Arno-Linder 1: Papierkrieg
überstarker Assam. Meine Zunge wurde pelzig, meine Schleimhäute runzlig, es wurde mir ein bisschen schlecht, aber ich wurde wach. Der Schlaf lag mir wie Blei um den Hals. Währenddessen ich so mit mir rang, läutete das Handy unentwegt weiter. Je länger es läutete, umso lauter wurde es. Anscheinend war ich allein im Haus, denn sonst hätten schon ein paar freundliche Kollegen nach mir gesehen.
Endlich war ich halbwegs wach, sodass ich mich bücken konnte, das Handy aufnahm und ausschaltete. Es war wieder still.
Ich kämpfte fünf weitere Minuten mit dem Schlaf, dann war ich soweit, dass ich aufs WC wanken und mich dort frisch machen konnte. Erst beim Gehen fiel mir auf, dass ich steif war wie ein Brett. Ich konnte mich kaum bewegen.
Der Waschspiegel enthüllte mir auch, wieso dem so war. Meine ganze linke Hals- und Schulterpartie war ein einziger blauer Fleck, allerdings von dunkelrotschwarzer Färbung. Der Schlag musste auch meine Wirbelsäule in Mitleidenschaft gezogen haben, denn die Schmerzen pulsierten zwischen den Hals- und Rückenwirbeln hin und her wie die Pingpongbälle von Forrest Gump.
Meine Stirn, mit der ich Augenbraues Nase zermantscht hatte, war leicht geschwollen, und der dazu passende Bluterguss hatte es irgendwie geschafft, innerhalb von 13 Stunden auf mein rechtes Lid zu sickern. Es war kohlrabenschwarz. Wenn ich es schloss, sah ich aus wie ein Pirat mit Augenklappe. Außerdem hatte ich tiefblaue Augenringe. Das Schlimmste aber waren die Schmerzen hinter der Stirn. Mit meinem Kopfstoß hatte ich mir offensichtlich eine leichte Gehirnerschütterung zugezogen. Mein einziger Trost war, dass Augenbraue in diesem Moment noch mehr leiden würde als ich.
Ich holte meine Zahnbürste heraus und begann mit der Mundhygiene. Da ich die Kiefer nur einen Spalt weit öffnen konnte, kam es einer Tortur gleich. Rasierzeug hatte ich keines dabei, deswegen ließ ich mir die Stoppeln stehen und hoffte, dass es verwegen und nicht einfach nur ungepflegt aussehen würde.
Meine Jacke und das Hemd waren zerknittert, der Kragen schmutzig. Wenigstens sah niemand den Bluterguss auf der Schulter, nachdem ich das Hemd zugeknöpft hatte. Ich band die Krawatte und bürstete kurz meinen Mantel aus. Schlussendlich verstaute ich meine Utensilien wieder in meiner Tasche und machte mich auf den Weg. Fred hatte gesimst, dass Laura bis etwa 17 Uhr im Landesgericht einen Termin hätte, nachher aber frei sei. Es war fünf vor fünf, also rannte ich los. Unterwegs fischte ich noch schnell das Kuvert vom Tisch, das ich beinahe vergessen hatte, und raste die Stiegen hinunter.
Um drei nach fünf stand ich vor dem Tor des Landesgerichts für Strafsachen. Vor Kopfschmerz wurde mir zwar alle paar Sekunden schwarz vor Augen, aber meine einzige Hoffnung war, dass ich Laura noch nicht verpasst hatte.
20 Minuten später hatte ich meine Zuversicht aufgegeben und bereitete mich auf einen einsamen Abend mit Bessie Smith und Dope vor, als Laura doch noch kam.
Es wurde dunkel, der Himmel war in Grau und Schwarz bewölkt, die Lichter der Laternen und die der Autos reflektierten sich auf den nassen Straßen und Gehsteigen in Rot und Gelb. Es war kalt und laut. Laura kam in einer Gruppe von Juristen heraus. Gegen die dunklen Anzüge hob sich ihr smaragdgrüner Mantel erfrischend ab und ihre dunkle Stimme drang durch den Lärm der Autos und der Anwälte bis zu mir. Laura hatte mich gesehen und kam, nachdem sie sich verabschiedet hatte, auf mich zu. Ich hielt ihr mein Gesicht so hin, dass sie den Bluterguss im Lid nicht sofort bemerken würde.
Sie schloss mich in die Arme, was mir ungeheuer weh tat, und wir küssten uns. Auch das war mehr Schmerz als Lust. Aber das ließ ich sie nicht spüren.
»Was machst denn du da?«, fragte sie erfreut.
»Dich zum Essen einladen wollen.«
»Das macht man nicht.«
»Doch, ich schon, ich mache den ganzen letzten Tag nichts anderes.«
»Ich bin aber müde. Ausgehen mag ich gar nicht mehr.«
»Gibt es eine Alternative?«
»Wir könnten uns was kommen lassen, ich bin eine lausige Köchin.«
»Wenn du willst, ich koche gerne. Was hast du zu Hause?«
»So so, gleich zu mir, warum nicht zu dir?«
»Weil meine Frau zu Hause ist.«
»Du bist nicht verheiratet.«
»Gut, ich hab keine Küche zu Hause, aber was hast du?«
»Zwei Flaschen Wein.«
»Bisschen wenig.«
»Naja, du trinkst ja nicht.«
»Ich mein, zum Essen.«
»Hmmm.«
»Einkaufen?«
»Gut.«
»Wohin?«
»In der Florianigasse ist ein
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