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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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maß die Größe mit schief gelegtem Kopf. »Deine Geliebte muss ja ein Maul wie ein Elch haben. Sag schon, woher kommt das? Von der Sache, aus der du jemanden raushalten willst?« Laura probierte wieder vom Wein. Sie musste sich stärken, es sah ja auch wirklich wild aus.
    »Kann sein, ja.«
    »Du hältst also für Geld deinen Kopf hin. Wie kann man nur so dumm sein?«
    »Nicht nur, man hat einen Freund von mir ermordet.«
    »Ich dachte, er wäre nur ›Irgendwer‹. Hast du zumindest gestern noch gesagt.«
    »Als er lebte, ja. Jetzt aber, weil ich mich so viel mit ihm beschäftige, scheint es mir, als ob wir Freunde gewesen wären. Oder zumindest gute Bekannte.«
    »Du bist ja sentimental«, meinte Laura erstaunt.
    »Ist eine Schwäche von mir, ich weiß.«
    »Ich find das sexy, wenn harte Männer sentimental sind.« Sie stellte das Weinglas auf das Tischchen, schlang die Arme um mich und alles andere zählte nicht mehr.
     

VI
     
    Eigentlich hätte ich durchschlafen müssen. Es war ja nicht so, als ob ich die letzten Tage im Bett verbracht hätte. Aber der Teufel schläft eben nie. Laura lag neben mir, sie atmete sanft. Ganz sachte machte ich mich los von ihr und ging durch die dunkle, stille Wohnung. Noch immer hörte ich das leise Klopfen der Tropfen an den Fenstern, aber die Straßen waren wie tot, kein Auto war zu hören.
    In einer fremden Wohnung im Dunkeln ist es seltsam. Alles ist unbekannt, jeder Schatten eine Drohung und ein Versprechen. Die Sinne sind geschärft, jeder Ton und jede noch so kleine Veränderung in der Beschaffenheit des Bodens wird registriert. Ich war gerade auf dem Weg von der Küche zurück, wo ich ein kaltes Glas Wasser getrunken hatte, als ich mit dem linken Fuß Lauras Handtasche umstieß. Ihre Sachen verstreuten sich auf dem Boden. Ich bückte mich, um sie einzusammeln. Es waren allerlei uninteressante Kleinigkeiten. Ein Schminkset, Handy, Schlüsselbund, Geldtasche, Taschentücher. Ein schönes Flakon fiel mir besonders auf. Es war geformt wie ein länglicher Tropfen, der wie ein Stück warmes Wachs gedreht worden und erstarrt war. Ich öffnete es vorsichtig und sofort hatte ich Lauras Duft in der Nase. In der dunklen Wohnung, in der Stille der Nacht, entfaltete der Wohlgeruch eine ganz besondere Wirkung. Kurz vergaß ich sogar die rasenden Kopfschmerzen.
    Es blieb nur mehr Lauras Terminkalender übrig. Ihn hatte ich mir bis zuletzt aufgehoben. Nun sollte ich ihn zurückstecken, aber das war nicht so leicht. Der Teufel schläft nicht nur nie, er ist auch neugierig wie ein Wurf junger Kätzchen. Also nahm ich den Time-Manager und ging ins Bad. Dort schloss ich die Tür und schaltete das Licht ein.
    Es waren die Termine und Telefonate dieses Jahres, sorgfältig notiert, mit kurzen Bemerkungen. In verschiedenen Farben waren Merkzettel mit kleinen Notizen eingeklebt. Geschrieben war alles mit gleichmäßiger, fließender Hand in schwarzer Tinte und grauem Blei. Viel zu viel, um es hier und jetzt durchzusehen. Aber wenn man sonst nichts hat, hat man Glück. So wie ich.
    Lauras Terminplaner war ein Wertstück. Es war ein dunkelbrauner, streichelweicher Rindleder-Piquadro. Das Innenfutter war aus Stoff, hell und dunkelblau gestreift, mit den typischen beigen Piquadro-Achtern. Den Ledereinband mit den Stahlringen verwendet man ein Leben lang, nur die Einlageblätter werden gewechselt. So fanden sich in dessen Innenseiten auch jede Menge Visitenkarten. Es waren zu viele, als dass ich sie gleich hier hätte bewerten können, aber eine war dabei, die mir ins Auge stach. Eine billige Karte von einem Visitenkartenautomaten. Raymond Aronofsky, Private Ermittlungen, stand dort zu lesen. Die Karte war abgegriffen und die billige Schrift leicht verblasst. Ich merkte mir die Adresse und Telefonnummer. Dann schaltete ich das Licht aus, legte den Piquadro zurück in Lauras Tasche und stieß mit dem Fuß dagegen. Die Tasche fiel um und alles lag wieder auf dem Boden. Ich stieg über Lauras Siebensachen und ging zurück ins Bett. Kaum war ich unter der Decke, als sich die Schöne an mich schmiegte, ihren Kopf auf meine Brust legte und im Schlaf schnurrte wie ein Kätzchen.
    Als am nächsten Morgen der Wecker klingelte, verließen wir nach ein bisschen Liebe das Bett. Laura war im Bad und stand unter der Dusche, als ich hereinkam. Mir tat noch immer alles weh, aber die Kopfschmerzen waren deutlich besser als am Abend zuvor.
    Sie steckte den Kopf aus der Dusche heraus. »Ich habe keine Männerrasierer,

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