand und probierte ebenfalls. Er war warm und samtig, am Glasrand konnte ich sogar einen Hauch vom Duft von Lauras Lippenstift finden. »Sprache ist das Element von allem Schönen, Guten
Weitere Kostenlose Bücher