Arrivals: Fürchte die Unsterblichkeit (German Edition)
Schwester mein Zelt nicht betritt.«
Edgar schüttelte den Kopf. »Darüber wird Kit nicht erfreut sein.«
»Ich sage ihr, dass es ein Befehl von mir ist«, erbot sich Jack.
Bei dem Blick, den Edgar ihm zuwarf, hätten sich viele Menschen vor Angst in die Hosen gemacht, aber Jack kannte ihn besser. Wenn Edgar wirklich wütend wäre, würde er ihrer beider Zeit nicht mit finsteren Blicken vergeuden.
Sie gingen zu Jacks Zelt, wo Edgar einen seiner Stühle nahm und draußen aufstellte. »Wenn Mary aber tot bleibt«, erklärte Edgar, als Jack wieder nach drinnen ging, um zu warten, »lasse ich Kit irgendwann vorbei. Du hast bis Mittag Zeit.«
Jack nickte und nahm seine Wache bei Marys Körper auf. Da Edgar jetzt draußen stand und Katherine davon abhalten würde, ins Zelt zu kommen, würde er ungestört bleiben. Keiner der anderen Arrivals stand Mary besonders nahe; ihretwegen brauchte er keine besonderen Maßnahmen zu treffen. Edgar machte sich nur etwas aus Katherine; Francis hegte brüderliche Gefühle für Katherine. Melody war zu egozentrisch, um jemandem nahezustehen, und falls Hector Emotionen hatte, dann wusste niemand davon. Zum einen brauchte Jack einfach etwas Privatsphäre für den Fall, dass er trauern musste. Aber er musste sich auch Freiraum schaffen, um darüber nachzudenken, was aus der Gruppe werden würde. Im Lauf der Jahre hatte ihre Anzahl leicht geschwankt, aber momentan waren sie so wenige wie noch nie. Abgesehen von dem emotionalen Tribut, den Marys Verlust von Jack und Katherine fordern würde, konnte es Probleme geben, falls der nächste Arrival sich entschied, für Ajani zu arbeiten, statt bei ihnen zu bleiben.
Er saß bei Mary und dachte an die Zukunft, fand aber keine Lösungen – und auch kein Anzeichen dafür, dass sie ins Leben zurückkehrte. Es war schon vorgekommen, dass Arrivals kurz vor Mittag oder sogar erst in der Abenddämmerung erwachten, aber typisch war das nicht. Jack wusste das, doch er hoffte trotzdem. Die Stunden vergingen schweigend und unter vielen Gebeten. Bis jetzt war ihm gar nicht klar gewesen, dass er sich so gut an die Worte erinnerte.
Als der Morgen kam, brachen Katherines Verwünschungen und Edgars gelassene Entgegnungen die Stille, und kurz spürte Jack ein schlechtes Gewissen, weil er Katherine fernhielt. Seine Schwester wollte für ihn da sein, und er wusste, dass sie Mary nahegestanden hatte. Aber die schlichte Wahrheit war, dass Jack nicht wollte, dass seine Schwester hier war und ihn beobachtete. Er liebte Mary nicht, hatte nie die Art von Liebe empfunden, die Katherine und Edgar verband, und war sich nicht ganz sicher, ob er dazu überhaupt in der Lage war. Doch er wusste, dass Mary ihn geliebt hatte, und jetzt gerade wollte er sich dieser Liebe würdig erweisen.
»Wenn du zurückkommst, versuche ich, dich zu lieben«, versprach er.
Mary rührte sich nicht.
Noch mehrere Stunden sprach Jack abwechselnd Gebete und machte der toten Frau in seinem Bett Versprechungen. Aber am Mittag lag sie immer noch regungslos da.
»Es tut mir leid«, sagte er zu ihr, und dann verließ er sein Zelt.
Als er nach draußen trat, blickte Edgar zu ihm auf. Katherine saß neben ihm. Beide öffneten den Mund zum Sprechen, doch Jack schüttelte den Kopf. »Ich gehe auf Patrouille«, sagte er.
Seine Schwester schloss ihn in die Arme, aber alles, was ihm einfiel, war »es tut mir leid«, obwohl die Worte ihr nicht mehr halfen als zuvor Mary. Ein weiterer der Arrivals war tot, und innerhalb der nächsten paar Tage würde ein Neuzugang im Wasteland auftauchen, der Marys Platz einnahm. Wieder würde Jack sein Bestes tun, um diese Person nicht im Stich zu lassen. Und dabei musste er ständig versuchen, sie davon abzuhalten, zu Ajani überzulaufen – obwohl das, soweit Jack wusste, die einzig sichere Art war, sie vor einem permanenten Tod zu bewahren. Denn das war die hässliche Wahrheit: Nur wenn sie für Ajani arbeiteten, waren sie wirklich vor dem Tod gefeit. Doch leider verpflichteten sie sich damit der einzigen Person im Wasteland, für deren Vernichtung Jack bereit gewesen wäre zu sterben oder zu töten.
A ls Chloe die Augen aufschlug, lag sie flach auf dem Rücken und schaute in einen merkwürdig aussehenden Himmel. Sie war sich nicht sicher, wo sie sich befand, aber Washington D . C . war es ganz bestimmt nicht. In den paar Monaten, seit sie dort lebte, hatte sie zwar nicht die ganze Stadt gesehen, aber sie hätte geschworen, dass es im Herzen der Hauptstadt weder
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