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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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gerechnet und war nun erleichtert. Offen gestanden war ich es auch, die letzte vergleichbare Auktion unter Privatpersonen hatte bei Sotheby’s nicht einmal 100.000 Euro gebracht. Ich hatte hoch gepokert und gewonnen. Entweder wusste das Dittrich nicht, oder die Besitzergier war stärker als sein kaufmännisches Urteil. Solange er zahlte, konnte es mir gleich sein.
    »Wo wird das alles stattfinden?«
    »Die Wahl liegt bei Ihnen. Entweder hier oder im Lainzer Tiergarten, im Jagdpavillon. Das läge schon mehr auf Ihrem Nachhauseweg.«
    »Ich kann der Idee nichts abgewinnen, 200.000 Euro zu Fuß durch einen Park zu transportieren. Ich denke, wir erledigen das hier in meinem Büro.«
    »Soll mir recht sein. In dem Fall sind wir fertig für jetzt. Ich werde meinen Partner aufsuchen und das Weitere in die Wege leiten.«
    »Sehr gut.«
    Ich trank noch meinen Kaffee aus, schüttelte seine Hand und begab mich nach draußen. Alles war gut gelaufen, ich fühlte mich 10 Jahre jünger und 20 Kilo leichter.
    Unten, in der Kim Il Sungs Mausoleum nachempfundenen Eingangshalle, kramte ich mein Handy heraus und wählte Mihailovic an. Nach dem zehnten Klingeln meldete sich die Mailbox. Ich legte auf und machte mich auf den Weg zur U-Bahn. Im Gehen wählte ich nochmals. Der Schweiß stand mir auf der Stirn, obwohl es draußen kalt und windig war. Wieder ging nur die Mailbox ran. Ich steckte das Telefon weg und rannte los.
     

III
    Gute 30 Minuten später stand ich vor der Haustür in der Herbststraße 20 und klingelte. Der Summer ließ auf sich warten, deshalb drückte ich so viele Klingeln, wie ich nur erreichen konnte, und kurz darauf summte der Türöffner. Ich trat ein, lief den dunklen Gang entlang, zwischen den Mülltonnen hindurch in den Innenhof, der noch immer mit allem möglichen Krimskrams von Waschmaschinen über Fahrräder bis hin zu pittoresken Autoresten vergessener Ostblockmodelle vollgeräumt war. Dann durch den Eingang zur Stiege II hinauf in den Mezzanin. Die Wohnungstür fand ich angelehnt. Mein Herz raste, teils wegen des Sprints von der U-Bahn-Station hierher, teils der Aufregung wegen. Ich streckte bereits meine Hand aus, um die Türe zu öffnen, als endlich mein Verstand wieder zu arbeiten begann. Er hat zwar ungewöhnliche Arbeitszeiten und öfter ein paar Wochen hintereinander frei, aber wenn ich ihn brauche, ist er meistens da. Also zog ich meine Hand wieder ein und stellte mich ganz ruhig hin. Ich lauschte auf mögliche Geräusche in der Wohnung, hörte aber nichts, weil mein Herz zu laut schlug. Nach und nach beruhigte ich mich aber. Aus der Wohnung war kein Laut zu vernehmen. Ich wappnete mich gegen allerlei Katastrophenszenarien, zog den Ärmel meiner Jacke über die rechte Hand, um Spuren zu vermeiden, und öffnete leise und behutsam die Tür. Drinnen war es still. Vorsichtig trat ich ein, alle Sinne aufs Äußerste gespannt. Als sich noch immer nichts rührte, lehnte ich die Tür wieder an, so wie ich sie vorgefunden hatte, die Hand immer noch in meinen Ärmel gehüllt. Ich machte ein paar Schritte in die Wohnung hinein. Die Küche war leer und still. Im Wohnzimmer fand ich Mihailovic. Er lag bäuchlings über dem umgekippten Tischchen, mausetot. Ich musste weder seinen Puls fühlen, noch mein Ohr an seine Brust legen, um das zu wissen.
    Er hatte sich für den größten Tag in seinem Leben herausgeputzt. Ein dunkelblauer Kammgarnanzug, ein blütenweißes Hemd und eine schwarz-gelb karierte Seidenkrawatte machten seine Aufmachung aus. Nur die unbekleideten Füße, von denen die Hauspantoffeln heruntergefallen waren, steckten in geflickten Socken. Ein großer Zeh lugte vorwitzig heraus.
    Über dem Bauch war das Hemd zerrissen und blutig. Mehrere Einschusslöcher waren zu sehen. Das Blut, sowohl auf seinem Körper als auch in den Lachen am Boden, war noch rot und fast nicht geronnen.
    Überhaupt fanden sich zahlreiche Kampfspuren, zerschlagenes Geschirr und umgeworfene Möbel. Mein Blick wanderte sofort zu der Wand, an der das Bild hing, hinter dem sich Mihailovics Safe befand. Es hing an seinem Platz, unverrückt. Ich holte tief Luft und schob es beiseite, nicht ohne vorher meine Hand wieder gut verpackt zu haben. Der Safe stand offen. Er war so tief in die Wand eingelassen, dass auch bei vorgeschobenem Bild die Tür nicht ins Schloss gepresst wurde. Ich öffnete vorsichtig die kleine Stahltüre und fand die beiden Fächer leergeräumt. Vollständig leergeräumt. Rein gar nichts war mehr übrig. Ich

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