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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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du wirst wohl meinen nehmen müssen.«
    »Rasier ich mich eben nicht.«
    »Oh doch, du siehst ja aus wie ein Landstreicher. Außerdem küsst sich’s rasiert besser.«
    Also gehorchte ich und kramte die Utensilien heraus. Sie hatte einen rosaroten Rasierer und der Schaum war stark parfümiert. Da half alles nichts. Danach beutelte ich meine Sachen aus und strich sie glatt. Auch das half nicht viel.
    »Du siehst noch immer aus wie ein Landstreicher. Aber wenigstens ohne Bart.«
    »Hast du noch Zeit? Wir könnten im Landtmann frühstücken. Das heißt, wenn sie mich dort reinlassen.«
    »Ich bin so schön, mit mir kommst du überall rein.« In ihrem freundlichen Lächeln zogen dunkle Wolken auf. »Übrigens, wenn du das nächste Mal meine Handtasche umwirfst, räum sie einfach wieder ein. Ich bin nicht die Putzfrau«, meinte sie ernst.
    »Sorry, ich hab’s nicht wieder eingeräumt, weil ich nicht in deinen Privatsachen herumstöbern wollte.« Ich spürte einen kleinen Stich im Herzen, als sie mich zärtlich ansah und einen Herzschlag später küsste.
     

VII
    Wahrscheinlich liegt es in der Natur des Mannes, seiner Geliebten gegenüber ein wenig zu protzen. Jedenfalls fuhren wir mit dem Taxi ins Landtmann. Von den 900 Euro war noch genug übrig, sparen konnte ich später immer noch.
    Wir hatten Eier mit Schinken, heißen Kaffee, und die Butter schmolz golden auf dem knusprigen Toast. Nachdem ich gezahlt hatte, küssten wir uns und ich ging über den Ring in die Uni. Nach ein paar Schritten drehte ich mich um und sah Laura gerade noch, wie sie mit wiegenden Hüften vergnügt um die Ecke verschwand.
    Auf dem Institut war es still, alles war im Wochenende. In meinem Büro war es trostlos, wie eh und je. Das Wetter war besser als in den Tagen zuvor und so streckte sich ein kleiner Sonnenfinger auf meinen Schreibtisch. Ich holte meine Sachen heraus und wollte gerade anfangen, ein wenig zu arbeiten, als mir die Fahrradkuriersendung vom Vortag in die Hände fiel. Normalerweise enthalten solche Päckchen die Seminararbeiten von Studenten, die sich nach verpassten Terminen nicht mehr persönlich in mein Büro trauen. Den in der Regel schlechten Arbeiten liegen meist auch noch langatmige Erklärungen der Verspätung bei.
    Ich riss die Lasche auf und fand ein paar Bogen bedrucktes Papier. Zuerst wurde ich nicht recht schlau daraus, bis ich auf der letzten Seite, in der letzten Zeile, vier Worte und einen Namen fand: Arno Gehlen, elf Uhr, Café Schopenhauer. Meyerhöffer wollte mich sehen, sollte mir recht sein.
    Bis zum Termin korrigierte ich ein paar kleinere Arbeiten und schaffte es auch noch, ein bisschen Energie in die Vorbereitungen für den Vortrag am Dienstag zu stecken. Das Gute an diesen interdisziplinären Vorträgen ist, dass sich niemand auskennt und man einfach altes Zeug aufwärmen kann. Ganz so billig wollte ich es nicht machen, aber auch kein Burn-Out riskieren.
    Gegen elf Uhr war ich beim Schopenhauer, Ecke Canongasse/Staudgasse. Das Schopenhauer ist braun, staubig und verraucht. An den Wänden hängen Schwarz-Weiß-Fotografien des alten Wien und eine Kurzanleitung für Carambol. Mit Spielarten, die sicher seit der Mitte des letzten Jahrhunderts ausgestorben sind.
    Das Café hat die Form eines L, wobei der eine Teil Nichtraucherbereich und zu dieser Tageszeit dem Tarockieren gewidmet ist. Der andere Teil ist mit drei Caramboltischen bestückt, aber kurz vor Mittag war er fast leer. Die Bedienung saß an einem kleinen Tisch neben der Küchentüre, las Krone und rauchte Gitanes. Sie war dunkelhaarig, mit schwarzem Mini und weißer Bluse, offenbar Ex-YU. Bei ihrem Aussehen wunderte es mich, dass so wenig los war. Außer mir saß nur ein Pensionist vor seinem Achterl. Es sah aus, als würde er hier seit 20 Jahren warten und hätte selbst schon vergessen, worauf.
    Ich nahm mir die FAZ vom Zeitungstisch und setzte mich zum straßenseitig gelegenen Ecktisch, bestellte einen Mokka und vertiefte mich in die Lektüre. Es dauerte nicht lange, bis Meyerhöffer eintrat. Er blickte einmal durch den Raum und kam dann gemessenen Schritts auf mich zu. Ich stand auf, wir schüttelten die Hände und er nahm Platz. Nicht, ohne mich vorher noch von Kopf bis Fuß zu mustern. Meine zerknautschte Aufmachung gefiel ihm gar nicht.
    Meyerhöffer hatte sich alle Mühe gegeben, seine Erscheinung zu kaschieren. Er trug Jeans mit Bügelfalte, ein grau-blau gestreiftes Hemd und eine helle Windjacke. In Verbindung mit seinem Errol-Flynn-Bart

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