Arno-Linder 1: Papierkrieg
her, aber ich fand noch eine hellgraue Hose aus Baumwollstoff, ein schwarzes Schnürlsamtjackett und ein hellgrau-grün-gestreiftes Hemd. Irgendwie passte sogar der Grünton der Krawatte zu den Hemdstreifen und ich war vorzeigbar. Schließlich tätigt man nicht jeden Tag ein Geschäft um eine Achtelmillion Euro. Oder vielleicht auch ein bisschen mehr.
Ich rief bei Mihailovic an, der schon mächtig aufgeregt war und kaum mehr an sich halten konnte. Nachdem ich mit Dittrich einig geworden wäre, würde ich ihm einen Treffpunkt benennen, wohin er mit dem Geld kommen sollte. Als das geklärt war, läutete ich bei dem Käufer an. Dittrich war ebenfalls in Hochstimmung, er schien mir ein wenig von seinem Whisky genascht zu haben. Umso besser für mich.
Ich machte mich auf, in sein Büro zu fahren. 20 Minuten später stand ich vor seiner Tür, klopfte und hielt den Atem an. Von drinnen tönte ein vollkommen intoniertes »Herein«, mein Herz schlug einen Purzelbaum der Freude und ich trat ein. Manchmal geschehen noch Zeichen und Wunder, und als ein solches sah ich es an, dass Frau Chmelar sonntags arbeitete.
Obwohl ich ansonsten Smalltalk aus dem Weg gehe, grüßte ich freundlich, machte eine wohlerzogene Bemerkung über das Wetter und fragte nach Kaffee, nicht ohne einfließen zu lassen, dass er mir das letzte Mal wunderbar geschmeckt hatte. All das nur, um die gute Frau reden zu hören. Aber wie immer hatte auch hier der Teufel seinen schlechten Samen in der Herrlichkeit der Schöpfung versteckt, denn Form und Inhalt stimmten nicht zusammen. Die Schönheit der Sprache konnte bei Frau Chmelar nicht die Dürftigkeit an Sinn verbergen, da ihr Geist offenbar nicht mit ihren Sprechwerkzeugen mithalten konnte.
Hätte ich nur nicht meiner Gier nachgegeben, so hätte ich bis an mein Lebensende in einer wunderbaren Illusion leben können, aber ich wollte es wissen und nun wusste ich. Genau wie damals am Baum der Erkenntnis, brachte auch mir das Wissen kein Glück. Die schönen Worte waren mir im Mund zu Asche zerfallen, nun konnte ich Hoffmannsthal nachfühlen. Enttäuscht trat ich bei Dittrich ein.
Er saß in seinem Stuhl und sprang auf, als er meiner ansichtig wurde. Mit drei schnellen Schritten war er bei mir und schüttelte mir die Hand. Jovial begrüßte er mich und forderte mich auf, Platz zu nehmen. Eine strenge Whiskyfahne begrüßte mich. Seine Augen glühten und die Backen glänzten rot. In der Linken hielt er ein Glas, das fast leer war. Als wir uns gesetzt hatten, war es wieder voll. Noch bevor wir zu Wort kommen konnten, war mein Kaffee serviert und ich kostete von dem dampfenden Heißgetränk. Ich hatte seit beinahe 24 Stunden nichts mehr gegessen, der starke Kaffee auf leerem Magen fühlte sich seltsam an. Aber er blieb unten und versetzte mich in koffeininduzierte Euphorie.
»Also, reden wir über den Preis«, platzte Dittrich heraus, er konnte seine Nerven offenbar nicht mehr im Zaum halten.
»Gerne. Aber zuerst reden wir vom Organisatorischen, wenn Sie einverstanden sind.«
»Sicherlich. Wie haben Sie sich die monetären Konditionen vorgestellt?«
»Wir wollen in bar bezahlt werden, natürlich in Euro.«
»Dollar wären ein schlechter Witz.«
»Genau. Außerdem sollte heute alles über die Bühne gehen.«
»Gut.«
»Sie haben Bargeld in ausreichender Menge zur Verfügung? An einem Sonntag?«
»Sicherlich.«
»Nicht, dass ich Ihnen nicht vertraute, aber manchmal geschehen in der Aufregung Fehler, und das wollen wir doch beide vermeiden.«
»Da stimme ich Ihnen zu.«
Dittrich rutschte auf dem Stuhl herum wie ein Kind zu Weihnachten. Er hielt es kaum noch aus. »Also, was verlangen Sie nun?«
»Wir verkaufen zum Schnäppchenpreis von 200.000 Euro.«
»Damit habe ich gerechnet.« Er atmete sichtlich auf. »Sie hätten durchaus mehr verlangen können.«
»Natürlich. Verlangen kann man, was man will, die Frage ist nur, was bezahlt werden wird. Außerdem scheint es mir bei so einem delikaten Geschäft besser zu sein, ein für beide Seiten erfreuliches Ergebnis zu erzielen, als dem Partner das Weiße aus den Augen zu pressen.«
»Und dadurch Unstimmigkeiten hervorzurufen.«
»Genau. Das können wir uns nicht leisten und Sie sich sicherlich auch nicht. Bei einer solchen Materie muss man die Vernunft über die Gier siegen lassen, sonst stehen zum Schluss alle mit leeren Händen da.«
Dittrich nickte, während er aus seinem Glas trank. Offenbar hatte er mit einer wahnwitzigen Forderung unsererseits
Weitere Kostenlose Bücher