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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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fuhren in den zweiten Stock hinauf. Das Gebäude war innen genauso schmucklos wie außen. Einzig das schmutzige Braun der Außenseite war drinnen durch ein blutleeres Grau ersetzt.
    Wir standen vor Benders Wohnungstür. Fred klopfte, worauf sich die Tür ein wenig öffnete und im freigewordenen Spalt, hinter der Stahlkette, sich Benders Haushälterin zeigte. Sie nickte bloß, schloss die Tür wieder, das Klirren der Kette war zu hören, und der Eingang war offen. Wir traten ein.
    Das Interieur Benders passte eher zu einer Wohnung am Stefansplatz als zu einer in Margareten. Dunkles Parkett bedeckte den Boden, auf dem alte Perser lagen. Barockspiegel und alte Ölgemälde bedeckten die Wände. Fred führte mich nach hinten, durch das Wohnzimmer, in Benders Arbeitsraum. Die Fenster waren zugezogen, schwere weinrote Gardinen hingen bis auf den Boden. Es brannte nur eine kleine Lampe, die neben einem Ohrensessel auf einem kleinen Rauchtischchen stand. Das matte Licht spiegelte sich in der glattpolierten Oberfläche des Rokokosekretärs an der Wand. Die Wände konnte ich im Halbdunkel höchstens erahnen.
    Bender saß im Ohrensessel, ein Buch auf dem Schoß, er schien ein wenig zu dösen. Fred wies auf einen Stuhl, der daneben stand, und schloss hinter mir die Tür.
    Ich nahm Platz. Kaum hatte mein Hosenboden den Polster berührt, öffnete Bender die Augen und sah mich streng an. »Ich hab dich immer gemocht, Kleiner, und was mich betrifft, wird das auch immer so bleiben. Aber wenn du so weitermachst, wird der Punkt kommen, an dem ich zwischen Geschäft und Sympathie wählen muss und das wird eine sehr leichte Wahl für mich sein. Für dich aber sicher nicht.«
    Darauf gab es nichts zu erwidern. Darum blieb ich stumm.
    »Was willst du trinken?«
    »Tee, wenn’s einen gibt.«
    »Gut.«
    Bender setzte sich ein wenig auf und drückte einen Knopf auf einer Fernbedienung, die in den Rauchertisch eingelassen war. Sofort öffnete sich die Tür.
    »Tee und Port.«
    Fred nickte und schloss die Tür. Bender lehnte sich zurück und atmete hörbar aus. Dann herrschte Stille. Wir saßen im Dunkeln und schwiegen uns an. Das schwache Licht ließ den Alten noch älter wirken, mit der Zeit bekam er eine gewisse Ähnlichkeit mit einer ägyptischen Mumie. Ich lauschte dem Ticken einer Uhr, die ich nicht sehen konnte, und wartete. Wenigstens war es warm.
    Nach etwa zehn Minuten öffnete sich die Tür und Fred balancierte gekonnt ein Tablett herein, das er auf das Rauchertischchen stellte. Eine Porzellankanne mit Tee, eine Schale und eine Zuckerdose nebst Löffel für mich. Ein geschliffenes Bleikristallglas mit der dazu passenden Karaffe für Bender. Fred ging so geräuschlos hinaus, wie er gekommen war. Erst als sich die Tür wieder geschlossen hatte, erhob Bender sich ein wenig, entkorkte die Karaffe und füllte sein Glas mit der rubinroten Flüssigkeit, die in der Dunkelheit die Farbe geronnenen Blutes angenommen hatte. Als Bender die Karaffe wieder geschlossen hatte und sich im Stuhl zurücklehnte, um zu nippen, schenkte ich mir ein und nahm eine Nase voll. Ausgezeichnet, es gab eine starke Assammischung, vermutlich irgendeinen Ostfriesen. Dazu hätte ein Tropfen Sahne gepasst, aber ich war nicht in der Position, Forderungen zu stellen. So zuckerte ich nur und nahm einen Schluck. Obwohl ich mir beinahe die Zunge verbrannte, setzte ich erst ab, als die Tasse leer war. Ich hatte die Wärme bitter nötig. Ich schenkte mir nach und wartete darauf, dass Bender weitersprechen würde.
    »Der Tee schmeckt dir?«
    »Ja.«
    »Das ist ein Kompliment, wenn es von einem Experten wie dir kommt.«
    »Ich hätte jetzt alles Warme getrunken, aber der Tee ist wirklich in Ordnung. Ist ein Ostfriese oder täusche ich mich?«
    »Mir sind alle Tees Jacke wie Hose, da musst du Gertrud fragen.«
    Ich nahm die Tasse und trank erneut. Die weiche Stärke und das samtige Malzaroma umspielten meinen Gaumen.
    »Wenn du gehst, kannst du dich ja bei ihr erkundigen, woher sie ihn bezieht.« Er nippte wieder an seinem Glas. »Für alte Knaben eine von den besten Gaben.« Er lächelte still in sich hinein. Dann stellte er das Glas weg und wurde schlagartig wieder ernst.
    »Ich hab da jemanden kennengelernt, der auch dich kennt. Das macht mir Kopfzerbrechen.« Er wartete auf eine Antwort meinerseits, aber ich schwieg mich aus. »Dass du mit der Slupetzkysache ein klein wenig Geld machen willst, kann ich verstehen, und es stört mich auch nicht. Aber das Ganze wird ein wenig

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